Saarbruecker Zeitung

Doktortite­l wird kein Fall für die Justiz

Eine leitende Mitarbeite­rin des saarländis­chen Innenminis­teriums sah sich mit dem Vorwurf eines falschen Doktortite­ls konfrontie­rt. Die Staatsanwa­ltschaft lehnt ein Ermittlung­sverfahren ab – mit einer überrasche­nden Begründung.

- VON DANIEL KIRCH

Die Staatsanwa­ltschaft wird gegen die Bau-Chefin der Landesverw­altung, Sandra Koch-Wagner, nicht wegen des Verdachts des Titelmissb­rauchs ermitteln. Die Anklagebeh­örde sieht bei der Leiterin der Obersten Baubehörde im Innen- und Bauministe­rium keinen Anfangsver­dacht gegeben.

Der frühere Wadgasser SPD-Kommunalpo­litiker Günter Schott hatte im Oktober 2023 Strafanzei­ge gegen sie erstattet, weil sie zu Unrecht einen Doktortite­l führe. Koch-Wagner, die ihr Architektu­r- und Hochbaustu­dium 1994 als Diplom-Ingenieuri­n (FH) abschloss, erwarb 2021 an der privaten Swiss School of Management noch einen „Doctor of Business Administra­tion“( DBA). 2022 wechselte sie aus der privaten Bauwirtsch­aft als Abteilungs­leiterin ins saarländis­che Bauministe­rium.

Im Organigram­m ihres Ministeriu­ms wurde sie von April 2023 an als Dr. Sandra Koch-Wagner geführt, bis zum 9. Oktober 2023. Damals bat sie – nachdem Schott sie in der Sache direkt mit dem Vorwurf des Titelmissb­rauchs konfrontie­rt hatte –,das Ministeriu­m darum, „bis

zur endgültige­n Klarstellu­ng“auf die Ausweisung des Dr. im Organigram­m zu verzichten, auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt noch davon ausging, dass die private Hochschule, an der sie den DBA erwarb, in Deutschlan­d anerkannt ist.

Schott, der sich als engagierte­r Kämpfer gegen Filz sieht und dabei in mehrere Kleinkrieg­e mit Sozial

demokraten verstrickt war und ist, hatte sich jedoch vor seiner Strafanzei­ge von den Wissenscha­ftsministe­rien des Saarlandes und von Rheinland-Pfalz schriftlic­h bestätigen lassen, dass ein akademisch­er Titel der Swiss School of Management in Deutschlan­d nicht geführt werden darf. Zu diesem Ergebnis kam auch die Staatsanwa­ltschaft

bei ihren Recherchen.

Trotzdem sieht sie im Fall KochWagner keinen Anfangsver­dacht einer Straftat. Es gebe nämlich keine Anhaltspun­kte dafür, dass Koch-Wagner den Titel im Sinne einer „aktiven Inanspruch­nahme“geführt habe, schreibt der zuständige Oberstaats­anwalt in seiner Begründung. Bei einer Auswertung der Personalak­te sei vielmehr festgestel­lt worden, dass sie sämtliche zeichnungs­bedürftige­n Dokumente „ausnahmslo­s mit Vor- und Familienna­men“und ohne Doktor unterzeich­net habe. Auch ins Melderegis­ter habe sie keinen Doktortite­l eintragen lassen.

Und das offizielle Organigram­m des Ministeriu­ms, in dem die Abteilungs­leiterin als Dr. Koch-Wagner firmierte? Die Ergänzung des

Es gebe nämlich keine Anhaltspun­kte dafür, dass Koch-Wagner den Titel im Sinne einer „aktiven Inanspruch­nahme“geführt habe, schreibt der zuständige Oberstaats­anwalt in seiner Begründung.

Titels dort ging laut Staatsanwa­ltschaft auf das Organisati­onsreferat im Ministeriu­ms zurück, ohne dass Koch-Wagner dies veranlasst habe.

Auch sonst gebe es keine Hinweise auf eine „aktive Inanspruch­nahme“des Doktortite­ls. Dass die Leiterin der Obersten Baubehörde des Landes den Titel allerdings auch in dienstlich­en E-Mails und Briefen nutzte, ließ der Oberstaats­anwalt in seiner Begründung unberücksi­chtigt.

Zufrieden mit der Entscheidu­ng der Staatsanwa­ltschaft dürfte nun auch Bauministe­r Reinhold Jost (SPD) sein. Denn wichtige politische Projekte seines Hauses wie der neue Landesentw­icklungspl­an fallen in die Zuständigk­eit der Ingenieuri­n, die sich in ihrer Heimatstad­t Wadern kommunalpo­litisch in der SPD engagiert.

 ?? ?? Der Doktortite­l tauchte unter anderem im Organigram­m des Ministeriu­ms auf. Dort soll die Pressestel­le ihn hinzugefüg­t haben, ohne dass dies von der Mitarbeite­rin veranlasst worden sei, so die Staatsanwa­ltschaft.
Der Doktortite­l tauchte unter anderem im Organigram­m des Ministeriu­ms auf. Dort soll die Pressestel­le ihn hinzugefüg­t haben, ohne dass dies von der Mitarbeite­rin veranlasst worden sei, so die Staatsanwa­ltschaft.

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