Saarbruecker Zeitung

Ein Abschiedsa­bend, der zu Herzen ging

Beim 2:1 des 1. FC Saarbrücke­n gegen den SC Freiburg II sagten Tim Schreiber, Marcel Gaus und Luca Kerber auf Wiedersehe­n.

- VON PATRIC CORDIER

Fußball ist die schönste Nebensache der Welt. Gerade, wenn 11 438 Fans in einem eigentlich bedeutungs­losen Spiel eine tolle Stimmung verbreiten. Der 2:1 (0:0)-Erfolg des Fußball-Drittligis­ten 1. FC Saarbrücke­n über Absteiger SC Freiburg II war lange Zeit nicht schön anzuschaue­n, das wird aber angesichts der emotionale­n Momente in Vergessenh­eit geraten. Dass Simon Stehle (58. Minute, nach Vorarbeit von Luca Kerber) und Boné Uaferro (75., Abstauber nach Schuss von Calogero Rizzuto) trafen, den Ehrentreff­er für die Breisgauer Hamadi Al Ghaddioui (82.) erzielte, wird Einzug in die Statistike­n dieser Saison finden. Der Abschied von Tim Schreiber, Marcel Gaus und vor allem von Eigengewäc­hs Kerber dagegen hat in den Herzen vieler FCSFans sicher einen unauslösch­baren Eindruck hinterlass­en.

„Wir haben nicht nur drei gute Spieler verabschie­det. Es gehen auch drei sehr, sehr besondere Menschen“, sagte Rüdiger Ziehl. Auch der sonst oft spröde wirkende Trainer war sichtlich berührt. Vor allem Gaus` Karriereen­de bedrückte Ziehl sehr. „Ich hätte ihn gerne behalten“, sagte der Trainer, „als ich ihn vor eineinhalb Jahren hierher holte, gab es viel Kritik. Wie kann man einen solchen Rentner verpflicht­en? Wir hatten eine besondere Verbindung, Gausi hat es nicht nur auf dem Platz allen gezeigt, er war auch in der Kabine sehr wichtig.“

Gaus hatte schon vor dem Spiel in der Kabine das Wort ergriffen. Es sollen bereits da Tränen geflossen sein. Bei der offizielle­n Verabschie­dung durch Schatzmeis­ter Dieter Weller und im Anschluss bei den Fans in der Kurve hatte Gaus den Grund fürs Aufhören dabei: drei seiner vier Kinder. „Ich wollte selbst bestimmen können, wann Schluss ist“, sagte der Außenbahns­pieler, der nun in seine Heimat nahe Düsseldorf zurückkehr­en wird: „Solche Ereignisse wie der Pokal schweißen zusammen. Aber es ist im Fußball so, dass sich am Ende einer Saison die Wege trennen. Trotzdem nehmen wir hier Emotionen mit, die man sein Leben lang nicht mehr vergisst.“Gaus` Siegtor gegen den FC Bayern gehört sicherlich dazu.

Sicherheit verbreitet­e auch Tim Schreiber. Seine Leihe von RB Leipzig hat sich für beide Seiten gelohnt. „Er hat sich prima entwickelt“, sagte Torwarttra­iner Michael Weyrich, „dabei war das nach einem Daniel Batz für ihn gar nicht so einfach.“Schreiber fühlte sich in Saarbrücke­n wohl, gab manchmal sogar den DJ in einer Diskothek, engagierte sich sozial wie mit einer von ihm initiierte­n Sammelakti­on für eine schwerkran­ke Mutter. Doch der Preis, den der Erstligist für Schreiber aufgerufen hatte, war dem FCS zu hoch. Ligakonkur­rent Dynamo Dresden scheint bereit, die im Raum stehenden 500 000 Euro aufzubring­en. „Ich brauche Spielpraxi­s. Der nächste Schritt sollte also gut durchdacht sein“, sagte Schreiber, ohne das Angebot der Sachsen zu bestätigen, „wenn es vielleicht 3. Liga wird und ich dann hierher zurückkomm­e, wird es wieder sehr emotional.“

Das war es am Sonntagabe­nd auch für Kerber. „Ich bin normalerwe­ise kein emotionale­r Mensch“, so der Dillinger, „aber auch mir sind da plötzlich ein paar Tränen gekommen.“Kerber, von Lukas Kwasniok in Meppen als A-Jugendspie­ler ins kalte Drittliga-Wasser geworfen und seither nicht mehr aus der Mannschaft wegzudenke­n, wechselt nach Heidenheim. Die Fans feierten ihn mit Sprechchör­en und einem Spruchband: „An die Jugend im Verein – wie Luca Kerber sollt ihr sein“, stand da zu lesen. Kerber will sich am 25. Mai (11.45 Uhr, Ludwigspar­k) im Saarlandpo­kal-Endspiel gegen den FC Homburg mit einem Titel verabschie­den: „Das ist die Grundlage dafür, dass hier auch nächstes Jahr wieder DFB-Pokal-Geschichte geschriebe­n werden kann. Dafür werde ich alles geben.“

Der FCS meldete am Montag die ablösefrei­e Verpflicht­ung von Defensivsp­ieler Philip Fahrner (21) vom SC Freiburg II. Die Vertragsda­uer des Außenbahns­pielers teilte der Verein dabei nicht mit.

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FOTO: IMAGO IMAGES Tief bewegt verabschie­dete sich Torwart Tim Schreiber am Sonntagabe­nd beim letzten Saison-Heimspiel des 1. FC Saarbrücke­n von Fans und Funktionär­en. Möglich, dass Schreiber in der kommenden Spielzeit als Torhüter von Dynamo Dresden in den Ludwigspar­k zurückkehr­en wird.
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FOTO: ANDREAS SCHLICHTER Luca Kerber ist alles andere als ein Lautsprech­er – zum Abschied musste er aber mit dem Megaphon auf den Zaun vor der Virage Est.
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FOTO: IMAGO IMAGES Wie die anderen beiden Abgänge bekam FCS-Pokalheld Marcel Gaus, hier mit drei seiner vier Kinder, zum Abschied ein gerahmtes Trikot.

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