Saarbruecker Zeitung

Stefan Aust: „Die Krim braucht einen Saarland-Status“

Mit teils sehr provokante­n Thesen hat der Welt-Herausgebe­r das Publikum einer Diskussion­srunde der Liberalen Stiftung Saar sowohl begeistert als auch geschockt.

- VON FLORIAN RECH

Ist das Saarland mit seiner wechselvol­len Geschichte eine gute Blaupause für eine diplomatis­che Lösung des UkraineKri­eges und den künftigen Status der Krim? Der Journalist und Bestseller-Autor Stefan Aust ist davon überzeugt. „Mein Vorschlag“, so Aust, „die Krim bekommt den Saarland-Status aus dem Versailler Vertrag. Damals wollten die Franzosen das Saargebiet haben. Die übrigen Alliierten des 1. Weltkriege­s wollten das nicht. Deshalb gab es den Saarland-Kompromiss. Es blieb unter Aufsicht des Völkerbund­es. Und 15 Jahre später 1935 wurde über die nationale Zugehörigk­eit abgestimmt.“Bereits 2014 habe er diesen Plan zur friedliche­n Beilegung des Russland-Ukraine-Konfliktes mit einem russischen Politiker diskutiert, erzählt Aust seinen mehr als 100 Zuhörern in der Saarbrücke­r Villa Lessing am Donnerstag­abend.

Die Liberale Stiftung Saar hatte den ehemaligen Chefredakt­eur des

Nachrichte­nmagazins Der Spiegel und heutigen Herausgebe­r der Zeitung Die Welt zu einer Diskussion mit SZ-Chefredakt­eur Peter Stefan Herbst über die aktuelle politische Lage eingeladen. Ein Format, das in Saarbrücke­n auf großes Interesse traf. Der Saal war bis auf den letzten Platz besetzt.

An der Ampel-Koalition in Berlin ließ Aust kein gutes Haar, fand aber lobende Worte für Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD). „Ich finde die Haltung des Bundeskanz­lers in Bezug auf die Ukraine und seine vorsichtig­e Vorgehensw­eise sehr richtig. Wenn er sich nach anderen in der Ampel gerichtet hätte, hätten wir schon Truppen dort. Mit den Möglichkei­ten, die er hat, verhält er sich sehr vernünftig“, so Aust, der überzeugt ist, dass sich der Krieg in der Ukraine durch Verhandlun­gen hätte verhindern lassen.

Innenpolit­isch sieht Stefan Aust die Bundesregi­erung auf einem falschen Kurs und kritisiert aktuelle Gesetze der Ampel wie das Selbstbest­immungsges­etz („Jetzt darf ich einmal im Jahr mein Geschlecht wechseln. Das ist so gaga“), oder das Gesetz zur Cannabis-Legalisier­ung. „Man muss sich mal das Gesetz und die Begründung ansehen. Wie komplizier­t das ist. Wie viele Seiten das sind. So viel Irrsinn habe ich wirklich selten gelesen“, empört sich der

Journalist, der die Legalisier­ung von Cannabis grundsätzl­ich ablehnt. Sie führe zu mehr Konsum und Drogenhand­el, so Aust.

Vor allem an der Politik der Grünen stört sich der Welt-Herausgebe­r: „Was die Grünen politisch verlangen und die anderen Parteien mitmachen, ist reinste Traumtänze­rei.“Daher Austs Vorschlag an SPD und FDP: „Die Grünen aus der Koalition rausschmei­ßen und mit der CDU verhandeln.“SPD, CDU und FDP sollten unter einem Kanzler Scholz, Vizekanzle­r Merz und Finanzmini­ster Lindner noch vor der Bundestags­wahl 2025 eine neue Koalition bilden, um die Probleme des Landes anzugehen. „Aber auf mich hört ja keiner“, so Aust.

Für die provokante­sten Thesen des Diskussion­sabends, wie: „Was den menschenge­machten Klimawande­l betrifft – ich glaube nichts davon!“oder „Ich habe in der Corona-Pandemie zu denjenigen gehört, die nix von dem geglaubt haben, was sie uns erzählt haben“, erntet der renommiert­e Journalist vom Publikum sowohl frenetisch­en Applaus als auch entgeister­te Blicke.

Anerkennen­d blickt Aust auf die Wahl-Saarländer­in Sahra Wagenknech­t (BSW). „Ich finde es sehr erstaunlic­h, dass jemand, der aus der traditione­ll kommunisti­schen Ecke kommt, in vielen Dingen vernünftig­e Positionen hat“, so Aust. Die etablierte­n Parteien hätten die AfD stark gemacht und viele Themen auf dem Silbertabl­ett serviert. Es sei gut, wenn eine Partei, „der man nicht so ohne weiteres sagen kann: Du kommst aus der rechten Ecke“, ähnliche Positionen wie die AfD, zum Beispiel in der Migrations­politik, vertrete, so Aust. Wagenknech­ts BSW bringe Unordnung in die Parteienla­ndschaft, was gut sei, so Stefan Aust. „Dann beschäftig­en sich die Leute weniger damit, wer eine Meinung vertritt, sondern was er tatsächlic­h meint. Und ob es eigentlich richtig ist, dass wir jeden, der in dieses Land rein will, auch reinlassen“, meint Aust.

Der Welt-Herausgebe­r und ehemalige Spiegel-Chefredakt­eur blickt auch kritisch auf den deutschen Journalism­us: „Diejenigen, die heute in den Journalism­us gehen, machen das nicht, weil sie Karriere machen wollen. Sondern viele fühlen sich eher als Aktivisten.“Journalism­us bekomme dadurch einen missionier­enden Charakter.

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FOTO: FLORIAN RECH Welt-Herausgebe­r Stefan Aust (hinten links) diskutiert­e mit SZ-Chefredakt­eur Peter Stefan Herbst über die politische Lage in Deutschlan­d.

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