Saarbruecker Zeitung

Buschmann: Strafversc­härfung wird Gewalt nicht stoppen

Nach Angriffen auf Politiker und Wahlkämpfe­r wollen die Innenminis­ter das Strafrecht verschärfe­n. Doch Kritiker sehen dieses Vorhaben mit Skepsis.

- VON AXEL HOFMANN, ANNE-BÉATRICE CLASMANN UND NICO POINTNER Produktion dieser Seite: Isabell Schirra, Vincent Bauer Lucas Hochstein

(dpa) Mit härteren Strafen lässt sich die zunehmende Aggression gegen Politiker nach Überzeugun­g von Bundesjust­izminister Marco Buschmann (FDP) nicht eindämmen. „Der Versuch, das gesellscha­ftliche Problem einer allgemeine­n Verrohung der politische­n Auseinande­rsetzung mit dem Strafrecht allein zu lösen, wird scheitern“, sagte er auf dem Weg zum G7-Justizmini­stertreffe­n in Venedig.

Nach dem brutalen Angriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke in Dresden hatten sich die Innenminis­ter von Bund und Ländern dafür ausgesproc­hen, Angriffe auf Politiker und Wahlhelfer härter zu bestrafen. Der AfD-Vorsitzend­e Tino Chrupalla hält dies allerdings für „Quatsch“. „Ein Politiker ist doch nichts Besseres als ein normaler Arbeitnehm­er oder Arbeitgebe­r“, erklärte er am Freitag im rbb-Inforadio.

Zuletzt hatten sich Angriffe auf Politiker gehäuft. In Dresden wurde der SPD-Wahlkämpfe­r Ecke krankenhau­sreif geschlagen, die Kommunalpo­litikerin Yvonne Mosler (Grüne) wurde in der sächsische­n Landeshaup­tstadt beim Aufhängen von Wahlplakat­en angerempel­t und bedroht. In Berlin wurde Wirtschaft­ssenatorin Franziska Giffey (SPD) von einem Angreifer leicht verletzt, in Stuttgart gab es verbale und körperlich­e Attacken auf zwei Landtagsab­geordnete der AfD.

Zu dem Übergriff auf den AfD-Infostand bekannte sich mittlerwei­le das Antifaschi­stische Aktionsbün­dnis Stuttgart und Region. Im Rahmen einer Protestakt­ion sei es zu einem „Handgemeng­e“gekommen, räumte die Gruppe auf ihrer Homepage und auf Instagram ein. Die Antifa-Aktivisten beklagen allerdings, dass sie ihrerseits von den AfD-Abgeordnet­en sowie von deren Security-Mitarbeite­rn körperlich bedrängt worden seien.

Chrupalla betonte, dass Gewalt niemals ein Mittel der politische­n Auseinande­rsetzung sein dürfe. „Es ist einfach zu verurteile­n, wenn Menschen angegriffe­n werden – egal aus welcher Gesinnung oder aus welcher Parteizuge­hörigkeit.“Dass seine Partei für die wachsende Zahl von Übergriffe­n verantwort­lich sei, wies er zurück. Politiker anderer Parteien benutzten ebenfalls hartes Vokabular, sagte der AfD-Chef und mahnte: „Verbale Abrüstung tut uns allen gut.“

Vor dem Hintergrun­d zahlreiche­r

Übergriffe beabsichti­gt Sachsen einen Gesetzentw­urf in den Bundesrat einzubring­en, der einen neuen Straftatbe­stand vorsieht. Demnach soll die Beeinfluss­ung von Amts- und

Mandatsträ­gern durch sogenannte­s politische­s Stalking geahndet werden. Dabei geht es um Bedrohungs­situatione­n wie etwa aggressive Aufmärsche vor dem Wohnhaus eines

Bürgermeis­ters. Buschmann warnte allerdings vor möglicherw­eise unpräzisen Formulieru­ngen, die auch legitimes Verhalten kriminalis­ieren würden. Auch sei die Versammlun­gsfreiheit ein hohes Gut.

„Das muss man präzise von einer nicht mehr akzeptable­n Bedrohungs­situation abgrenzen“, sagte Buschmann. Darüber hinaus warnte der Justizmini­ster vor dem Eindruck, das deutsche Strafrecht habe in Fällen wie dem von Matthias Ecke blinde Flecken: Eine solch schwere Straftat könne auch jetzt schon entspreche­nd geahndet werden.

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FOTO: BRITTA PEDERSEN/DPA Bundesjust­izminister Marco Buschmann (FDP).
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Tino Chrupalla.
FOTO: BERND WEISSBROD/DPA AfD-Chef Tino Chrupalla.

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