Völklinger Eltern verfassen Kita-Brandbrief
Die Elternvertretungen der städtischen Kitas in Völklingen haben sich mit einem Brandbrief an die Verwaltung gewandt. Die Zustände in Völklinger Kindergärten seien – insbesondere was den Personalmangel betrifft – so nicht mehr hinnehmbar.
Nach elf Jahren immer noch kein Sonnenschutz für das -Außengelände in der Röntgenstraße, Betreuungsausfälle an mehr als 60 Tagen im Jahr, mehr als 150 Tage verkürzte Betreuungszeiten beziehungsweise Notbetreuung in den städtischen Kitas Haydnstraße und Röntgenstraße.
Die Liste an Problemen, die die Elternvertreter der städtischen Kitas in Völklingen in einem Brandbrief zusammengestellt haben, ist lang. Sie sprechen von einem Völklinger Betreuungskollaps und richten ihre Kritik vor allem in Richtung Stadtverwaltung und Oberbürgermeisterin Christiane Blatt (SPD).
Oftmals seien, aufgrund des hohen Personalmangels bei Erziehern und Erzieherinnen, wichtige pädagogische Maßnahmen nicht möglich; es fände beispielsweise häufig keine Eingewöhnung für neue Kinder in die Kindergartengruppe statt. Auch andere, eigentlich regelmäßig geplante Angebote wie Turnen gebe es fast nie, trotz aller Bemühung der Erzieherinnen. Die Eltern machen auch Vorschläge, wie die Probleme ihrer Ansicht nach angegangen werden könnten, beispielsweise mit Hilfe eine pädagogische Kernzeit von garantiert täglich sechs Stunden, wobei die Erzieher in Randzeiten durch Sozialassistenten unterstützt werden sollten. Ein weiterer Vorschlag: Ausgewählte Eltern – im Idealfall mit pädagogischem Hintergrund und einwandfreiem Führungszeugnis – könnten bei der Betreuung helfen. Allerdings, so schreiben die Eltern in ihrem Brandbrief: „Die vom Elternbeirat empfohlenen Maßnahmen, um den Notstand zu bekämpfen, wurden mehrfach mit – für uns nicht nachvollziehbaren Argumenten – abgewiegelt.“
Nathalie Kagerah, Vorsitzende des Landeselternausschusses und selbst Mutter eines Kindes in der Kita
Haydnstraße, sieht die Ursache des Personalmangels vor allem bei der Stadt Völklingen. So sei die Stadt als Arbeitgeber nicht familienfreundlich genug, um auch für Einsteiger in den Erzieherberuf ausreichend attraktiv zu sein. Auch gäbe es keine Teilzeitstellen bei der Stadt Völklingen in der Kinderbetreuung. In dem Brandbrief geht die Formulierung sogar so weit, dass die Fähigkeit der Verantwortlichen bezweifelt wird. Er schließt mit „Der aktuelle Zustand ist allerdings nicht mit starren Planstellenmodellen und minimaler Flexibilität des Trägers zu lösen, weshalb wir zusätzlich generell die Eignung des Fachdienstes in Frage stellen und den Übergang der städtischen Kitas zu einem anderen Träger befürworten.“
Auf Nachfrage bedauert Oberbürgermeisterin Christiane Blatt, dass die Elternvertretung den öffentlichen Weg für ihre Beschwerden gewählt habe. „Ich hätte mir sehr gewünscht, dass man miteinander statt übereinander spricht. Dem Wunsch des Austausches mit der Fachebene wurde immer entsprochen. Der Wunsch, mit mir persönlich zu sprechen, ist bisher nicht geäußert worden“, so ihre Antwort auf eine Anfrage unserer Zeitung.
Zu den im Brandbrief angesprochenen Kritikpunkten erklärte sie: Schon jetzt werde versucht, freie Stellen schneller zu besetzen, etwa mit Dauerausschreibungen, Besuchen von Jobmessen und der Ausweitung der Ausschreibungen auch auf andere Bewerbergruppen
wie etwa Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Kinderkrankenschwestern und Personen mit ähnlichen Berufsabschlüssen. Den Vorschlag der Elternvertretung, auch ausgewählte Eltern anzustellen, lehnt die Oberbürgermeisterin allerdings ab. „Betriebsfremde Personen, wie zum Beispiel Eltern und Ehrenamtliche, werden nicht ohne Begleitung einer pädagogischen Kraft in den KitaGruppen der Stadt eingesetzt. Diese Thematik wurde selbstverständlich von uns als Träger mit der Obersten Landesjugendbehörde besprochen. Den Elternausschüssen ist dieser Sachverhalt bekannt.“Auch seien, anders als behauptet, in städtischen Kitas sowohl Vollzeit- als auch Teilzeitkräfte vorhanden.
