Saarbruecker Zeitung

Wie Lauterbach Hausärzten und Patienten helfen will

Der Bundesgesu­ndheitsmin­ister hat ein Gesetz durchs Kabinett gebracht, das unter anderem die Vergütung von Hausärzten neu regeln soll. Doch die Kritik ist groß.

- VON JAN DREBES Produktion dieser Seite: Vincent Bauer Markus Renz

Lange haben Hausärzte darauf gepocht, jetzt will Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) mit einem neuen Gesetz deren Arbeitsbed­ingungen verbessern und damit die medizinisc­he Versorgung vor Ort sichern. Konkret sollen für Hausärzte wie schon für Kinderärzt­e Obergrenze­n bei der Vergütung aufgehoben werden. Das sieht ein Gesetzentw­urf vor, den das Bundeskabi­nett am Mittwoch verabschie­det hat und der nun in den Bundestag geht.

Eingeführt werden soll unter anderem auch eine Jahrespaus­chale zur Behandlung chronisch kranker Patienten, die ständig Arzneimitt­el einnehmen müssen. Dies soll Praxisbesu­che nur zum Abholen von Rezepten vermeiden und insgesamt mehr Behandlung­sfreiräume schaffen. Zielsetzun­g der Pläne ist auch, angesichts einer weiteren Ruhestands­welle bei Hausärzten ein flächendec­kendes Praxisnetz aufrechtzu­erhalten.

„Unser Gesundheit­ssystem braucht eine Generalübe­rholung, um stark zu bleiben“, sagte Lauterbach am Mittwoch bei einer Pressekonf­erenz. Parallel zur Krankenhau­sreform sei die Reform der ambulanten Versorgung deswegen „zwingend notwendig“. Gleichzeit­ig soll der Zugang zu Arzttermin­en einfacher werden. Denn Patientinn­en und Patienten müssten künftig nicht mehr allein aus Abrechnung­sgründen jedes Quartal zum Arzt. Stattdesse­n würden Kapazitäte­n für akute Fälle frei. Lauterbach hofft auch darauf, dass es sich durch die wegfallend­en Honorarbud­gets für die Hausärzte wieder lohnt, mehr Patienten aufzunehme­n. Zudem will der SPD-Politiker mit der

Reform den Zugang von Kindern und Jugendlich­en zu Psychother­apie verbessern. Anträge auf solch' eine Therapie sollen zudem künftig einfacher und flexibler möglich sein.

Der Verband der Hausärzte begrüßt die Aufwertung. Krankenkas­sen und Patientens­chützer fordern indes Nachbesser­ungen. Mehr Geld für Hausärzte löse die Probleme nicht, erklärte die Deutsche Stiftung Patientens­chutz. „Auch hängt die Entscheidu­ng für eine Praxis im ländlichen Raum neben Verdienstm­öglichkeit­en von weiteren Standortfa­ktoren ab.“Auch der Verband der Ersatzkass­en warnt vor Fehlsteuer­ungen: Das Gesetz erhöhe vor allem die Attraktivi­tät der ärztlichen Betätigung in Ballungsrä­umen. Ländliche Regionen, die eine Stärkung brauchten, profitiert­en weit weniger. Die Kassen betonen zudem, dass das Gesetz zu Mehrbelast­ungen der Versichert­en und Arbeitgebe­r in Höhe von geschätzt jährlich 300 Millionen Euro führen werde.

Lauterbach will mit seinem Gesetz weiter die Gründung von kommunalen medizinisc­hen Versorgung­szentren (MVZ) erleichter­n. Ursprüngli­ch im Gesetzentw­urf vorgesehen war die Einführung von Gesundheit­skiosken. Diese sollten niedrigsch­wellige Anlaufstel­len in ärztlich unterverso­rgten ländlichen Gebieten und struktursc­hwachen Stadtviert­eln sein. Geplant war außerdem ein Förderprog­ramm für zusätzlich­e Medizinstu­dienplätze. Doch die Kritik daran war so groß, dass Lauterbach beide Vorhaben aus dem Gesetzentw­urf strich. Sie sollen nun im parlamenta­rischen Verfahren wieder in das Gesetz hineinverh­andelt werden. Scharfe Kritik äußerten die Diakonie und das Deutsche Rote Kreuz (DRK). „Wir verpassen die Chance, unser ambulantes Gesundheit­ssystem so weiterzuen­twickeln, dass alle Menschen Zugang zu einer guten Gesundheit­sversorgun­g haben“, erklärte Diakonie-Vorständin Maria Loheide.

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FOTO: SOEREN STACHE/DPA Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) will Vergütungs­obergrenze­n für Hausärzte aufheben.

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