Studenten sammeln Ideen für Kirchenkomplex
Was wird aus Kirche St. Michael, Volkshaus und Pfarrhaus in Gersweiler? Darüber denken Architekturstudenten nach – mit Bürgerbeteiligung.
Die Kirche St. Michael steht nebst Pfarrhaus und Volkshaus zum Verkauf, die Kirchengemeinde will die Immobilien als Gesamtpaket loswerden. Ein Interessenkreis aus dem Ort will verhindern, dass es eine Lösung gibt, unter der der Ort später leidet (wir berichteten). Jetzt sollen Architekturstudenten Ideen entwickeln und die Bürger beteiligen.
Gesehen hat man die jungen Leute schon rund um die Kirchenstraße, denn sie haben fleißig Bilder gemacht und die Nachbarschaft erkundet. Was sie vorhaben, hat Dr. Marcus Hirschfelder vom Interessenkreis zusammen mit dem Denkmalschützer und Architekten Henning Freese und der Architekturprofessorin Eve Hartnack im Gespräch mit unserer Zeitung vorgestellt. Freese, der Vorsitzende des Landesdenkmalrates, und HTWProfessorin Hartnack werden mit Studierenden nach Lösungen suchen, die Kirche als Bauwerk zu erhalten, eine geänderte Nutzung aber so zu entwickeln, dass sie von den Menschen im Ort und einem mög
lichen Investor angenommen wird.
Freese sagte im Gespräch mit der SZ: „In Holland sind viele Kirchen profaniert, das Land ist uns da um Jahre voraus. Jetzt rollt diese Welle auch bei uns. Wir wissen, dass ungenutzte Gebäude sterben. Und vor Gericht kann man die Erhaltung nicht erzwingen. Also ist die Umnutzung der einzige Weg, um Denkmalschutz und Nutzung unter einen Hut zu bringen, wobei es ganz viele gelungene Beispiele dafür gibt, vom Multifunktionsbau bis zur Sporthalle. In Gersweiler ist interessant, dass sich die Bürger im Ort und damit die weltliche Gemeinde für die Kirche einsetzt, die Kirchengemeinde aber nicht.“
Die Kirche St. Michael hält Freese
für erhaltenswert, weil der Bau von 1866 und das Pfarrhaus weitgehend im Urzustand erhalten seien. Und Eve Hartnack fügt an, dass man spüre, welche Bedeutung der Kirchenbau für den Ort habe: „Kirche – aber auch das Volkshaus – sind identitätsstiftend. Das Volkshaus ist nicht schön gestaltet, hat aber ideellen Wert. Indem wir Studenten um ihre Ideen bitten, stützen wir die Gesellschaft in Orten, wo Projekte anstehen, für die niemand planerische Mittel beauftragen würde. Die Studenten können frei gestalten, sie müssen nur die Bauvorschriften und den Denkmalschutz beachten. Ansonsten sind sie frei in ihren Ideen. Sie können Decken einziehen oder einen Anbau planen.“
In mehreren saarländischen Orten hat Hartnack schon mit ihren Studenten gewirkt und städtebauliche Ideen entwickelt, manches wurde später aufgenommen. Für die Studierenden ist die Arbeit ein Leistungsnachweis, für die Bürger fallen neue Ideen ab, vielleicht findet dann ein Investor Gefallen daran. Und damit die Bevölkerung nicht nur zuschaut, werden die Nachbarn eingebunden. Am Donnerstag, 23. Mai, ab 17 Uhr stellt der Interessenkreis die ersten Ideen im Volkshaus vor, die Öffentlichkeit ist eingeladen, mit den Studierenden und Fachleuten zu diskutieren.
„Dann erleben die Studierenden die Rückmeldungen der Menschen“, freut sich Eve Hartnack auf den Termin. Sie hält es für wichtig, St. Michael zu erhalten, denn die Kirche spiegele Dorfgeschichte. Mit dem Kirchenbauverein von 1851 habe die Bevölkerung für den Neubau gekämpft. Zuvor habe es nur eine Notkirche am Matzenberg gegeben. Der Bau der Kirche ist in einem Buch dokumentiert, man kann nachlesen, wann wie viele Taler von wem für den Kirchenbau beigesteuert wurden. „Ich halte es daher für wichtig, die Kirche als Ort der Gemeinschaft in Gersweiler zu erhalten“, betont Hartnack und weiß genau wie Freese, dass sie dafür kein Gotteshaus bleiben muss.