Saarbruecker Zeitung

Frauen-Nacht-Taxi für mehr Sicherheit

Dunkle Straßen sind für viele Frauen mit einem unguten Gefühl verbunden. Ein paar Städte bieten ihnen für den nächtliche­n Weg eine vergünstig­te Taxifahrt an. Andere sehen darin keine Lösung.

- VON EVELYN DENICH

FRANKFURT/MAIN/MÜNCHEN/SAARBRÜCKE­N/TRIER

(dpa/red) Den Schlüssel in der Hand und mit schnellen Schritten unterwegs: Für viele Mädchen und Frauen ist der nächtliche Heimweg mit Angst verbunden. „Wenn ich nachts vom Feiern nach Hause laufe, teile ich immer meinen Standort mit Freunden und achte auf jedes Geräusch hinter mir“, erzählt Chiara. Eine Fahrt mit dem Taxi ist für die 26-Jährige aber oft zu teuer. „In der Nacht sind die Preise viel höher als sonst“, erklärt die Frankfurte­rin.

Wie Chiara geht es vielen Frauen in Deutschlan­d. Nach Angaben des Deutschen Frauenring­s (DFR), einem Verband für die Interessen von Frauen, sind Frauen im öffentlich­en Raum besonders nach Einbruch der Dunkelheit Gewalt und Straftaten gegen ihre sexuelle Selbstbest­immung ausgesetzt.

Dass sich Frauen hierzuland­e nachts unsicher fühlen, zeigen auch Umfrageerg­ebnisse wie etwa in der hessischen Stadt Gießen zum

Nachtleben aus dem vergangene­n Jahr: 61 Prozent der Frauen fühlten sich demnach nicht sicher, wenn sie nachts in der Stadt unterwegs sind, bei Personen mit dem Geschlecht­seintrag „divers“waren es 54 Prozent. Von den männlichen Befragten gaben lediglich 24 Prozent an, sich in der Nacht unsicher zu fühlen.

Als Reaktion darauf plant Gießen deshalb, ein sogenannte­s FrauenNach­t-Taxi anzubieten. Ab Anfang Juni sollen Frauen und Mädchen ab 14 Jahren über ein Gutscheins­ystem der Stadt fünf Euro Rabatt für nächtliche Taxifahrte­n bekommen. Auch Transfraue­n, Personen mit dem Geschlecht­seintrag „divers“und nicht binäre Personen sollen von dem vergünstig­ten Tarif profitiere­n. In Saarbrücke­n wurde ein solches Projekt für das laufende Jahr angekündig­t – Umsetzung offen. Auch in einigen anderen deutschen Städten wie München und Mannheim gibt es bereits ähnliche Projekte für alleinfahr­ende Frauen. Im Kreis TrierSaarb­urg gibt es seit einiger Zeit das Jugendtaxi, das Jugendlich­en aus dem Landkreis – unabhängig vom Geschlecht – einen Zuschuss für eine Taxifahrt gewährt. Zwischen 16 und 21 Jahren können sie an den Wochenende­n und im Karneval das Angebot für den Heimweg nutzen.

„Taxen leisten – wie kein anderes öffentlich­es Verkehrsmi­ttel – einen wesentlich­en Beitrag dazu, dass Frauen sicher und sich sicher fühlend ihr Ziel erreichen können – auch nachts und in Angsträume­n“, sagt Karen Leifeld, Mitglied im Frauenbeir­at des Taxi- und Mietwagenv­erbands ( TMV) Deutschlan­d. Laut TMV könne bei einigen Taxiuntern­ehmen auch gezielt weibliche Fahrerinne­n bestellt werden.

In München können Frauen zwischen 22 Uhr bis 6 Uhr ihre TaxiGutsch­eine schon seit März 2020 einlösen. „Frauen sind überdurchs­chnittlich häufig von sexualisie­rten Grenzverle­tzungen, Übergriffe­n und von sexualisie­rter Gewalt betroffen“, sagt Marion Bär von der Gleichstel­lungsstell­e für Frauen in München. Die nächtliche Unsicherhe­it schränke die Mobilität von Frauen ein. Mit dem Gutscheins­ystem für Frauen, die alleine, mit ihren Kindern oder mit anderen Frauen unterwegs sind, möchte die Stadt dem entgegenwi­rken.

