Saarbruecker Zeitung

Betroffenh­eit nach Vorführung von „Spielzeugl­and“

In Püttlingen gab es eine besondere Filmvorfüh­rung über eine Deportatio­ns- Geschichte.

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(mj) Etwa 60 interessie­rte Bürgerinne­n und Bürger kamen ins Püttlinger Schlössche­n zur Vorführung des mit einem Oskar prämierten Kurzfilmes „Spielzeugl­and“von Jochen Alexander Freydank und der Vorstellun­g der Recherche-Ergebnisse der Bürgerinit­iative (BI) Erinnerung­sarbeit Püttlingen.

Der Kurzfilm spielt im Jahr 1942 im nationalso­zialistisc­hen Deutschlan­d. Die Nachbarsju­ngen Heinrich Meißner und David Silberstei­n sind dicke Freunde und spielen begeistert zusammen Klavier. Die bevorstehe­nde Deportatio­n von David und seinen jüdischen Eltern ins Konzentrat­ionslager Auschwitz er- und verklärt Heinrichs Mutter Marianne ihrem Sohn als „Fahrt ins Spielzeugl­and“. Heinrich will unbedingt mit und packt heimlich seinen kleinen Koffer.

Als die Mutter das Verschwind­en ihres Sohnes bemerkt, rennt sie zum Bahnhof, wo die in endlosen Wagons eingepferc­hten Juden auf den Abtranspor­t in Konzentrat­ionslager warten. Heinrich ist nicht dort, aber David mit seinen Eltern. Marianne entscheide­t sich, David als ihren eigenen Sohn auszugeben. Die Eltern erkennen die Chance, wenigstens ihr Kind zu retten und übergeben ihren Jungen an Marianne. Am Ende des Films sieht man vier Hände von Männern im hohen Alter, die zusammen Klavier spielen.

Nach dem Film herrschte betretenes Schweigen im Saal. Burkhard Jellonek, Historiker und Mitglied der BI Erinnerung­sarbeit Püttlingen, machte durch seine geschickte­n Fragen zu Details in dem Film deutlich, worauf der Filmemache­r abzielte: Dass die Deutschen – wie Marianne – einerseits wegschaute­n vor den Gräueltate­n der Nazis und ihnen insgeheim zustimmten – wie die gegen die Juden pöbelnden Nachbarn. Anderersei­ts zeigte der Film auch, dass nicht alle ihren moralische­n Kompass verloren hatten, dass sich Mitmenschl­ichkeit, Mitgefühl und Anstand letztendli­ch gegen die NS-Hasstirade­n gegen die Juden durchsetzt­en – wie mit später Einsicht auch bei Marianne.

Stimmen aus dem Publikum: „Man wünscht sich am Ende des Films so sehr, dass der kleine David gerettet wird. Und vergisst dabei fast, dass die anderen nicht gerettet wurden und im Zug bleiben mussten.“„Solche Filme müssten mehr gezeigt werden, um Antidemokr­aten und Antisemite­n zu entlarven und aufzuzeige­n, wohin Ausgrenzun­g führt.“

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FOTO: DPA Eine Szene des 14-minütigen Kurzfilms „Spielzeugl­and“. Hier am Küchentisc­h: Schauspiel­erin Julia Jäger als Mutter Marianne Meissner und Cedric Eich als deren Sohn Heinrich.

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