Was die Kreislaufwirtschaft an der Saar beflügeln soll
Landesregierung unterstützt Forschungskooperation von Fraunhofer-Institut und HTW mit fünf Millionen Euro aus dem Trafo-Fonds.
(cis) Das FraunhoferInstitut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren (IZFP) und die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) werden künftig gemeinsam neue ressourcenschonende Verfahren in der Kreislaufwirtschaft erforschen. Die Landesregierung unterstützt das Projekt mit fünf Millionen Euro aus dem Transformationsfonds („Trafo“). Wenn dazu dann gleich zwei sozialdemokratische Minister – Jürgen Barke ( Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie) und Jakob von Weizsäcker (Finanzen und Wissenschaft) – im Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren (IZFP) auf dem Uni-Campus vorstellig werden, ist klar, dass die Landesregierung den im IZFP verkündeten Forschungsprojekten einige Bedeutung beimisst.
Von Weizsäcker betonte denn auch das „enorme Potenzial“der neuen Forschungskooperation des Fraunhofer-Instituts mit der Saarbrücker HTW für die Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft im Saarland, während Barke verdeutlichte, dass eine rohstoffarme Region wie das Saarland naturgemäß ein elementares Interesse an der Verlängerung der Produktionskette durch die Wiederverwendung von Rohstoffen hat. Um hier „künftig schrottbasiert Stahl produzieren“zu können, so Barke, werde die Qualität des recyclingfähigen Materials entscheidend sein. Und dafür wiederum wird eine exakte Materialkenntnis zur Voraussetzung.
Genau hier setzen die beiden Projekte an. Ziel ist es, einen kompletten, ressourceneffizienten Materialkreislauf zu entwickeln. Wie weit man, was die Kontrolle der Materialanalysen angeht, hier in Saarbrücken bereits ist, demonstrierten IZFP-Mitarbeiter vergangene Woche im Beisein der beiden Minister an einem mit einem intelligenten Sensorsystem ausgestatteten Roboterarm. Die darin integrierte, KI-geschulte Mikrosensorik könne bereits „im Bereich von 99 Prozent“Verlässlichkeit die Materialbeschaffenheit von Produkten bestimmen. Und zwar per elektromagnetischer Mikrostrukturanalyse bis auf die Molekülebene. Damit sei es möglich, deren Verschleißgrad und damit auch deren Haltbarkeit abzuschätzen.
Wie viel Anwendungspotenzial darin steckt, liegt auf der Hand. Nicht zuletzt auch in Sachen Nachhaltigkeit: Schon heute setzt die Stahlindustrie 20 Millionen Tonnen Stahl- und Eisenschrott ein, um daraus neue Produkte herzustellen. Nutzbar machen lässt sich dies auch hinsichtlich effizienten Wirtschaftens: Bei Reklamationen wäre mittels einer exakten Mikrosensorik leicht auszumachen, welche Chargen einer Lieferung einen Defekt aufweisen und welche nicht. Wobei die Störanfälligkeit solcher Systeme wohl mit dem Grad der Materialreinheit steht und fällt, wie Wirtschaftsminister Barke selbst einwarf. Der Aufwand, beispielsweise die Recyclebarkeit eines aus unterschiedlichen Materialien bestehenden Schrottfahrzeugs zu bestimmen, dürfte mithin schwierig sein.
Dass eine Landes- und eine Bundeseinrichtung (hier die Hochschule für Technik und Wirtschaft, dort die vor 75 Jahren zum Zweck der Förderung angewandter Forschung gegründete Fraunhofer-Gesellschaft mit heute 30 000 Mitarbeitern und einem Forschungsetat von drei Milliarden Euro) nun eine enge Partnerschaft eingingen, sei bundesweit einzigartig, betonte der geschäftsführende IZFPInstitutsleiter, Prof. Bernd Valeske. Die Kooperation soll in beiden Projekten – „ECO2“kreist um datenbasierte Bewertungsverfahren zur Optimierung der Kreislaufsysteme, „NextGenMicroEL“um Sensorsysteme, die die Materialbeschaffenheit durchleuchten – jeweils institutionsübergreifend erfolgen, sodass quasi gemeinsame Abteilungen entstehen – „ein Erfolg der kurzen Wege im Saarland“, so Valeske.
Etwa 30 saarländische Unternehmen hätten bereits ihr Interesse an den kommenden Forschungsergebnissen der Partner IZFP und HTW angemeldet, ließ er durchblicken – Wasser auf die Erwartungsmühlen der beiden Minister. Dass die HTW, wie ihr Präsident Prof. Dieter Leonhard ausführte, mit der neuen Kooperation „Impulse für die Transformation liefern“will, werden Barke und Weizsäcker gleichfalls gerne gehört haben.
Dass auch Start-ups mit ins Boot geholt werden sollen, betonten alle Beteiligten bei der Vorstellung des Trafo-Projekts. Wirtschaftsminister Jürgen Barke machte keinen Hehl daraus, dass man als Land besser auch mal die Brille von Unternehmen aufsetze, um zu verstehen, was diese erwarten: Barke verschwieg auf Nachfrage denn auch nicht, dass etwa der US-amerikanische Halbleiterhersteller Wolfspeed im Saarland eine Forschungsinfrastruktur anzutreffen erwarte, die Wolfspeed dabei hilft, Recyclingmodelle zu entwickeln, um die bis zu 50-prozentige Ausschussquote bei der Batteriezellenproduktion wieder für den Produktionsprozess nutzbar zu machen.