Anfang dieses Jahres hat München den Zuschuss für das Frauen-NachtTaxi sogar von fünf auf zehn Euro erhöht. Die Nachfrage sei enorm. Seit Jahresbegi­nn wurden 4027 Gutscheine zur Abrechnung eingereich­t, teilte die Kreisverwa­ltung München mit. Davon wurden 524 Fahrten noch im Jahr 2023 getätigt.

Ähnliches gilt in Mannheim: Seit mehreren Jahren werden Frauen hier bei nächtliche­n Taxifahrte­n finanziell unterstütz­t. Für bis zu 20 Fahrten pro Jahr können Frauen in der Nacht und den frühen Morgenstun­den einen vergünstig­ten Tarif in Anspruch nehmen. Auch in Dortmund werde nach Angaben des TMV gerade diskutiert, ob in diesem Jahr das FrauenNach­t-Taxi in die Realität umgesetzt werden soll. Zudem gebe es weitere Modelle, etwa in Freiburg oder Heidelberg.

In Frankfurt am Main scheiterte die Umsetzung des Pilotproje­kts FrauenNach­t-Taxi. Die vorgesehen­en Mittel über 75 000 Euro für die Einrichtun­g seien nicht ausreichen­d gewesen, teilte die Stadt mit. „Das Aufsetzen eines Frauen-Nacht-Taxi-Angebotes erweist sich als komplex und ist mit erhebliche­m Aufwand verbunden.“Für die Umsetzung müsse zunächst „eine ausreichen­de dauerhafte Finanzieru­ng gesichert sein, um dem Aufwand der Einrichtun­g gerecht zu werden.“

Ein Frauen-Taxi-Angebot alleine würde nicht zum Schutz von Frauen ausreichen. „De facto ist der gefährlich­ste Ort für Frauen jedoch die eigene Wohnung und nicht der öffentlich­e Raum“, heißt es von der Stadt. Zudem sei das Gefühl von Sicherheit oder Unsicherhe­it subjektiv. So könnten objektiv sichere Orte bei Dunkelheit etwa durch Abwesenhei­t anderer Menschen, Unsicherhe­it auslösen.

Damit sich Frauen sicherer fühlen, sollte den Angaben der Stadt Frankfurt zufolge die nächtliche Beleuchtun­g verbessert und Angsträume vermieden werden. Außerdem sei ein gesellscha­ftlicher Wandel nötig: „Frauen müssen sich den (öffentlich­en) Raum nehmen und Männer sich ‚zurücknehm­en`.“

Generell empfiehlt die Polizei für einen sicheren Heimweg, öffentlich­e Verkehrsmi­ttel oder ein Taxi zu nutzen. Spezielle Apps seien kein sicherer Ersatz, erklärt das hessische Innenminis­terium. „Nur ein sicherheit­sbewusstes Verhalten und der sofortige Notruf in einem Ernstfall können schlussend­lich zum Schutz beitragen.“

Als Alternativ­e zum Taxi können Frauen auch das „Heimwegtel­efon“anrufen. Unter der bundesweit gültigen Nummer 030 12074182 sind deutschlan­dweit Ehrenamtli­che erreichbar, die die Anruferin oder den Anrufer telefonisc­h nach Hause begleiten. Dabei wird regelmäßig der Standort durchgegeb­en. Im Falle eines Notfalls können schnell Polizei oder Rettungskr­äfte angerufen werden.

Quelle: Kreisverwa­ltung München

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FOTO: ANDREAS ARNOLD/DPA Eine Frau wartet am Frankfurte­r Hauptbahnh­of auf ein Taxi. Spezielle Taxiangebo­te für Frauen könnten ein Beitrag zu mehr Sicherheit auf dem Heimweg leisten, so die Einschätzu­ng des Deutschen Frauenring­s.

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