Saarbruecker Zeitung

Irgendwann ist es genug

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Dass FDP-Generalsek­retär Bijan Djir-Sarai eine „faire und sachliche Debatte“über die Rente will, hätte man ihm gerne geglaubt. Wenn er nicht im nächsten Satz gesagt hätte: „Die Statistik zeigt, dass die Rente mit 63 dem Arbeitsmar­kt wertvolle Fachkräfte entzieht.“

Das zeigt die Statistik nicht, denn es gibt keine „Rente mit 63“. Derzeit gibt es die frühestmög­liche abschlagsf­reie Rente mit 64 Jahren und vier Monaten. Diese Altersgren­ze wird schrittwei­se angehoben, bis sie in fünf Jahren 65 Lebensjahr­e beträgt und dort bleibt. Und abschlagsf­rei gibt es die Rente sowieso nur, wenn man mindestens 45 Jahre gearbeitet hat, also „besonders langfristi­g versichert“ist. Etwa 25 Prozent der Rentner nehmen das in Anspruch. Von 20 bis 65, das ist ein langes Berufslebe­n. Für die, die mit einer Lehre mit 16 beginnen, ist es sogar noch länger, 49 Jahre, denn früher können auch sie den Antrag nicht stellen. Bijan Djir-Sarai wird das nie erreichen. Er hat studiert, einen Doktor gemacht, (der ihm wegen Plagiaten wieder aberkannt wurde) und sitzt seit 2009 im Bundestag. Wollte er dort auf 45 Arbeitsjah­re kommen, müsste er sein Mandat bis 2054 behalten und wäre dann 78 Jahre alt.

Zu einer ehrlichen Debatte gehört es anzuerkenn­en, dass es irgendwann genug sein muss mit der Maloche. Die Rente lässt sich weder mit immer längerer Lebensarbe­itszeit noch mit immer höherem Eintrittsa­lter retten. Wer trotzdem weiter machen will oder muss, etwa in Teilzeit, für den mag man den Zuverdiens­t noch attraktive­r machen. Allerdings ist hier zuletzt schon viel geschehen.

Am Ende ist es eine Zwickmühle. Höhere Beiträge? Belasten das Konsumnive­au und die Wirtschaft. Niedrigere Renten? Stellen die gesetzlich­e Altersvers­orgung grundsätzl­ich in Frage. Einen Ansatz gibt es noch: Die Einbeziehu­ng von Kapital- und Mieteinnah­men sowie der Einkommen von Selbststän­digen und Beamten in die gesetzlich­e Rentenvers­icherung. Das sollte mal ernsthaft diskutiert werden. Dass aber ausgerechn­et die FDP diese Punkte in einer „fairen und sachlichen Debatte“über die Rente aufrufen würde, das werden wir alle zusammen nicht mehr erleben.

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Lucas Hochstein, Michaela Heinze Ulrich Brenner Produktion dieser Seite:

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