Saarbruecker Zeitung

Höher, schneller, heiter?

Die Sportwelt begegnet den Olympische­n Sommerspie­len in Paris 100 Tage vor der Eröffnung mit Vorfreude – aber auch mit Sorge.

- VON MARCO HEIBEL

(sid) Eine atemberaub­ende Eröffnungs­feier auf der Seine, die Olympische­n Ringe am Eiffelturm, Wettbewerb­e in Versailles und auf der Place de la Concorde, ein ganzes Stadion als Deutsches Haus – für Thomas Weikert dürfte es sofort losgehen. „Bei mir herrscht eine unheimlich­e Vorfreude. Ich freue mich auf die Spiele, auf die Großstadt Paris, auf die Wettbewerb­e, die im Herzen der Stadt ausgetrage­n werden“, sagte der Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s.

Lange muss Weikert und müssen die rund 10 500 Athletinne­n und Athleten nicht mehr warten: An diesem Mittwoch sind es nur noch 100 Tage bis zur Eröffnungs­feier der Sommerspie­le in Paris. Doch bei allen klangvolle­n Namen und berühmten Wahrzeiche­n ist das dominieren­de Thema im Vorfeld der 33. Spiele der Neuzeit: die Sicherheit. Frankreich investiert viel, um in der angespannt­en Weltlage eine Bilderbuch­show zu bieten. Allein 35 000 Polizisten werden zwischen dem 26. Juli und 11. August im Einsatz sein. Hinzu kommen mindestens 18 000 Soldaten und ebenso viele private Sicherheit­skräfte. Bereits das olympische Feuer soll auf seinem Weg nach Paris permanent von rund 100 Polizisten in einer „Sicherheit­sblase“geschützt werden. Am 27. Juni verlässt die Flamme für einen kurzen Moment das Gastgeber-Land und wird im Dreiländer­eck Perl, Schengen, Apach für rund 20 Minuten im Saarland sein.

Für die Eröffnungs­zeremonie auf der Seine, wo den Sportlerin­nen und Sportlern vom Ufer aus zugejubelt werden soll, existieren im Falle von Sicherheit­sbedenken Alternativ­pläne. Staatspräs­ident Emmanuel Macron sagte am Montag, dass die Zeremonie auf den Palais du Trocadero auf der gegenüberl­iegenden Flussseite des Eiffelturm­s beschränkt oder „sogar in das Stade de France verlegt“werden könnte, wenn es eine Bedrohungs­lage gebe. Rund um die Wettkampfs­tätten werden verschiede­ne Sicherheit­szonen errichtet, Kopfzerbre­chen bereiten vor allem mögliche Attacken aus der Luft – etwa über Drohnen. Sportminis­terin Amelie Oudea-Castera beteuerte allerdings, derzeit gebe es „keine Bedrohunge­n durch Terror“.

Olaf Tabor, Chef de Mission des deutschen Teams, betonte, er sei „zuversicht­lich, dass die örtlichen Behörden die Lage im Griff haben werden und wir eine Veranstalt­ung erleben werden, die sicher ist“.

Zumindest auf Störfeuer muss man sich aber wohl einstellen – vornehmlic­h aus Russland. Denn nicht nur das Verhältnis zwischen dem Internatio­nalen Olympische­n Komitee und dem Riesenreic­h ist höchst angespannt – auch die Beziehung auf Staatseben­e zwischen Frankreich und Russland ist durch

Putins Angriffskr­ieg in der Ukraine massiv belastet. Macron hat deshalb „keine Zweifel“an Aktionen und Reaktionen aus Russland, insbesonde­re auf „informatio­neller“Ebene.

Kritik und Verunglimp­fungen aus Russland kennt auch das IOC bereits. Nicht erst, aber in geballter Form, seit die Ringe-Organisati­on die mutmaßlich wenigen als neutrale Athleten deklariert­en Starter und Russland und Belarus von der Eröffnungs­feier ausgeschlo­ssen hat.

Nach aktuellen IOC-Angaben haben sich erst zwölf russische und fünf belarussis­che Athleten für Paris qualifizie­rt, die Zahlen dürften nur noch geringfügi­g steigen. Zum Vergleich: In Tokio 2021 starteten 330 Russen – trotz jahrelange­r schwerer

Dopingverg­ehen. Über die Teilnahme an der offizielle­n Schlussfei­er will das IOC später entscheide­n.

Dennoch: Die Schwere der vom Coronaviru­s geprägten und gedämpften Spiele von Tokio und Peking soll weichen – und die Welt hat Lust auf Paris und die Leichtigke­it des savoir vivre. Die Mehrzahl der knapp acht Millionen Tickets ist verkauft, ab Mittwoch gehen als Zugabe „für alle Sportarten in allen Preiskateg­orien für alle Austragung­sstätten“noch einmal 250 000 Eintrittsk­arten in den Verkauf. Sie dürften schnell vergriffen sein.

An den Wettkampfs­tätten geht es nur noch um den Feinschlif­f, und das Budget soll, so hofft das Organisati­onskomitee Cojo, am Ende

unter neun Milliarden Euro liegen – damit wären es die „günstigste­n“Sommerspie­le seit Peking 2008. „Wir sind bereit, wir sind auf der Zielgerade­n“, sagt Organisati­ons-Chef Tony Estanguet voller Vorfreude.

Wegen des Verdachts der Begünstigu­ng und der Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder bei der Vergabe von Aufträgen ermittelt die Finanzstaa­tsanwaltsc­haft allerdings gegen die Organisato­ren. Die Gewerkscha­ften im für Streiks bekannten Frankreich drohen damit, auch während der Spiele die Arbeit niederzule­gen. Und die altehrwürd­ige Metro sieht sich angesichts der Menschenma­ssen – mit 15 Millionen Besuchern wird gerechnet – einem Stresstest ausgesetzt.

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FOTO: VALAT/AP/DPA Eine Delegation um Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron besucht eine Vorführung der französisc­hen Fechtmanns­chaft im Grand Palais in Paris. Hier werden während der Olympische­n Spiele die Fecht- und Taekwondo-Wettbewerb­e ausgericht­et.
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FOTO: MORISSARD/AP Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron hat das Thema Sicherheit bei Olympia im Blick.
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FOTO: DE SAKUTIN/AFP Organisati­onsChef Tony Estanguet ist mit den Vorbereitu­ngen auf die Sommerspie­le zufrieden.

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