Nach Unwetter: ein Hilferuf von der Rußhütte
Die Rußhütte ist einer der am schwersten vom Hochwasser getroffenen Stadtteile Saarbrückens. Besonders heftig hat es das Haus der Familie Duymel getroffen.
Das Hochwasser im Saarland hat enorme Schäden verursacht, viele Menschen schwer getroffen. Einige Rußhütter mussten teils mit Amphibienfahrzeugen und Booten evakuiert werden. Die Fischbachstraße war besonders schwer von den Überflutungen betroffen. Hier wohnt auch das Ehepaar Christoph Duymel und Nina Schaubitzer mit Tochter Polly (7) und Sohn Luuk (11).
Am Freitag war die Familie schon fast auf dem Weg nach Olpe, ins Kinderhospiz. Denn Luuk ist an Monosomie 1p36 erkrankt, sitzt im Rollstuhl. Die Symptomatik ist umfangreich, neben einem sechsfachen Herzfehler leidet er auch unter schwerer Skoliose, einer Hörschädigung, ist fast blind, kann nicht sitzen und nicht laufen, erzählt sein Vater. Deshalb fahren sie dreimal jährlich zur Entlastungspflege ins Sauerland.
„Die Koffer waren gepackt, wir wollten eigentlich Polly um halb eins von der Schule abholen und dann losfahren. Um 12 Uhr sagt die Nina: ‚Mensch, guck dir mal den Fischbach an, wie hoch der ist“, erinnert sich
Duymel. Und kurz darauf ging dann alles ganz schnell: „Man konnte zugucken, wie der Pegel gestiegen ist.“
Mutter Nina Schaubitzer holte die Tochter von der Schule ab. „Gut war, dass das Auto mit allen Sachen für Luuk schon gepackt war.“Irgendwann wurde dann evakuiert. Schaubitzer war zu diesem Zeitpunkt schon mit den Kindern unterwegs zu Verwandten in Schiffweiler, während Duymel zunächst noch im Haus versucht hat, den Schaden zu begrenzen.
Tochter Polly hat das am Freitag schwer verkraftet, erzählt ihr Vater rückblickend. „Der Sandkasten ist im Garten rumgeschwommen, da hat sie schon geweint.“Duymel stockt kurz. Es sei nicht zu ertragen für die Kinder. Was Luuk von dem Drama mitbekommen hat, sei schwierig zu sagen. Vermutlich aber nicht so viel – er habe recht entspannt gewirkt. „Ich selbst bin hier um fünf Uhr hier raus, da ist mir das Wasser schon in die Stiefel gelaufen“, erzählt er. Die Strömung war zu diesem Zeitpunkt schon so stark, dass er sich an Verkehrsschildern festhalten musste.
In dem Haus, in dem die Familie seit 10 Jahren lebt, stand das Wasser zwischenzeitlich knapp zwei Meter hoch, bis zur Kellerdecke. „Da konnte man durchschwimmen“, sagt Duymel. Der Wohnbereich ist nicht betroffen – „da liegen fünf Treppenstufen dazwischen, die haben uns gerettet.“
Trotzdem ist der Schaden vermutlich immens: Waschmaschine, Trockner und Kühltruhe sind hin. „Der Kühlschrank schwamm durch den Keller“, so Duymel noch immer fassungslos. Auch Ölheizung und Sicherungskasten waren komplett unter Wasser. „Das muss alles neu gemacht werden.“
Die Kinder sind mit ihrer Mutter noch bis Dienstag in Olpe. Polly muss dann wieder in die Schule. Duymel will schauen, ob sich der Aufenthalt für Luuk eventuell verlängern lässt. Denn als pflegende Angehörige stellt sie die Überschwemmung noch vor eine zusätzliche Hürde – im wahrsten Sinne des Wortes: Auch der Hublift, mit dem Luuk von der Garage in den Wohnbereich gelangt, stand unter Wasser. „Wir wissen noch nicht, ob der es überlebt hat“, sagt Duymel am Montag. „Dann wirds halt echt blöd: Barrierefreiheit ist für uns unerlässlich.“
Eine Elementarschadenversicherung hat die Familie nicht. Die genaue Schadenshöhe, die Auseinandersetzungen mit der Hausrat- und Gebäudeversicherung stehen noch aus. Mit Hilfe von Freunden ist Duymel seit Samstag dabei, aufzuräumen und alles von Schlammresten zu befreien. Eine Wand ist eingebrochen, Tapeten sind aufgeweicht, die
Haustür klemmt. „Wir haben ja auch immer noch keinen Strom“, sagt er. Morgen komme aber ein Elektriker. Wie teuer das alles wird? Schwer zu sagen.
Ein Freund der Familie aus Merzig hat deshalb am Sonntag spontan eine Spendenkampagne gestartet. Unter dem Titel „Unser Haus in Saarbrücken wurde überflutet...“sind über die Webseite „Go Fund me“innerhalb von 24 Stunden bereits über 4300 Euro zusammengekommen. „Krass“, sagt Christoph Duymel und klingt ein bisschen überwältigt. „Normalerweise ist so etwas nicht unser Ding. Aber wenn wir hier wirklich eine neue Heizung, einen neuen Lift und neue Elektrik brauchen, ist das schon viel Geld.“Sofern durch die Kampagne mehr zusammenkommen sollte, als der Familie an Schaden entstanden ist, wollen sie die Differenz für einen anderen guten Zweck spenden.
Er sei auch dankbar für die vielen Leute, die ihm vor Ort geholfen haben. Freunde, Nachbarn, die auf dem Berg wohnen, die Schuldirektorin von Polly – alle hätten Hilfe angeboten. „Die Solidarität hier in Saarbrücken, das muss man so sagen, ist der Hammer!“Auch, was die ZKE gestern gemacht habe, ergänzt er noch. Die hätten innerhalb kürzester Zeit Container aufgestellt, die komplette Straße von Schutt und Sperrmüll befreit.
In dem Haus, in dem die Familie seit zehn Jahren lebt, stand das Wasser zwischenzeitlich bis zur Kellerdecke knapp zwei Meter hoch.