Das Thema Sonnenschutz in der Kita Röntgenstraße sei auch komplizierter als im Brandbrief dargestellt. Es gäbe bereits Beschattungsmöglichkeiten im Außengelände, allerdings sei durch kurzfristig geschaffene neue Spielmöglichkeiten auch ein neuer Sonnenschutz notwendig geworden. Für diesen wurde ein Förderprojekt angestrengt, dass allerdings negativ beschieden wurde. Der Schutz soll jetzt durch Eigenfinanzierung realisiert werden, die Ausschreibung stehe kurz bevor. Auch das hätte man ausführlich mit den Elternvertretungen besprochen.
Dass der Brandbrief sogar so weit geht, die grundlegende Eignung der Verantwortlichen anzuzweifeln, weist Blatt komplett zurück. Die städtischen Mitarbeiter hätten sowohl die Eignung als auch die Befähigung, ihre Tätigkeit gesetzeskonform auszuüben, so Blatt. Des Weiteren sei bereits im April 2022 eine pädagogische Gesamtleitung eingestellt worden, um die Weiterentwicklung der Kita-Situation zu begleiten. „Außerdem wurde zu den bereits vorhandenen zusätzlichen Vollzeitstellen (Springerstellen) im Jahr 2023 nochmals für alle Kitas eine zusätzliche Vollzeitstelle geschaffen, sodass in allen Kindertageseinrichtungen 78 Wochenstunden (also zwei Vollzeitkräfte) über die Betriebserlaubnisse hinaus installiert wurden.“Christiane Blatt räumt jedoch ein, dass dies auch aufgrund der krankheitsbedingten Ausfälle, nicht ausreichen würde.
Ob die Personalsituation unter einem anderen Träger als der Stadt besser laufen könnte, wird sich bald in der Realität prüfen lassen. Die von der Stadt Völklingen geplante Kita am Nordring soll von einem freien Träger betrieben werden, der sich dann auch um die Personalbeschaffung kümmert.
Als Reaktion auf den Brandbrief meldeten sich auch die CDU Völklingen und die Stadtratsfraktion Wir Bürger Völklingen. Beide fordern zeitnah eine Sitzung des Stadtrates, um sich des Problems Kita-Plätze anzunehmen. Die CDU sieht dringenden Handlungsbedarf. „Viele der vorgetragenen Probleme“, so Gisela Rink, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU, „wurden auch von Seiten der CDU in Ausschüssen oder Anfragen bereits mehrfach angesprochen, aber von Seiten der zuständigen Oberbürgermeisterin bislang abgetan oder lediglich als Prüfauftrag mitgenommen. Aber es geschieht nichts.“Die CDU fordert unter anderem eine Überprüfung des Stellenplans der städtischen Kitas, das Ausschöpfen aller Fördermöglichkeiten sowie eine verbesserte Kommunikation mit den Eltern. Auch solle ein Unterausschuss Kita geschaffen werden, der sich mit den Problemen beschäftigt.
Stephan Tautz, Fraktionsvorsitzender von Wir Bürger Völklingen und Völklinger Ortsvorsteher, übt eine ähnliche Kritik. „Seit mehr als fünf Jahren werden städtische Kindergärten am Uttersberg und der nördlichen Innenstadt geplant,“bis heute gebe es noch nicht einmal den erwarteten Spatenstich, „ich behaupte, hätte man die städtischen Projekte an private Unternehmen gegeben, wäre die Fertigstellung beschleunigt“, so Tautz in einer E-Mail. – Eine privat gebaute Kita müsste dann, um die Investition des Bauherren zu refinanzieren, von der Stadt angemietet werden.
Wie es jetzt weitergeht, steht derzeit noch in den Sternen. Die Stadtverwaltung betont Gesprächsbereitschaft, die politischen Kräfte haben sich positioniert und die Elternvertretungen haben in ihrem Brandbrief bereits weitere Aktionen angekündigt, um auf den von ihnen beklagten Missstand hinzuweisen.
„Die vom Elternbeirat empfohlenen Maßnahmen wurden mehrfach mit – für uns nicht nachvollziehbaren Argumenten – abgewiegelt.“Brandbrief der Elternvertretungen