Fahrzeugautomatisierung mit saarländischer Technologie
Das Forschungsprojekt FASTer erforscht die Grundlagen der verschiedenen technologischen Aspekte
Auf den ersten Blick glaubt der Betrachter, ein ganz normales Auto mit Dachgepäckträger vor sich zu haben. Doch dann fallen verschiedene Auf- und Anbauten auf. Darin sind Sensoren untergebracht, die wesentliche Daten dafür liefern, dass das Auto seine Umgebung „erkennt“– und automatisiert fahren kann.
Immer wieder gibt es Nachrichten von automatisierten Autos, die wegen Unfällen nicht mehr fahren dürfen. Ingenieur Florian Petry, Informatiker in der Forschungsgruppe Verkehrstelematik (FGVT) an der htw saar, bleibt optimistisch: „Wir werden autonomes Fahren erleben. Vielleicht aber nicht so schnell in der Form, wie man es sich allgemein vorstellt.“
In der Halle der htw-saar-Außenstelle am Innovationscampus sieht es sehr nach Ingenieurskunst aus. Hier stehen zwei Kia Soul, die vollgepackt sind mit technischer Ausstattung. Unter der Leitung von Prof. Dr.- Ing. Hans-Werner Groh hatte die htw saar von Dezember 2019 bis September 2022 unter dem Projekttitel FAST – Fahrzeugautomatisierung mit saarländischer Technologie – einen Kia Soul technisch ausgerüstet, um einfache automatisierte Fahrmanöver im niedrigen Geschwindigkeitsbereich durchführen zu können. Es ging darum, die physikalischen und technologischen Grundlagen, die für eine erfolgreiche automatisierte Fahrleistung notwendig sind, zu erforschen und zu verstehen. Dies wird mit einem zweiten Kia Soul in der zweiten Projektphase unter dem Titel FASTer nun bis Oktober 2025 und unter dem besonderen Aspekt des Datenaustausches zwischen Fahrzeugen weitergeführt.
„Damit ein Auto selbstständig fährt, muss es alles, was sich in seiner Umgebung befindet und agiert, wahrnehmen und darauf reagieren können“, stellt Florian Petry klar. Also braucht es an erster Stelle eine Vielzahl verschiedener Instrumente und Sensoren, die das Umfeld in Echtzeit darstellen: Das sind u. a. mehrere Kameras, die Bilddaten liefern, Ultraschallsensoren für den Nahbereich und Radar (Radio direction and ranging) sowie LiDAR (Light Detection and Ranging) für unterschiedlich auflösende Entfernungsmessungen zwischen Objekten und Fahrzeug.
Dazu Petry: „Im Prinzip geht es darum, das Verhalten von Fahrern abzubilden, die durch Sehen, Erkennen, Re
agieren oder auch Zeichen geben mit den anderen Verkehrsteilnehmern Informationen austauschen.“Dies muss das Auto nun selbst übernehmen – man spricht dann von kooperativer Umfelderkennung: Das Auto registriert Daten und tauscht diese mit anderen Autos aus.
Systeme programmieren und trainieren – mit KI
So sind mehrere technische und physikalische Bereiche involviert: Fahrzeugtechnik, Sensorik, Regelungstechnik, Software, Datenübertragung und Künstliche Intelligenz. Gerade wegen seiner Kompetenz in der komplexen Thematik Künstliche Intelligenz ist das DFKI (Deutsches Forschungsinstitut für Künstliche Intelligenz) in Saarbrücken Forschungspartner im Projekt FASTer. Die KI unterstützt beim Verarbeiten der gesammelten Daten. Denn hier handelt es sich um kaum vorstellbar große Mengen an Daten. Diese sind u. a. notwendig, um die Algorithmen zu trainieren, die schließlich das Auto zuverlässig autonom agieren lassen. KI-Algorithmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie angelernt und trainiert werden können, um dann selbstständig durch neue Daten weitere Aktionen einzuleiten. Dazu werden Simulationsszenarien aufgebaut, die es erlauben, die Algorithmen in realistischen Umgebungen und in entsprechenden Fahrsituationen zu testen.
Die beiden ausgerüsteten Kia Soul sollen für den Erprobungsbetrieb auf einem Bereich öffentlicher Straßen zugelassen werden. Die Zulassung ist jedoch ein aufwendiges technisches und rechtliches Verfahren, denn auch beim autonomen Fahren muss es jemanden geben, der für das Handeln im Straßenverkehr verantwortlich ist, und das ist und bleibt ( vorerst) der Mensch. Deshalb ist das für die Zulassung wichtigste Ausstattungsmerkmal der rote NotAus-Knopf, der im Falle einer drohenden Gefahr alle Systeme vom Fahrzeug trennt und dem Menschen die Fahraufgabe übergibt.
Zurzeit fahren die beiden Testmodelle vor allem auf abgegrenztem Gelände mit nur geringen Geschwindigkeiten. Natürlich elektrisch – nicht nur aus Umweltgründen, sondern weil an diesen Autos der Zugang zur Steuerung verhältnismäßig einfach möglich war.
Die Arbeit der Projektgruppe FASTer an der htw saar, zu der auch Peter Gibson, Johannes Woll und Jan-Marco Berg gehören, unterscheidet sich übrigens grundlegend von dem, was die großen Automobilhersteller in ihren geheimen Hallen tun. Die kaufen Hardware und Software nach ihrem Bedarf ein und bündeln verschiedene Fahrassistenzsysteme zu einem Gesamtgefüge, das autonome Fahrmanöver zulässt, wie z. B. automatisches Einparken oder Dahingleiten im Strom auf der Autobahn. Das Projekt FASTer schafft dagegen Grundlagen, die die Zukunft des autonomen Fahrens vorbereiten und das dazugehörige Know-how bereitstellen.
Das Projekt FASTer wird aus EFRELandesmitteln finanziert.