Susanne Wachs ist die Mutter der Mundart
Susanne Wachs ist nicht nur wegen ihrer roten Locken ein Leuchtturm des Saarlandes. Die SR3-Unterhaltungschefin aus Saarbrücken-Rußhütte setzt sich für den Erhalt der hiesigen Mundart ein. Wie Susanne Wachs einen Mundart-Preis nach dem anderen erhält.
SAARBRÜCKEN „Ich bin mit Mundart groß geworden“, sagt Susanne Wachs gleich zu Beginn des Gesprächs in ihrem Büro beim Saarländischen Rundfunk auf dem Saarbrücker Halberg. Die Unterhaltungschefin des Radiosenders SR 3 Saarlandwelle ist Ende April mit dem „Preis der Emichsburg 2024“der 2200-Seelen-Gemeinde Bockenheim an der Weinstraße für ihre Bemühungen um die Mundart ausgezeichnet worden. Das war bereits der vierte Preis, den sie für diese Tätigkeit erhielt. „Damit hätte ich nie gerechnet. In meiner Schulzeit habe ich oft gehört, dass Mundart die Sprache der armen Leute ist“, betont Wachs. Und fährt fort, dass sie heute umso dankbarer sei, mit Mundart aufgewachsen zu sein, dass sie die Mundart liebe.
Geboren wurde Susanne Wachs 1965 im damals von der Stahlindustrie geprägten Saarbrücken-Burbach.
Als sie aufs Gymnasium ging, war die Mundart noch eine gewisse Stigmatisierung, aber „ich habe mich nicht irritieren gelassen. Und heute bin ich umso dankbarer dafür“. Nach ihrem Abitur im Jahr 1984 studierte Susanne Wachs an der Universität in Saarbrücken Germanistik und Romanistik, da französische Chansons eine weitere Leidenschaft von ihr sind. Und so antwortete sie noch während des Studiums auf eine Annonce, in der für ein Frankreichmagazin des Bürgerradios „Offener Kanal“eine Mitarbeiterin gesucht wurde. „Ich habe mich vorgestellt, mitgemacht, und da war mir klar, dass ich nichts anderes mehr machen wollte“, sagt sie lachend.
Über ein deutsch-französisches Radioseminar in Südfrankreich bekam sie Kontakte zum Saarländischen Rundfunk. Ihr erster Job dort noch als Studentin war, französische Musik zu archivieren. Nach dem Studium übernahm sie nach und nach weitere Aufgaben beim Saarländischen Rundfunk, führte Interviews, zuerst hinter, später auch vor dem Mikrofon. „Irgendwie ist immer eine neue Tür für mich aufgegangen“, sagt sie lebhaft. Als freie Mitarbeiterin beim Saarländischen Rundfunk organisierte sie nebenher mit ihrer eigenen Künstler-Agentur auch Konzerte von französischen Künstlern und begleitete Sängerinnen wie Mireille Mathieu bei Fernsehauftritten.
Als Radiomoderatorin plante sie seit 1998 jede Woche einen dreiminütigen Beitrag zur Mundartrubrik in der Sendung „Bunte Funkminuten“. „So wurde die Mundart mein Thema“, erklärt sie. Sie berichtete als Reporterin auch über das MundartSymposium in der Bosener Mühle am Bostalsee, später hat sie sich dort engagiert und organisiert es heute mit. „Das ist bis heute ein Höhepunkt der Mundart in der Region. Denn da kommen Mundartkünstler aus dem ganzen deutschsprachigen Raum, egal ob aus dem Norden oder dem Süden. Die Abschlussveranstaltung ist immer ein toller, bunter Abend“.
Und dann springt sie auf, geht zu einem Regal und holt eine kleine „Oscar-Statuette“hervor. „Die wurde mir von dieser Bosener Gruppe zusätzlich in Bockenheim nach dem
Preis der Emichsburg verliehen“, sagt sie und lacht. Mittlerweile sind ihre Mundart-Sendungen fester Programmpunkt auf SR 3, die sie komplett organisiert und moderiert. Und sie kommen bei den Hörerinnen und Hörern gut an. „Die Sendung „Bei uns dehemm“, die mittlerweile sonntagabends läuft, hat viele Stammhörer. Sie schreiben mich ganz gezielt an, die Nachfrage nach Mundartsendungen ist groß“.
Für Susanne Wachs ist das kein Wunder, denn sie lebt Mundart. „Eine Studie der Universität Lüttich hat gezeigt, dass Kinder, die eine Regionalsprache sprechen, Fremdsprachen besser erlernen. Es schadet also auf keinen Fall“, so die heutige Unterhaltungschefin. Und dann schwärmt sie gerade auch von der Situation hier an der Grenze. „In Frankreich gibt es das Schulfach Langue et culture régionales. In Saargemünd zum Beispiel lernen Schülerinnen und Schüler für das Abitur Mundart, das ist so spannend“. Aber natürlich sei es auch sehr wichtig, der Mundart einen Platz im täglichen Leben einzuräumen. „So haben sich Nachrichten in Mundart von Montag bis Freitag um 8.30 Uhr auf SR 3 Saarlandwelle durchgesetzt. Und ein saarländischer Pfarrer hält auch schon mal Gottesdienste auf Mundart“.
Um der Mundart mehr Platz einzuräumen, war sie auch sofort bereit, sich zu engagieren, als die beiden saarländischen Kulturschaffenden Patrik Feltes und Klaus Friedrich auf sie zukamen und ihr erzählten, dass die beiden saarländischen Mundarten Rhein- und Moselfränkisch auf der Roten Liste der bedrohten Sprachen stehen. „Daher organisieren wir seit 2013 jedes Jahr gemeinsam den „Tag der Muttersprache“. Das ist mittlerweile ein Selbstläufer“, sagt sie. An diesem Tag, dem 21. Februar, wurde auch schon der Aktuelle Bericht in Mundart ausgestrahlt, es gebe mittlerweile Stadtführungen in Mundart und ein Höhepunkt sei für sie, dass die Stadt Saargemünd an diesem Tag mitmache. „Das macht einfach so viel Spaß“, betont Susanne Wachs.
Um die Preise, die ihr seither wegen ihres Engagements für die Mundart verliehen wurden, wie der „Deutschfranzösische Freundschaftspreis um den Erhalt der elsässischen Sprache“, den „Mundartehrenpreis 2018“verliehen vom Verein für Landeskunde und dem Mundartring Saar, oder auch den gerade erst überreichten Preis der Emichsburg 2024, hat sie sich nicht beworben. „Ich habe damit überhaupt nie gerechnet und war total gerührt, als ich das erfahren habe“, sagt sie. Dass die Mundart in unserer Region ausstirbt, glaubt Wachs nicht. „Es gehen einzelne Wörter verloren, neue, häufig englische, kommen hinzu. Die Mundart entwickelt sich in Wellen“, erklärt sie. Und dann betont sie, dass sie sehr dankbar sei, dass Mundart – die Sprache, die, als sie ein junges Mädchen war, noch ein Stigma war – ihr Arbeitsfeld ist. „Die Mundart ist für mich Heimat und liegt mir einfach sehr am Herzen“.
„In meiner Schulzeit habe ich oft gehört, dass Mundart die Sprache der armen Leute ist.“Susanne Wachs SR3-Unterhaltungschefin und Mundart-Preisträgerin