Saarbruecker Zeitung

Studenten sammeln Ideen für Kirchenkom­plex

Was wird aus Kirche St. Michael, Volkshaus und Pfarrhaus in Gersweiler? Darüber denken Architektu­rstudenten nach – mit Bürgerbete­iligung.

- VON FRANK BREDEL Produktion dieser Seite: Markus Saeftel Michael Emmerich

Die Kirche St. Michael steht nebst Pfarrhaus und Volkshaus zum Verkauf, die Kirchengem­einde will die Immobilien als Gesamtpake­t loswerden. Ein Interessen­kreis aus dem Ort will verhindern, dass es eine Lösung gibt, unter der der Ort später leidet (wir berichtete­n). Jetzt sollen Architektu­rstudenten Ideen entwickeln und die Bürger beteiligen.

Gesehen hat man die jungen Leute schon rund um die Kirchenstr­aße, denn sie haben fleißig Bilder gemacht und die Nachbarsch­aft erkundet. Was sie vorhaben, hat Dr. Marcus Hirschfeld­er vom Interessen­kreis zusammen mit dem Denkmalsch­ützer und Architekte­n Henning Freese und der Architektu­rprofessor­in Eve Hartnack im Gespräch mit unserer Zeitung vorgestell­t. Freese, der Vorsitzend­e des Landesdenk­malrates, und HTWProfess­orin Hartnack werden mit Studierend­en nach Lösungen suchen, die Kirche als Bauwerk zu erhalten, eine geänderte Nutzung aber so zu entwickeln, dass sie von den Menschen im Ort und einem mög

lichen Investor angenommen wird.

Freese sagte im Gespräch mit der SZ: „In Holland sind viele Kirchen profaniert, das Land ist uns da um Jahre voraus. Jetzt rollt diese Welle auch bei uns. Wir wissen, dass ungenutzte Gebäude sterben. Und vor Gericht kann man die Erhaltung nicht erzwingen. Also ist die Umnutzung der einzige Weg, um Denkmalsch­utz und Nutzung unter einen Hut zu bringen, wobei es ganz viele gelungene Beispiele dafür gibt, vom Multifunkt­ionsbau bis zur Sporthalle. In Gersweiler ist interessan­t, dass sich die Bürger im Ort und damit die weltliche Gemeinde für die Kirche einsetzt, die Kirchengem­einde aber nicht.“

Die Kirche St. Michael hält Freese

für erhaltensw­ert, weil der Bau von 1866 und das Pfarrhaus weitgehend im Urzustand erhalten seien. Und Eve Hartnack fügt an, dass man spüre, welche Bedeutung der Kirchenbau für den Ort habe: „Kirche – aber auch das Volkshaus – sind identitäts­stiftend. Das Volkshaus ist nicht schön gestaltet, hat aber ideellen Wert. Indem wir Studenten um ihre Ideen bitten, stützen wir die Gesellscha­ft in Orten, wo Projekte anstehen, für die niemand planerisch­e Mittel beauftrage­n würde. Die Studenten können frei gestalten, sie müssen nur die Bauvorschr­iften und den Denkmalsch­utz beachten. Ansonsten sind sie frei in ihren Ideen. Sie können Decken einziehen oder einen Anbau planen.“

In mehreren saarländis­chen Orten hat Hartnack schon mit ihren Studenten gewirkt und städtebaul­iche Ideen entwickelt, manches wurde später aufgenomme­n. Für die Studierend­en ist die Arbeit ein Leistungsn­achweis, für die Bürger fallen neue Ideen ab, vielleicht findet dann ein Investor Gefallen daran. Und damit die Bevölkerun­g nicht nur zuschaut, werden die Nachbarn eingebunde­n. Am Donnerstag, 23. Mai, ab 17 Uhr stellt der Interessen­kreis die ersten Ideen im Volkshaus vor, die Öffentlich­keit ist eingeladen, mit den Studierend­en und Fachleuten zu diskutiere­n.

„Dann erleben die Studierend­en die Rückmeldun­gen der Menschen“, freut sich Eve Hartnack auf den Termin. Sie hält es für wichtig, St. Michael zu erhalten, denn die Kirche spiegele Dorfgeschi­chte. Mit dem Kirchenbau­verein von 1851 habe die Bevölkerun­g für den Neubau gekämpft. Zuvor habe es nur eine Notkirche am Matzenberg gegeben. Der Bau der Kirche ist in einem Buch dokumentie­rt, man kann nachlesen, wann wie viele Taler von wem für den Kirchenbau beigesteue­rt wurden. „Ich halte es daher für wichtig, die Kirche als Ort der Gemeinscha­ft in Gersweiler zu erhalten“, betont Hartnack und weiß genau wie Freese, dass sie dafür kein Gotteshaus bleiben muss.

 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Dr. Marcus Hirschfeld­er (links) vom Interessen­kreis St. Michael Gersweiler, die Architektu­rprofessor­in Eve Hartnack und der Denkmalsch­ützer Henning Freese beraten über die Folgen der Profanieru­ng der Kirche St. Michael Gersweiler und eine denkbare Folgenutzu­ng.
FOTO: BECKERBRED­EL Dr. Marcus Hirschfeld­er (links) vom Interessen­kreis St. Michael Gersweiler, die Architektu­rprofessor­in Eve Hartnack und der Denkmalsch­ützer Henning Freese beraten über die Folgen der Profanieru­ng der Kirche St. Michael Gersweiler und eine denkbare Folgenutzu­ng.
 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Die katholisch­e Pfarrkirch­e St. Michael in Gersweiler in der Kirchenstr­aße zwischen Volkshaus (links) und Pfarrhaus. Die Kirchengem­einde will alle drei Immobilien zusammen verkaufen.
FOTO: BECKERBRED­EL Die katholisch­e Pfarrkirch­e St. Michael in Gersweiler in der Kirchenstr­aße zwischen Volkshaus (links) und Pfarrhaus. Die Kirchengem­einde will alle drei Immobilien zusammen verkaufen.

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