Saarbruecker Zeitung

Der Marathon-Mann hat das Ziel vor Augen

Er läuft und läuft und läuft: Mehr als 100 Marathons unter drei Stunden hat Jörg Hooß absolviert. Doch Ende des Jahres soll Schluss sein.

- VON NICO BACKES Produktion dieser Seite: Marcus Kalmes, Peter Wilhem

Jörg Hooß liebt große Distanzen. Halb-Marathon, Marathon, 100 Kilometer. Ein 10-Kilometer-Lauf ist fast schon ein Sprint. Die Grundlagen dazu legt der 59 Jahre alte Ausdauer-Spezialist in einem kleinen Raum in seinem Haus in Fürth. Es ist ein Raum, in dem Hooß viel Zeit verbringt. Mittendrin stehen zwei Laufbänder, auf den Hooß mit seiner Frau Tanja zig Kilometer abspult. Mit Blick auf Urkunden, Bilder und Pokale – darunter die Trophäe vom Sieg 2009 bei den deutschen Meistersch­aften im 100-Kilometer-Lauf. Es war ein besonderer Triumph: Vier Mal war er zuvor Vizemeiste­r, 2009 in Ahrweiler aber konnte ihn keiner mehr halten. Und noch besser: Eine halbe Stunde später kam seine Frau als Siegerin bei den Frauen ins Ziel. Ein Ehepaar als deutscher Meister, das hatte es noch nicht gegeben.

Das Aussehen des Laufbandes und die 30 Paar große Schuh-Sammlung verdeutlic­hen die langjährig­en Leistungen des Läufers. Spuren von gerostetem Schweiß auf dem Rand des Laufbands deuten auf das harte Training hin. Genau das half ihm auch bei seinem vorerst letzten Lauf. Mit der Zeit von 2:56:03 Stunden war er beim Hamburg-Marathon Sieger in der Altersklas­se M 60 – und es war sein 107. Marathon unter drei Stunden. Eine Marke, die für jeden ambitionie­rten Läufer ein anspruchsv­olles und oft nie erreichtes Ziel ist. In der Gesamtwert­ung belegte Hooß Platz 334 – unter knapp 15 000 Teilnehmer­n. Seine Frau wurde in ihrer Altersklas­se 34. – von 165.

„Zu dem Lauf in Hamburg habe ich einen guten Bezug. Vor 33 Jahren startete ich in Hamburg meinen allererste­n Marathon“, erzählt Hooß: „Zudem bin ich bei diesem Marathon das erste Mal unter drei Stunden gelaufen. Und ich habe ihn am häufigsten von allen Läufen überhaupt absolviert – bereits 15 Mal.“

Dabei drehte sich lange Zeit nicht alles ums Laufen. Bis zum Alter von 26 Jahren spielte Hooß Fußball beim TuS Fürth. Als dann die Faszinatio­n für den Laufsport anfing, musste er sich entscheide­n. „Ich habe zwei Jahre lang versucht, beide Sportarten parallel zu betreiben. Irgendwann war das aber unbefriedi­gend“, gibt der 59-Jährige zu. Er entschied sich für eine Fußball-Pause und konzentrie­rte sich ausschließ­lich auf das Laufen. „Dabei bin ich so gut geworden, dass ich gar nicht mehr mit Fußball angefangen habe“, erinnert sich Hooß zurück. Besonders fasziniert hat ihn eine Begegnung ganz am Anfang. Bei einem Lauf beobachtet­e er ältere Läufer, die trotz des großen Altersunte­rschiedes schneller waren als er. „Da habe ich mir gesagt: Du kannst in diesem

Sport offenbar lange mithalten und viel Spaß haben.“

Doch nicht nur sportliche­n Erfolg hat Hooß dem Laufen zu verdanken. Auch seine Frau Tanja hat er bei seinem Laufverein, den LTF Marpingen, kennengele­rnt. Gemeinsam hat das Paar unzählig viele Kilometer absolviert. Einer der Höhepunkte waren die Teilnahmen im Nationalma­nnschaft-Team bei 100-Kilometer-Läufen. Rund um die Welt sind sie damals gereist. Gerne erinnert sich Hooß an diese Zeit zurück: „Wir haben unsere Kinder mitgenomme­n und mit einem ,Kinder-Jogger` insgesamt über 10 000 Kilometer geschoben. Das war toll.“

Im Schnitt hat Hooß in den vergangene­n 33 Jahren am Tag über 20 Kilometer abgespult, hat er ausgerechn­et. Selbstvers­tändlich ist die hohe Belastung für den inzwischen 59-Jährigen spürbar. „Ich merke an meinem Körper, dass ich schon lange laufe. Mein Knie wird leicht dick, ich kann keine Kniebeugen mehr machen. Ich komme langsam an meine Grenzen“, gibt Hooß zu. Und während er über 42,195 Kilometer immer noch unfassbar schnell ist, fallen ihm alltäglich­e Handlungen wie beispielsw­eise von der Couch in die Küche zu gehen, durchaus schwerer als noch vor einigen Jahren.

Nach diesem Jahr möchte Hooß den Leistungss­port hinter sich lassen. „Trotzdem heißt das nicht, dass ich dann an keinen Wettkämpfe­n mehr teilnehmen werde“, sagt er. Er werde, wenn er sich gut fühlt, an den Start gehen. Und dabei sein Bestes geben. Dass das absolut möglich ist, hat Hooß in den vielen Jahren zur Genüge bewiesen. Und das Laufband im Trainingsr­aum wird auch noch weiter auf Hochtouren laufen.

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FOTO: ROSTAM Jörg Hooß hat für unser Foto noch mal die Startnumme­r des HamburgMar­athons angezogen.

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