Püttlingen muss „Gnadengesuch“stellen
Ausgeglichener Haushalt in weiter Ferne: Die Stadt verstößt – gezwungenermaßen – gegen das Saarlandpaktgesetz.
Die Stadt Püttlingen ist jetzt eine „Notlagenkommune“. Immerhin eine positive Sache kann man dem Püttlinger Haushalt 2024 abgewinnen: Die im Stadtrat verbliebenen Parteien zeigten sich am Dienstagabend in schwierigen Zeiten und trotz anstehender Kommunalwahlen geschlossen und verabschiedeten den Haushalt einstimmig. Schon im Vorfeld waren einmütig vier Änderungsvorschläge der CDU eingearbeitet worden.
Was allerdings die Püttlinger Finanzen selbst betrifft: Wäre die Stadt ein Unternehmen, müsste sie Insolvenz anmelden. Es ist nicht einmal sicher, ob der Haushalt überhaupt genehmigt wird. Genehmigungsfähig ist er jedenfalls nicht, allerdings kann das Innenministerium einer Art Gnadengesuch der Stadt zustimmen. Kirkel hat, laut Pressestelle des Innenministeriums, bereits einen entsprechenden Antrag eingereicht, Ensdorf hat einen Antrag in der Vorprüfung. Weitere Kommunen dürften folgen.
Im geplanten Ergebnishaushalt 2024 der Stadt Püttlingen fehlen gut 5,4 Millionen Euro, um die erwarteten Ausgaben von 39,2 Millionen Euro zu decken. Entscheidend ist dabei der Anteil des Fehlbetrags, der als „strukturelles Defizit“angesehen wird: knapp 3,2 Millionen Euro. Auch diese Zahl schlägt zwar, durch bestimmte Berechnungsgrundlagen, nicht komplett zu Buche, aber letztendlich fehlen der Stadt selbst dann noch gut 2,24 Millionen Euro, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Das Saarlandpakt-Gesetz besagt jedoch, dass die Kommunen ab diesem Jahr zwingend einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen müssen. Das wäre Püttlingen vermutlich sogar gelungen – hätte die Stadt nicht das selbe Problem wie die meisten Kommunen: die Ausgaben sind, in weiten Teilen unvermeidbar, drastisch gestiegen.
Während also nun der Haushalt der Kommunalaufsicht eingereicht wird, geht damit diesmal auch der nach dem Saarlandpakt-Gesetz mögliche Antrag einher, den Haushalt unter dem Vorbehalt zu genehmigen, dass die Stadt das „Defizit“innerhalb von fünf Jahren ausgleicht. Wie das jedoch gelingen soll, steht in den Sternen.
Entsprechend der katastrophalen Finanzlage fiel auch die nichts beschönigende Haushaltsrede von Bürgermeisterin Denise Klein (SPD) aus. Bei den Kostensteigerungen griff sie heraus: „Allein der für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dringend nötige und völlig verdiente
Tarifabschluss und die zusätzlichen Fachkräfte, die wir für den Ausbau unserer Kitas brauchen, sorgt für rund 2,1 Millionen Euro Mehraufwand ab 2024.“Zudem ist die Regionalverbandsumlage für Püttlingen im Vergleich zu 2022 um 1,38 Millionen Euro gestiegen – nur diese beiden Kostensteigerungen überschreiten schon die Summe, die Püttlingen zu einem ausgeglichenen Haushalt fehlt. Hinzu kommen weitere Kostenfaktoren: Rechtsanspruch auf Kita-Plätze, Digitalisierung, Sicherheitssysteme gegen Cyberangriffe, das Unterbringen
von Flüchtlingen und einiges mehr.
Nur ein Abbau der strukturellen Unterfinanzierung könne wirklich helfen, jedoch, so Denise Klein: „Beim Bund, der laut unserem Grundgesetz die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in den Ländern sicherstellen muss, sind aber keinerlei Aktivitäten erkennbar, um dieser Unterfinanzierung entgegenzutreten. Im Gegenteil: Man schließt die Augen und überlässt die Städte und Gemeinden ihrem Schicksal“, überträgt ihnen zudem schwierige und teure Aufgaben, was die Kommunen in eine dramatische Situation ge
bracht habe. Auch die unangenehmen Entscheidungen wie Leistungskürzungen und Steuererhöhungen blieben der ehrenamtlichen Kommunalpolitik überlassen, was es nicht verwunderlich mache, dass es immer weniger Menschen gebe, die sich in der Kommunalpolitik engagieren. Das alles trage auch dazu bei, dass „überall politische Kräfte auftauchen, die nur darauf warten, dass sich die Lage weiter zuspitzt ... die mit den vermeintlich einfachen, aber immer falschen Antworten.“
Zudem dürfe man sich nichts vormachen: Über das Kürzen freiwilliger Leistungen der Stadt und über Steuererhöhungen müsse gesprochen werden. Allerdings hat sich der Stadtrat diesmal weder zu einer Erhöhung der Gewerbe- noch der Grundsteuer durchringen können, obwohl beide in Püttlingen vergleichsweise moderat sind.
Die CDU-Fraktionsvorsitzende Michelle Hubertus erklärte, schon 2023 dachte man, die Situation sei verfahren, „doch dieses Jahr scheint sie aussichtslos“. Dennoch dürfe man die Kosten nicht bei allen freiwilligen Ausgaben senken, so müsse etwa der Trimmtreff erhalten bleiben. Zudem mahnte sie, mit Blick auf Einnahmen und steigende Baukosten, mehr Tempo beim geplanten Gewerbegebiet an, zudem fehlten Bauplätze für private Bauherren.
Für Reinhold Schmitt (SPD) war es die letzte Haushaltsrede, da er Platz für Jüngere macht und nicht mehr zur Wahl antritt. Er schilderte, dass schon in seiner ersten Haushaltsrede 2005 der Begriff „Pleite“vorkam, was aber kein Vergleich zu heute gewesen sei. Der Saarlandpakt habe zwar durchaus den Kommunen auch etwas gebracht, doch mit Blick auf Details sei er „gut gemeint, aber schlecht gemacht“.
Martina Gillet (Grüne) hob als positiv im Haushalt hervor, dass er etwa Investitionen für die Kitas, energiesparende Beleuchtung und „dringend notwendige“Straßensanierungen enthalte, weniger erfreut zeigte sie sich über die Erschließungskosten für das Gewerbegebiet Breitwies, die bei 4,2 Millionen Euro lägen, während andererseits Baugrundstücke für Wohnhäuser fehlten. Astrid Schramm (fraktionslos, ehemals Linke-Landeschefin, jetzt Co-Landesvorsitzende im Bündnis Sahra Wagenknecht) wünschte sich mit Blick auf die kommunale Finanzkrise: „Bundes- und Landespolitiker sollten sich mal in Stadtoder Gemeinderäte setzen.“