Spahn für Corona-Aufarbeitung mit allen Blickwinkeln
(dpa) Der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn befürwortet eine Aufarbeitung der CoronaPolitik durch den Bundestag, die aber breit angelegt sein sollte. „Das kann weder die rosa-rote Brille für die damalige Bundesregierung sein noch ein Volksgerichtshof der Corona-Leugner“, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Bis zum Ende der Pandemie hätten 70 bis 80 Prozent der Deutschen die Corona-Politik mitgetragen. „Deswegen müssen sich schon auch alle Blickwinkel dort wiederfinden.“Aufarbeiten, um zu lernen und sich besser für eine Pandemie oder eine andere Krise vorzubereiten, mache auf jeden Fall Sinn.
„Mein Eindruck ist, es täte auch der Gesellschaft gut“, sagte Spahn, der in der Hochphase der CoronaKrise von 2020 und bis Ende 2021 Minister war. Zur Frage, in welchem Rahmen die Aufarbeitung organisiert werden könnte, sagte er: „Wir sind eine repräsentative Demokratie. Das, was zu besprechen ist, gehört in den Bundestag.“Daher wäre eine Enquete-Kommission aus seiner Sicht eine gute Lösung.
Für ein solches Gremium mit Abgeordneten und Experten haben sich unter anderem FDP und Union ausgesprochen. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich schlug einen Bürgerrat mit zufällig ausgewählten Teilnehmern und anschließend eine Kommission auch mit Ländern und Kommunen vor. Auch von den Grünen gibt es Rufe nach einer Aufarbeitung. Ob und wie dies noch in dieser Wahlperiode angegangen werden soll, ist vorerst offen. Im Blick für eine Aufarbeitung stehen
Schutzregeln mit Masken, Tests und Impfungen oder Schließungen von Schulen.
Spahn sagte, es gehe natürlich auch darum, über Verantwortung zu reden. „Das finde ich völlig legitim. Ich habe Verantwortung getragen, wie andere auch in der Zeit. Und ich stehe dazu und stelle mich auch dieser Verantwortung.“
Spahn erläuterte: „Ich finde, wir sind alles in allem einen guten Mittelweg gegangen. Wir haben uns weder von den „Zero-Covid“-Rufen, also danach, gar keine Infektion mehr zuzulassen, noch von dem Ansatz, es einfach „durchlaufen lassen“und ein überfordertes Gesundheitssystem einfach hinzunehmen, in die
Irre führen lassen.“
„Wir haben kritische Debatten geführt. Wir waren in der Lage, uns selbst zu korrigieren. Das unterscheidet uns als Demokratie von autokratischen Ländern wie etwa China“, sagte der Ex-Minister in der damaligen schwarz-roten Regierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Rückblickend hatte sich Spahn zuletzt vor allem in einem 2022 erschienenen Buch zum Krisenmanagement der ersten beiden Corona-Jahre geäußert. Als ein „besonderes Versäumnis“nannte er, „dass wir es nicht geschafft haben, die Kinder und Jugendlichen so vor den Folgen dieser Pandemie zu schützen, wie wir es hätten tun sollen“. Ähnlich äußerte sich auch sein Amtsnachfolger Karl Lauterbach (SPD) und betonte zugleich, dass die Pandemie-Bewältigung im Großen und Ganzen sehr erfolgreich gewesen sei. Auch Lauterbach zeigte sich offen für eine Aufarbeitung.
Spahn sagte zudem, dass er beides erlebe, wenn er etwa in Veranstaltungen sei. „Da sind diejenigen, die Dankeschön sagen: „Sie haben uns gut durch diese schwere Zeit geführt.“Und es gibt diejenigen, da spüre ich bis heute, gerade beim Thema Impfen, da ist viel verhärtet. Insofern kann das Gespräch helfen, auch Dinge zu heilen, wenn Offenheit dafür da ist.“