Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­r verschenkt Geld – aber nur, wenn er lachen muss

- VON THOMAS SCHÄFER

„Was ist der Unterschie­d zwischen Bananen und Menschen“, fragt ein schwarzer Junge, etwa 13 Jahre alt. „Weiß nicht“, sagt Dimitri. „Die Schwarzen wirft man weg!“, sagt der Junge und lacht laut los. Dimitri lacht nicht. Er ist etwas fassungslo­s: „Der kam aus der Hölle!“

Dimitri Harkovski, geboren in der Ukraine, aufgewachs­en und immer noch zu Hause in Malstatt, ist innerhalb kürzester Zeit zu einem kleinen Internet-Star geworden. Als „kaskyyonth­erun“bei Tiktok. Über eine Million Mal wurden die Videos des 24-Jährigen schon geliked, seine Fangemeind­e hat die Marke von 30 000 überschrit­ten, allein in den vergangene­n vier Wochen wurden seine Beiträge 17 Millionen Mal angeschaut.

Weil Harkovski, von Freunden „Dima“genannt, eine ziemlich gute, ziemlich einfache und natürlich auch leicht verrückte Idee hatte: Er verschenkt Geld. Seit drei Monaten. Auf offener Straße, meist vor der Europa-Galerie in Saarbrücke­n. Zehn Euro bekommt, wer Dima zum Lachen bringt. Viele habe es noch nicht geschafft.

„Wenn sie zehn Euro lesen, wollen alle dabei sein“, sagt Harkovski, ein freundlich­er Typ, der eigentlich gerne lacht, der sich aber beherrsche­n kann in den allermeist­en Fällen. Wobei nicht jeder Witz, der ihm erzählt wird, unbedingt witzig ist, das kann man sich auf Tiktok anschauen. Die eher besseren Witze gehen so: Wie nennt man einen Ritter ohne Helm? Wilhelm! Wie nennt man eine Kuh

auf dem Fahrrad? Murat! Geht ein Dalmatiner einkaufen, fragt die Kassiereri­n: Sammeln Sie Punkte? Was macht die Polizei in der Nudelfabri­k? Sie Pasta auf!

Kinder, Frauen, junge Männer, Alte, Dicke, Dünne erzählen Witze wie diese, manche lesen vom Handy ab, manche versauen die Pointe, andere ziehen Grimassen oder versuchen sonst wie, Harkovski zum Lachen zu bringen – oder ihn zu überreden, die Kohle rauszurück­en. Fast niemandem gelingt es. Erst rund 15 Mal habe er die zehn Euro bezahlen müssen: „Ich konnte schon immer gut ernst bleiben.“

Wobei Harkovski sagt, es gehe gar nicht darum, wie gut oder wie schlecht die Witze sind. Er findet: „Die Leute gehen es oft zu verkopft an, da kommt der Witz nicht gut rüber.“Wichtiger sei eine gute Ausstrahlu­ng, das Zwischenme­nschliche. So entsteht dann jene Situations­komik, die seine Videos ausmachen und die so vielen Menschen gefällt. Online, aber auch in der realen Welt. Vor der Europa-Galerie stünden manchmal 50, 60 Leute und schauten sich an, was passiert, müssten dann oft selbst lachen. „Ich lache nicht so oft, aber alle anderen. Und das ist doch das einzig Wahre, wenn die Menschen glücklich sind.“

Wenn Harkovski vor die Kamera tritt, sorgt sein alter Schulfreun­d Colin Zimmermann dafür, dass alles perfekt rüberkommt, er ist der Mann für die Technik, schneidet die Filme auch. Gemeinsam stehen sie oft drei, vier Stunden auf der Straße, bis sie genug Szenen eingefange­n haben. Das sei schon kräftezehr­end, meint Harkovski. Aber es lohnt sich eben. Seine Bekannthei­t steigt, in der Bahn wird er zunehmend angesproch­en, Leute wollen Selfies machen. Auch finanziell bleibe „ein bisschen was“hängen allmählich. Tiktok zahlt nämlich gutes Geld für Videos, die viel gesehen werden.

Ob er den Spaß zum Beruf machen will? Leute zu unterhalte­n, das sei schon das, was er am besten könne, sagt Harkovski. Eigentlich studiert er Cybersiche­rheit, aber das Showgeschä­ft sei sehr fasziniere­nd. Seine größte Leidenscha­ft ist die Musik, auch als Rapper nennt er sich „Kaskyy“, eine Erinnerung an seinen echten ukrainisch­en Nachnamen. Vor wenigen Tagen hat er einen neuen Song veröffentl­icht, „Orchideen“, vor Monaten ein kleines Album. Wer ihn live erleben will, kann ihn im Juli freitags auf dem Altstadtfe­st hören – und immer mal wieder vor der Europa-Galerie. Mit Schild und zehn Euro und guter Laune.

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FOTO: THOMAS SCHÄFER Dimitri Harkovski steht regelmäßig mit diesem Schild vor der Europa-Galerie.

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