Die Crossover-Könige „Dog Eat Dog“halten Hof im Kleinen Klub
Der Klub proppevoll, die Zuhörer kurz vor dem Hörsturz – altersmilde zeigt sich die Band aus New Jersey keineswegs. Es wurde ein „ super“Konzert-Abend.
„Le roi est mort, vive le roi.“Bis 1824 wurde mit der Heroldsformel in Frankreich der Tod des alten Königs bekannt gegeben – und gleichzeitig der neue ausgerufen. Genau zweihundert Jahre später ist den Besuchern in der Saarbrücker Garage klar, wer an diesem Abend der alte und wer der neue König ist. Dennoch lässt es sich John Connor, Frontmann und Sänger von „Dog Eat Dog“, nicht nehmen, genau diese Frage zu stellen. Die Frage, auf die das Publikum sehnsüchtig gewartet hat, um sie lauthals, frenetisch und mit ausgetreckten Armen endlich mitskandieren zu können.
„Who's the King?“, hallt es aus vereinten Kehlen im proppevollen Kleinen Klub. Connor huscht ein spitzbübisches Lächeln übers Gesicht. Nicht nur ihm rinnen die Schweißperlen über die Stirn. Brandon Finley knüppelt hochkonzentriert die Drums, während Roger Haemmerli an der E-Gitarre und Dave Neabore wild transpirierend und mit vollem Körpereinsatz in die Saiten hauen – über allem die sich wiederholende flehentliche Melodie des Saxophons. Die verleiht nämlich „Who's the King?“den unverwechselbaren Charakter, der Dog Eat Dog 1994 den internationalen Durchbruch bescherte.
Verwechslungsgefahr? Etwa mit anderen Bands aus der Ära der Neunziger? Bands wie Faith no More, Ramones, Misfits, Suicidal Tendencies, Biohazard oder Clawfinger, die auf den T-Shirts der – man darf es sagen – zumeist älteren Besuchern ebenfalls konserviert sind? Ausgeschlossen.
Die Musik von Dog Eat Dog war und ist wahrhaftig einzigartig sowie schwierig zu fassen: Saxophon trifft auf bleischweren, verzerrten Gitarren- und Basssound, dem der rappende Sänger und das Schlagzeug knüppelhart den Garaus machen. Stilistisch irgendwo zwischen Hardcore-Punk, Heavy Metal und Hip-Hop. Gesellschaftskritisch konnotiert, versteht sich.
In den Neunzigern war das neu. Mit „All Boro Kings“, ihrem 1994 bei Roadrunner Records erschienenen, ersten Studioalbum, schrieben sie ein Stück Musikgeschichte und haben sich weltweit in die Herzen und Ohren ihrer Fans gespielt. Dog Eat Dog gelten als die Pioniere des Crossovers. Obwohl es in den letzten Jahren um die aus New Jersey stammende Band eher ruhig geworden ist, sollte man sie keineswegs abschreiben, wie das Konzert – und auch die Stücke vom aktuellen Album „Free Radicals“(2023) – eindrucksvoll beweisen. Dass gleich drei Originalmitglieder auf der Bühne stehen, ist ein Fest für alle Anwesenden.
Von Altersmüdigkeit und Altersmilde keine Spur. Man habe sich in der Sauna im Calypso und mit „German Bier“erholt, erzählt Connor, bevor er ernst wird: „Die Situation in den USA und in der Welt ist ziemlich scheiße und wir müssen zusammenhalten“, schwört er die Gemeinde ein, bevor er zu „No Fronts“wie ein Derwisch das Handtuch schwingend über die Bühne fegt. Der Sound ist leider nicht gut abgemischt. Und einen gewaltigen Tacken zu laut. Auch bei „Sonic
Circus“, der Illinger Grungeband mit dem dreckigen Seattle-Sound. Um dem nicht unwahrscheinlichen Gehörsturz proaktiv vorzubeugen, spenden die umsichtigen Besucher ihren Ohren ein bisschen Frieden.
So auch Besucherin Manuela Maas-Kreutz, die mit ihrem Mann Tommi gekommen ist. Manuelas Schwester schenkte den beiden passionierten Konzertbesuchern die Karten zum Geburtstag. „Der Abend war unerwartet super. Die Typen sind sehr authentisch und extrem sympathisch. Sie verbreiteten von Anfang an eine gute Stimmung und es war auch musikalisch gut“, findet sie. Ihr Mann Tommi ergänzt: „Die haben wirklich Gas gegeben. Nonstop. Nach dem Konzert haben sie sich am MerchStand Zeit für ihre Fans genommen und Fotos gemacht – auch mit uns.“Es hätten zwar gut und gerne zwei drei mehr Zugaben sein können, aber schön (laut) war es allemal.