IG Bau ruft Bauarbeiter in Saarbrücken zum Streik auf
Rund 600 Bauarbeiter aus dem Saarland und Rheinland-Pfalz haben in Saarbrücken gestreikt. Sie fordern 500 Euro mehr Lohn und Respekt für ihre Arbeit.
Ungewöhnlich laut war es am Mittwochmorgen im Kohlweg auf dem Saarbrücker Rotenbühl. Vor dem Sitz des Arbeitgeberverbandes der Bauwirtschaft des Saarlandes (AGV Bau Saar) traten, nach Polizeiangaben, rund 600 Bauarbeiter aus dem Saarland und Rheinland-Pfalz in den Streik. Mit Trillerpfeifen, Sirenengeheul und Sprechchören machten sie auf ihr Anliegen im anhaltenden Tarifstreit aufmerksam. Aufgerufen zum Streik mit anschließendem Demozug zum Landwehrplatz hatte die Industriegewerkschaft Bau (IG Bau).
500 Euro mehr Lohn und Respekt gegenüber der Arbeit auf dem Bau fordert die Gewerkschaft. Im anhaltenden, bundesweiten Tarifstreit war zuvor eine Schlichtung gescheitert. Diese empfahl, die Gehälter ab Mai pauschal um 250 Euro anzuheben und nach elf Monaten die Löhne nochmals um 4,15 Prozent im Westen und 4,95 Prozent im Osten zu erhöhen. Die IG Bau wäre mit dem Vorschlag des Schlichters einverstanden gewesen. Doch die Mehrzahl der Arbeitgeber hatte den Spruch, unter anderem aufgrund der schwierigen konjunkturellen Lage der Branche, abgelehnt. Nun erhebt die IG Bau wieder ihre ursprüngliche Forderung von 500 Euro mehr Lohn.
Die AGV Bau Saar hätte mit dem Schlichterspruch leben können und empfiehlt nun den Saar-Unternehmen, freiwillig fünf Prozent mehr Lohn bis zum Abschluss des Tarifvertrags zu zahlen (wir berichteten). Ähnliche Vorschläge gibt es auch in anderen Bundesländern. „Momentan ist es ein bundesweiter Flickenteppich“, so Thomas Breuer, IG Bau Regionalleiter Rheinland-Pfalz-Saar am Mittwoch gegenüber der SZ. „Wir wollen einen Tarifvertrag, der bundeseinheitlich gilt.“Daher lehne er die Empfehlung des AGV Bau Saar ab. „Von 500 Euro auf fünf Prozent – da sind wir mit weit weg vom Schlichtungsergebnis mit 250 Euro und noch weiter von den 500 Euro.“
Neben einem Lohnplus geht es Rainer Backes aus Theley vor allem auch um den Respekt gegenüber ihm und seinen Kollegen. „Es heißt immer nur, wann seid ihr endlich fertig, warum macht ihr so viel Dreck? Es geht darum, dass die Menschen sehen, dass es ohne uns nicht geht. Ohne uns läuft hier gar nichts. Dann gibt es keine Kitas, keine Schulen, keine Straßen. Nichts.“Ein Lohnplus von 500 Euro hält Backes, Betriebsratsvorsitzender bei der Firma Backes AG in Tholey, für fair.
Florian Grave ist am Mittwoch zum Streiken aus der Pfalz nach Saarbrücken gekommen. Er führt aus, warum er für 500 Euro mehr auf die Straße geht. „Es ist wichtig, dass wir wieder mehr in der Tasche haben“, sagt der Straßenbauer in Vorarbeiterposition bei der Firma Otto Jung GmbH in Sien. Vor allem die gestiegenen Preise für Sprit und Lebensmittel bereiten ihm und seinen Kollegen zunehmend Sorgen. „Wir hatten in der Schlecht-WetterZeit Monate, bei denen wir des Öfteren an das Ersparte gehen mussten. Das kann nicht sein. Unsere harte Arbeit muss sich lohnen.“Zudem empfinde er die Lage auf dem Bau als nicht so angespannt, wie es von Seiten der Arbeitgeber stetig beteuert wird. „Wir haben immer zu tun, wir hatten nie Langeweile. Wir waren immer am Arbeiten. Es war immer enormer Druck hinten dran, damit die Baustelle fertig wird.“Es sei mehr als genug Arbeit da, so Grave.
Überrascht von der Kundgebung in Saarbrücken zeigte sich Christian Ullrich, Hauptgeschäftsführer des AGV Bau Saar. Hinter dem Zufahrtstor zum Haus der Bauwirtschaft stehend, nahm er die lauthals vorgetragenen Forderungen der Bauarbeiter zur Kenntnis. Über den Streik sagte er: „Wir sind in der Tarifauseinandersetzung, da ist das ganz normal. Schauen wir mal, wie die Tarifverhandlungen weiter gehen.“
Die IG Bau zeigte sich indes weiter kämpferisch. Breuer kündigte neue Streiks zu Beginn der kommenden Woche an. „Wir werden weiterkämpfen, bis wir das haben, was wir wollen. Ihr habt das verdient“, rief er der Menge zu und erntete Applaus. Auch Timo Ahr, stellvertretender Vorsitzender des DGB Saarland/ Rheinland-Pfalz, sicherte den Bauarbeitern seine Unterstützung und Solidarität zu.