CDU: Die Hochschulen „nicht erpressbar“machen
Die CDU-Opposition sieht viele offene Fragen beim SPD-Gesetzentwurf zur Novelle des Hochschulgesetzes. Minister Jakob von Weizsäcker verteidigt das Vorhaben.
Die kritischen Punkte der geplanten Novelle des Saarländischen Hochschulgesetzes ließ der Wissenschaftsminister in der Landtagsdebatte am Mittwoch zunächst wohlweislich lieber außer Acht. Zum einen eine Universitätspräsidenten künftig eingeräumte „Eilentscheidungskompetenz“, deren vermeintliche Notwendigkeit weder der gegenwärtige Uni-Präsident Ludger Santen noch sein Vorgänger Manfred Schmitt in zwei SZ-Interviews zuvor hatten ausmachen können. Und zum anderen die Frage, ob die Neufassung der sogenannten „Zielund Leistungsvereinbarungen“zwischen der obersten Landesbehörde und den Hochschulen die Wissenschaftsfreiheit im Land bedrohen könnte.
Der wissenschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Jonas Reiter, brachte in seiner Replik auf Jakob von Weizsäckers Ausführungen dann indessen beides zur Sprache. Die Novelle des Hochschulgesetzes zeuge von schlechtem politischen Handwerk, meinte Reiter. Mit Blick auf die geplanten Änderungen bei den Ziel- und Leistungsvereinbarungen dränge sich der Verdacht auf, „dass die Zügel des Ministeriums angezogen werden sollen und man durchregieren will“, schlussfolgerte Reiter. Dass künftig dem Land im Falle einer ausbleibenden Einigung über die Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit den Hochschulleitungen eingeräumt werden solle, eigenmächtig Zielvorgaben vorzuschreiben, mache die Hochschulen „nicht nur erpressbar“, sondern öffne Eingriffen in das operative Tagesgeschäft „Tür und Tor“, warnte der CDU-Abgeordnete.
Als der Minister später auf Reiters Einwände hin nochmals das Wort ergriff, betonte er, dass im Wissenschaftsausschuss ja nun noch eine „intensive Befassung“mit dem Gesetzentwurf möglich sei. Mit Blick auf die Ziel- und Leistungsvereinbarungen sprach er davon, man wolle künftig „stärker Kennzahlen und ein outputgetriebenes Indikatorenset“zugrunde legen. So sehr von Weizsäcker Einwände abwiegelte: Fast schien es so, als habe Reiter zuvor eine Achillesferse getroffen.
Zuvor hatte der Wissenschaftsminister einige Eckpfeiler der Hochschulnovelle umrissen. So sorge die Novelle etwa für „mehr Durchlässigkeit beim Hochschulzugang“. Ohne Abitur lässt sich zwar schon heute hier studieren. Künftig aber soll, wer eine abgeschlossene Berufsausbildung hat, nicht erst auch noch praktische Berufserfahrung vorweisen müssen.
Spitzennachwuchskräfte sollen durch vereinfachte Berufungsverfahren mittels Fast-Track-Professuren künftig schneller gewonnen sowie die Berufung von Gastprofessuren erleichtert werden. Auch sollen An-Institute, sprich rechtlich selbstständige Einrichtungen an Universitäten, Honorarprofessuren vorschlagen können. Darüber hinaus will man forschungsintensiven Fachbereichen der Saarbrücker Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) ein eigenes Promotionsrecht einräumen.
Für die CDU erinnerte Jonas Reiter daran, dass im Gesetzentwurf nur noch von der Einrichtung von „Promotionszentren“die Rede sei, während im SPD-Wahlprogramm ursprünglich noch von einem eigenständigen Promotionsrecht an der HTW selbst die Rede gewesen sei. Dass im Zweifelsfall, wie im Regierungsentwurf vorgesehen, über die etwaige Forschungsstärke von
Antragstellern das Ministerium entscheiden soll, käme Reiter zufolge einem „Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit“gleich. Die CDUOpposition sah zwar auch positive Aspekte der Novelle, explizit etwa die Fast-Track-Professuren und die Möglichkeit einer Teilbeurlaubung von Hochschulprofessorinnen und -professoren. Unterm Strich enthalte der Gesetzentwurf indessen viele offene Fragen.
Die SPD-Abgeordneten Sandra Quinten und Julia Harenz verteidigten hingegen erwartungsgemäß die geplante Novelle – die letzte liegt immerhin acht Jahre zurück – als „bedeutenden Schritt in der Entwicklung der Bildungslandschaft“, der für mehr Vielfalt, Flexibilität und Diversität sorge (Quinten) und mit der Einführung einer Promovierendenvertretung auch Doktorandinnen und Doktoranden „endlich eine gleichberechtigte Teilhabe“(Harenz) biete. Jakob von Weizsäcker hatte die Einführung einer Promovierendenvertretung zuvor selbst in Zusammenhang mit dem Problem befristeter wissenschaftlicher Anstellungen gerückt – bekannt geworden durch die bundesweite Initiative „#IchbinHanna“. Das Land tue insoweit da nun etwas. Als wisse der Minister selbst, dass dies an der Befristungsmisere jedoch nichts ändern wird, meinte er im Plenum, dass es schwer sei, gesetzlich auf mehr Entfristungen hinzuwirken: „Ich fürchte, da würden wir uns überheben.“
Für die AfD meinte Josef Dörr mit Blick auf die geplanten Erleichterungen bei der Zulassung zum Studium, er sei seit Jahrzehnten ein Verfechter der Abschaffung aller Zulassungsbedingungen, um anschließend auszuführen, dass selbst wenn man sämtliche Beschränkungen zum Studium fallenließe, „kein Dutzend Studenten mehr studieren würde als jetzt“. Dörr schlug ein „Hochschulbefreiungsgesetz“vor, um unnötige Bürokratie abzuschaffen, weil die Hochschulen „ihre Probleme ja am besten selbst kennen“würden.
Der Gesetzentwurf wurde mit Stimmenmehrheit der SPD (die CDU enthielt sich, die AfD lehnte ihn ab) angenommen und an den Wissenschaftsausschuss verwiesen. Dort dürfte er noch für Diskussionen sorgen. Darunter etwa jene Passage, in der es in den Erläuterungen der entsprechenden Drucksache 17/876 mit Blick auf die Zielvereinbarungen heißt, diese sollten „ihre Wirksamkeit dadurch entfalten, dass die Ziele klar messbar und eindeutig überprüfbar sind“. Ludger Santen, der neue Uni-Präsident, hat das daraus herauszulesende Benchmarking-Ansinnen des Ministers im SZ-Interview bereits als unrealistische „Suche nach der Zauberformel“bezeichnet.