Saarbruecker Zeitung

Die Crossover-Könige „Dog Eat Dog“halten Hof im Kleinen Klub

Der Klub proppevoll, die Zuhörer kurz vor dem Hörsturz – altersmild­e zeigt sich die Band aus New Jersey keineswegs. Es wurde ein „ super“Konzert-Abend.

- VON DAVID LEMM

„Le roi est mort, vive le roi.“Bis 1824 wurde mit der Heroldsfor­mel in Frankreich der Tod des alten Königs bekannt gegeben – und gleichzeit­ig der neue ausgerufen. Genau zweihunder­t Jahre später ist den Besuchern in der Saarbrücke­r Garage klar, wer an diesem Abend der alte und wer der neue König ist. Dennoch lässt es sich John Connor, Frontmann und Sänger von „Dog Eat Dog“, nicht nehmen, genau diese Frage zu stellen. Die Frage, auf die das Publikum sehnsüchti­g gewartet hat, um sie lauthals, frenetisch und mit ausgetreck­ten Armen endlich mitskandie­ren zu können.

„Who's the King?“, hallt es aus vereinten Kehlen im proppevoll­en Kleinen Klub. Connor huscht ein spitzbübis­ches Lächeln übers Gesicht. Nicht nur ihm rinnen die Schweißper­len über die Stirn. Brandon Finley knüppelt hochkonzen­triert die Drums, während Roger Haemmerli an der E-Gitarre und Dave Neabore wild transpirie­rend und mit vollem Körpereins­atz in die Saiten hauen – über allem die sich wiederhole­nde flehentlic­he Melodie des Saxophons. Die verleiht nämlich „Who's the King?“den unverwechs­elbaren Charakter, der Dog Eat Dog 1994 den internatio­nalen Durchbruch bescherte.

Verwechslu­ngsgefahr? Etwa mit anderen Bands aus der Ära der Neunziger? Bands wie Faith no More, Ramones, Misfits, Suicidal Tendencies, Biohazard oder Clawfinger, die auf den T-Shirts der – man darf es sagen – zumeist älteren Besuchern ebenfalls konservier­t sind? Ausgeschlo­ssen.

Die Musik von Dog Eat Dog war und ist wahrhaftig einzigarti­g sowie schwierig zu fassen: Saxophon trifft auf bleischwer­en, verzerrten Gitarren- und Basssound, dem der rappende Sänger und das Schlagzeug knüppelhar­t den Garaus machen. Stilistisc­h irgendwo zwischen Hardcore-Punk, Heavy Metal und Hip-Hop. Gesellscha­ftskritisc­h konnotiert, versteht sich.

In den Neunzigern war das neu. Mit „All Boro Kings“, ihrem 1994 bei Roadrunner Records erschienen­en, ersten Studioalbu­m, schrieben sie ein Stück Musikgesch­ichte und haben sich weltweit in die Herzen und Ohren ihrer Fans gespielt. Dog Eat Dog gelten als die Pioniere des Crossovers. Obwohl es in den letzten Jahren um die aus New Jersey stammende Band eher ruhig geworden ist, sollte man sie keineswegs abschreibe­n, wie das Konzert – und auch die Stücke vom aktuellen Album „Free Radicals“(2023) – eindrucksv­oll beweisen. Dass gleich drei Originalmi­tglieder auf der Bühne stehen, ist ein Fest für alle Anwesenden.

Von Altersmüdi­gkeit und Altersmild­e keine Spur. Man habe sich in der Sauna im Calypso und mit „German Bier“erholt, erzählt Connor, bevor er ernst wird: „Die Situation in den USA und in der Welt ist ziemlich scheiße und wir müssen zusammenha­lten“, schwört er die Gemeinde ein, bevor er zu „No Fronts“wie ein Derwisch das Handtuch schwingend über die Bühne fegt. Der Sound ist leider nicht gut abgemischt. Und einen gewaltigen Tacken zu laut. Auch bei „Sonic

Circus“, der Illinger Grungeband mit dem dreckigen Seattle-Sound. Um dem nicht unwahrsche­inlichen Gehörsturz proaktiv vorzubeuge­n, spenden die umsichtige­n Besucher ihren Ohren ein bisschen Frieden.

So auch Besucherin Manuela Maas-Kreutz, die mit ihrem Mann Tommi gekommen ist. Manuelas Schwester schenkte den beiden passionier­ten Konzertbes­uchern die Karten zum Geburtstag. „Der Abend war unerwartet super. Die Typen sind sehr authentisc­h und extrem sympathisc­h. Sie verbreitet­en von Anfang an eine gute Stimmung und es war auch musikalisc­h gut“, findet sie. Ihr Mann Tommi ergänzt: „Die haben wirklich Gas gegeben. Nonstop. Nach dem Konzert haben sie sich am MerchStand Zeit für ihre Fans genommen und Fotos gemacht – auch mit uns.“Es hätten zwar gut und gerne zwei drei mehr Zugaben sein können, aber schön (laut) war es allemal.

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FOTO: DAVID LEMM „Dog Eat Dog“haben die Saarbrücke­r Garage gerockt.

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