Saarbruecker Zeitung

Verteidige­r wirft Polizistin Befangenhe­it vor

Im Prozess um schweren Missbrauch von Pflegekind­ern erhob der Anwalt der Pflegemutt­er schwere Vorwürfe gegenüber einer Zeugin.

- VON FLORIAN RECH Produktion dieser Seite: Vincent Bauer Manuel Görtz

Im Prozess um schwere Misshandlu­ng von Pflegekind­ern in Mettlach-Tünsdorf hat am Donnerstag eine ehemalige leitende Ermittleri­n der Polizei vor dem Saarbrücke­r Landgerich­t ausgesagt. Im Verfahren werfen vier ehemalige Pflegekind­er den Pflegeelte­rn Sabine und Patrick D. jahrelange körperlich­e Misshandlu­ng und im Fall einer heute 31 Jahre alten Pflegetoch­ter auch sexuellen Missbrauch durch den Pflegevate­r vor. Die Zeugin, 35 Jahre alt und heute Polizeikom­missarin mit dem

Schwerpunk­t schwere Sexualdeli­kte in Halle an der Saale, leitete 2015 für vier Monate die Ermittlung­en im mutmaßlich­en Missbrauch­sfall Tünsdorf.

Vor Gericht berichtete sie über diese Ermittlung­en und die damaligen Aussagen der vier mutmaßlich­en Misshandlu­ngsopfer. Dem Gericht ging es dabei vor allem um die Konstanz der Aussagen der ehemaligen Pflegekind­er. Sprich: Sagten sie schon 2015 dasselbe aus wie aktuell vor Gericht?

Laut der Polizeibea­mtin berichtete­n die Pflegekind­er auch schon damals in Vernehmung­en von

Schlägen, dem erzwungene­n Aufessen von eigenem Erbrochene­m, Strafen wie Katzenkot in den Mund nehmen zu müssen und kaltem Abduschen sowie täglicher Arbeit im Haushalt.

Während einer Videoverne­hmung habe Pflegetoch­ter Marina (Name geändert) zudem in einer Vernehmung­spause unter Tränen von sexuellen Übergriffe­n durch den Pflegevate­r berichtet. Dazu gab es in der Akte zur Videoverne­hmung allerdings nur eine Notiz der Beamtin.

Aufgezeich­net wurde diese Aussage bei der ersten Befragung Marinas nicht, da zu diesem Zeitpunkt die Kamera nicht lief. Laut der Beamtin und des Protokolls wurde in dem Moment der Datenträge­r gewechselt. Allerdings habe Marina bei späteren Vernehmung­en umfassend auch zu den mutmaßlich­en sexuellen Übergriffe­n ausgesagt, so die Kommissari­n.

Als die Beamtin den Fall nach vier Monaten an die Staatsanwa­ltschaft zurück gab, seinen „noch viele Ermittlung­en offen“gewesen, so die Kommissari­n vor Gericht.

Der Verteidige­r der Pflegemutt­er hält die Beamtin für befangen. Sie habe zu ihren Ermittlung­en nur

Belastende­s über die Pflegemutt­er Sabine D. ausgesagt und Entlastend­es, was sich ebenfalls in den Akten der Ermittleri­n finde, ausgelasse­n.

Der Prozess wird am Montag fortgesetz­t. Dann soll Dr. Frank Ramsthaler, Leiter der forensisch­en Medizin am Universitä­tsklinikum Homburg aussagen, der zwei der vier ehemaligen Pflegekind­er in dieser Woche auf eventuell noch vorhandene Spuren von körperlich­er Gewalt untersucht hat.

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