Saarbrücker verschenkt Geld – aber nur, wenn er lachen muss
„Was ist der Unterschied zwischen Bananen und Menschen“, fragt ein schwarzer Junge, etwa 13 Jahre alt. „Weiß nicht“, sagt Dimitri. „Die Schwarzen wirft man weg!“, sagt der Junge und lacht laut los. Dimitri lacht nicht. Er ist etwas fassungslos: „Der kam aus der Hölle!“
Dimitri Harkovski, geboren in der Ukraine, aufgewachsen und immer noch zu Hause in Malstatt, ist innerhalb kürzester Zeit zu einem kleinen Internet-Star geworden. Als „kaskyyontherun“bei Tiktok. Über eine Million Mal wurden die Videos des 24-Jährigen schon geliked, seine Fangemeinde hat die Marke von 30 000 überschritten, allein in den vergangenen vier Wochen wurden seine Beiträge 17 Millionen Mal angeschaut.
Weil Harkovski, von Freunden „Dima“genannt, eine ziemlich gute, ziemlich einfache und natürlich auch leicht verrückte Idee hatte: Er verschenkt Geld. Seit drei Monaten. Auf offener Straße, meist vor der Europa-Galerie in Saarbrücken. Zehn Euro bekommt, wer Dima zum Lachen bringt. Viele habe es noch nicht geschafft.
„Wenn sie zehn Euro lesen, wollen alle dabei sein“, sagt Harkovski, ein freundlicher Typ, der eigentlich gerne lacht, der sich aber beherrschen kann in den allermeisten Fällen. Wobei nicht jeder Witz, der ihm erzählt wird, unbedingt witzig ist, das kann man sich auf Tiktok anschauen. Die eher besseren Witze gehen so: Wie nennt man einen Ritter ohne Helm? Wilhelm! Wie nennt man eine Kuh
auf dem Fahrrad? Murat! Geht ein Dalmatiner einkaufen, fragt die Kassiererin: Sammeln Sie Punkte? Was macht die Polizei in der Nudelfabrik? Sie Pasta auf!
Kinder, Frauen, junge Männer, Alte, Dicke, Dünne erzählen Witze wie diese, manche lesen vom Handy ab, manche versauen die Pointe, andere ziehen Grimassen oder versuchen sonst wie, Harkovski zum Lachen zu bringen – oder ihn zu überreden, die Kohle rauszurücken. Fast niemandem gelingt es. Erst rund 15 Mal habe er die zehn Euro bezahlen müssen: „Ich konnte schon immer gut ernst bleiben.“
Wobei Harkovski sagt, es gehe gar nicht darum, wie gut oder wie schlecht die Witze sind. Er findet: „Die Leute gehen es oft zu verkopft an, da kommt der Witz nicht gut rüber.“Wichtiger sei eine gute Ausstrahlung, das Zwischenmenschliche. So entsteht dann jene Situationskomik, die seine Videos ausmachen und die so vielen Menschen gefällt. Online, aber auch in der realen Welt. Vor der Europa-Galerie stünden manchmal 50, 60 Leute und schauten sich an, was passiert, müssten dann oft selbst lachen. „Ich lache nicht so oft, aber alle anderen. Und das ist doch das einzig Wahre, wenn die Menschen glücklich sind.“
Wenn Harkovski vor die Kamera tritt, sorgt sein alter Schulfreund Colin Zimmermann dafür, dass alles perfekt rüberkommt, er ist der Mann für die Technik, schneidet die Filme auch. Gemeinsam stehen sie oft drei, vier Stunden auf der Straße, bis sie genug Szenen eingefangen haben. Das sei schon kräftezehrend, meint Harkovski. Aber es lohnt sich eben. Seine Bekanntheit steigt, in der Bahn wird er zunehmend angesprochen, Leute wollen Selfies machen. Auch finanziell bleibe „ein bisschen was“hängen allmählich. Tiktok zahlt nämlich gutes Geld für Videos, die viel gesehen werden.
Ob er den Spaß zum Beruf machen will? Leute zu unterhalten, das sei schon das, was er am besten könne, sagt Harkovski. Eigentlich studiert er Cybersicherheit, aber das Showgeschäft sei sehr faszinierend. Seine größte Leidenschaft ist die Musik, auch als Rapper nennt er sich „Kaskyy“, eine Erinnerung an seinen echten ukrainischen Nachnamen. Vor wenigen Tagen hat er einen neuen Song veröffentlicht, „Orchideen“, vor Monaten ein kleines Album. Wer ihn live erleben will, kann ihn im Juli freitags auf dem Altstadtfest hören – und immer mal wieder vor der Europa-Galerie. Mit Schild und zehn Euro und guter Laune.