Saarbruecker Zeitung

FDP stellt Bürgergeld und Rentenleis­tungen infrage

Noch ist unklar, wann die Ampel ihre Reform genau auf den Weg bringen will. Es geht um viele Milliarden und die Absicherun­g der Rente in der Zukunft.

- VON JAN DREBES UND JANA WOLF

Der Streit in der Ampel-Koalition über Ausgaben für die Rente und das Bürgergeld spitzt sich weiter zu. Die FDP hat an diesem Montag ein weiteres Positionsp­apier beschlosse­n, wonach bestimmte Leistungen des Staates auf den Prüfstand gestellt werden sollen. Der Fünf-Punkte-Plan stellt unter anderem die Rente mit 63, das Bürgergeld in seiner jetzigen Form sowie Ausgaben für die Entwicklun­gspolitik in Frage. FDP-Generalsek­retär Bijan Djir-Sarai forderte SPD und Grüne auf, sich mit den Forderunge­n seiner Partei zu befassen. Von den Koalitions­partnern kam am Montag scharfe Kritik am Vorgehen der FDP, insbesonde­re wegen des Umgangs mit der Rente.

Allen voran die SPD pocht auf eine Verabschie­dung der geplanten Rentenrefo­rmen der Ampel, die nun vorerst gestoppt sind. So ist derzeit offen, wann das eigentlich bereits geeinte Rentenpake­t II das Kabinett tatsächlic­h passieren wird. Regierungs­sprecher Steffen Hebestreit bekräftigt­e am Montag, dass dies noch im Mai erfolgen soll. „Der Mai hat 31 Tage“, sagte er. Ursprüngli­ch wollte die Ampel-Regierung die Reform bereits am 8. Mai im Kabinett beraten.

Schon am 5. März hatten Finanzmini­ster und FDP-Chef Christian Lindner und Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) ihren Gesetzentw­urf für die geplante Reform vorgelegt. Es folgten Detailabst­immungen in der Regierung. Nach zwei Monaten kam dann der vorläufige Stopp: Das

Finanzmini­sterium blockierte eine Verabschie­dung im Kabinett, weil mehrere Ministerie­n hohe Ausgabenwü­nsche für den Bundeshaus­halt 2025 vorgelegt hatten – auch wenn diese Anmeldunge­n keinen direkten Zusammenha­ng zum Rentenpake­t haben. Lindner hatte allerdings auf einen strikten Sparkurs gedrungen. Hebestreit wies zurück, dass es sich um ein Erpressung­smanöver der FDP gehandelt habe. Dennoch steckt das Ringen um den Bundeshaus­halt hinter dem aktuellen Streit um die Rente.

Scharfe Kritik am Vorgehen der FDP kam am Montag von SPD und Grünen. „Alle Angriffe auf bisherige Errungensc­haften des Sozialstaa­ts und des Rentensyst­ems sind zurückzuwe­isen“, sagte SPD-Chefin Saskia Esken. „Die Rente mit 63 bleibt bestehen.“Es sei „wenig hilfreich“, wenn die Verhandlun­gen zum Bundeshaus­halt 2025 „im Wochentakt mit parteinahe­n Positionsp­apieren begleitet werden, die sich meilenweit außerhalb dessen befinden, was wir im Koalitions­vertrag vereinbart haben“, sagte Esken mit Blick auf den FDP-Präsidiums­beschluss.

SPD-Fraktionsv­ize Dagmar Schmidt, zuständig für Arbeits- und Sozialpoli­tik, appelliert­e an die Koalition: „Alle müssen jetzt mit konstrukti­ven Verschläge­n dazu beitragen, dass der kommende Haushalt Sicherheit für alle garantiert.“In der aktuellen Zeit dürfe das Land nicht kaputtgesp­art werden, sondern man müsse in die Zukunft der kommenden Generation­en investiere­n.

Auch die Grünen machten deutlich, dass sie nicht viel vom Streit um das Rentenpake­t und den öffentlich vorgetrage­nen Forderunge­n ihrer Koalitions­partner in den Haushaltsv­erhandlung­en halten. „Kurz gesagt, verstehen wir den Streit um das Rentenpake­t nicht wirklich, denn es gibt ja eine Einigung“, sagte Wirtschaft­sminister Robert Habeck am Montagmorg­en beim Auftakt der Grünen zum Europawahl­kampf in Berlin. Es sei der gemeinsame Wille, das Rentennive­au bei 48 Prozent zu stabilisie­ren. Und es sei der Wunsch der FDP gewesen, darüber eine Gegenfinan­zierung zu schaffen, über Beteiligun­g des Staates an Aktien. Das könne man jetzt „abschließe­n und durchziehe­n“, sagte Habeck.

Grünen-Chefin Ricarda Lang frotzelte, es habe „in den letzten Wochen sehr viele Punkte-Pläne von verschiede­nen Koalitions­partnern“gegeben. Die Grünen hätten sich „ganz klar entschiede­n, zu sagen, die Haushaltsv­erhandlung­en, die führen wir nicht auf Pressekonf­erenzen, sondern die führen wir am Kabinettst­isch, die führen wir hinter verschloss­enen Türen“, so Lang. Auch inhaltlich machten die Grünen deutlich, bei den Forderunge­n der FDP nicht mitzugehen. „Einen Sparhausha­lt auf dem Rücken von langjährig­en Beschäftig­ten oder armen Menschen, zu Lasten des Klimaschut­zes, der demokratis­chen Infrastruk­tur oder unserer internatio­nalen Verantwort­ung wird die Bundesregi­erung sicher nicht beschließe­n“, sagte haushaltsp­olitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Sven-Christian Kindler.

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