Grüne zur Union: „Sie sind eine Gefahr für Muslime“
Die Hamburger Islamisten-Demo erreicht Berlin. Die Debatte zum Union-Antrag gegen den politischen Islam zeigen, wie groß der Abstand zu den Grünen ist.
Lamya Kaddor, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, bringt auch Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) auf die Palme. Kaddor steht längst nicht mehr am Rednerpult, doch Merz ruft weiter empört in ihre Richtung. Die Grüne hat in der Debatte über die „Bekämpfung des politischen Islams“sozusagen den Spieß umgedreht – Kaddor beendet ihre Rede mit dem besonders provokanten Satz: „Sie sind eine Gefahr für Muslime.“Gemeint sind CDU/ CSU. Im Bundestag zeigt sich mal wieder, wie weit die Welten von Union und Grünen auseinanderliegen.
Die Demonstration von Islamisten in Hamburg, die Forderung nach der Errichtung eines Kalifats in Deutschland erreicht am Freitag das Parlament. Was dagegen tun? Merz und seine Fraktion haben einen 14-Punkte-Plan eingebracht, er soll einer der harten Hand sein. Wer also künftig in Deutschland „im Wege der Forderung eines islamistischen Gottesstaates“zur Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aufruft, soll sich strafbar machen – und Menschen mit zwei Staatsangehörigkeiten, die dies tun, sollen die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren. Asylbewerbern will die Union dann einen Aufenthaltstitel verweigern und Islamisten die Hilfszahlungen streichen. Darüber hinaus sollen Organisationen, die einen islamistischen Gottesstaat anstreben, verboten werden.
Unions-Innenexperte Alexander Throm erklärt, es gebe eine massive Ausweitung des politischen Islams, der zu einer immer größeren Gefahr werde. Tausende seien auf die Straße gegangen und hätten ein Kalifat gefordert. „Tausende, die von unserem Wohlfahrtsstaat verwöhnt sind“, ruft Throm. Auch in den sozialen Netzwerken wie TikTok hätten Islamisten Millionen Follower, „keine Gegenwehr, keine Gegenerzählung dieser Bundesregierung“, kritisiert der CDU-Mann.
Daniel Baldy, SPD-Innenexperte, hält dagegen: „Die meisten Muslime, die in Deutschland leben, die lehnen das, was in Hamburg und anderen Städten passiert ist, ab.“Baldy spricht von „Idioten und Schwachsinn“. Der SPD-Mann weist zugleich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2007 hin, wonach Kritik an der freiheitlich-demokratischen Grundordnung erlaubt sei. „Diese Kritik in Hamburg muss uns nicht gefallen, aber wir können sie nicht verbieten.“Auch sei man nicht handlungsunfähig – es gebe Beschränkungen und Auflagen für solche Versammlungen. Der Union reicht das aber nicht.
Die Grüne Lamya Kaddor fährt dann den Generalangriff gegen die Opposition. Sie riskiere den Zusammenhalt und bediene das Vorurteil, „dass alle Musliminnen und Muslime zunächst einmal unfriedlich seien und nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stünden“. Das sei nicht die Realität. „Mehr als 80 Prozent der Muslime in Deutschland halten die Demokratie für die bessere Staatsform.“
Kaddor weiter: Die Union stelle in ihrem Antrag „ein Kalifat mit einem Terrorstaat gleich“. In Hessen habe die CDU-geführte Landesregierung 2013 aber eine Muslimgemeinde mit einem Kalifen als geistliches Oberhaupt zur Körperschaft des öffentlichen Rechts gemacht. Sie wirft der Union daher „Halbwissen“und „Unstimmigkeiten“vor. Kaddor betont aber auch: Wer in einem Kalifat leben wolle, der könne nach Afghanistan, nach Syrien oder zum IS gehen, „aber hier ist kein Platz für ein Kalifat“. CDU-Mann Christoph de Vries wirft ihr danach „Verharmlosung“vor.
Der Antrag wird am Ende an die Ausschüsse überwiesen. Die Gräben zwischen Union und Grüne bleiben aber auch beim Umgang mit dem politischen Islam tief.