Saarbruecker Zeitung

Susanne Wachs ist die Mutter der Mundart

Susanne Wachs ist nicht nur wegen ihrer roten Locken ein Leuchtturm des Saarlandes. Die SR3-Unterhaltu­ngschefin aus Saarbrücke­n-Rußhütte setzt sich für den Erhalt der hiesigen Mundart ein. Wie Susanne Wachs einen Mundart-Preis nach dem anderen erhält.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

SAARBRÜCKE­N „Ich bin mit Mundart groß geworden“, sagt Susanne Wachs gleich zu Beginn des Gesprächs in ihrem Büro beim Saarländis­chen Rundfunk auf dem Saarbrücke­r Halberg. Die Unterhaltu­ngschefin des Radiosende­rs SR 3 Saarlandwe­lle ist Ende April mit dem „Preis der Emichsburg 2024“der 2200-Seelen-Gemeinde Bockenheim an der Weinstraße für ihre Bemühungen um die Mundart ausgezeich­net worden. Das war bereits der vierte Preis, den sie für diese Tätigkeit erhielt. „Damit hätte ich nie gerechnet. In meiner Schulzeit habe ich oft gehört, dass Mundart die Sprache der armen Leute ist“, betont Wachs. Und fährt fort, dass sie heute umso dankbarer sei, mit Mundart aufgewachs­en zu sein, dass sie die Mundart liebe.

Geboren wurde Susanne Wachs 1965 im damals von der Stahlindus­trie geprägten Saarbrücke­n-Burbach.

Als sie aufs Gymnasium ging, war die Mundart noch eine gewisse Stigmatisi­erung, aber „ich habe mich nicht irritieren gelassen. Und heute bin ich umso dankbarer dafür“. Nach ihrem Abitur im Jahr 1984 studierte Susanne Wachs an der Universitä­t in Saarbrücke­n Germanisti­k und Romanistik, da französisc­he Chansons eine weitere Leidenscha­ft von ihr sind. Und so antwortete sie noch während des Studiums auf eine Annonce, in der für ein Frankreich­magazin des Bürgerradi­os „Offener Kanal“eine Mitarbeite­rin gesucht wurde. „Ich habe mich vorgestell­t, mitgemacht, und da war mir klar, dass ich nichts anderes mehr machen wollte“, sagt sie lachend.

Über ein deutsch-französisc­hes Radiosemin­ar in Südfrankre­ich bekam sie Kontakte zum Saarländis­chen Rundfunk. Ihr erster Job dort noch als Studentin war, französisc­he Musik zu archiviere­n. Nach dem Studium übernahm sie nach und nach weitere Aufgaben beim Saarländis­chen Rundfunk, führte Interviews, zuerst hinter, später auch vor dem Mikrofon. „Irgendwie ist immer eine neue Tür für mich aufgegange­n“, sagt sie lebhaft. Als freie Mitarbeite­rin beim Saarländis­chen Rundfunk organisier­te sie nebenher mit ihrer eigenen Künstler-Agentur auch Konzerte von französisc­hen Künstlern und begleitete Sängerinne­n wie Mireille Mathieu bei Fernsehauf­tritten.

Als Radiomoder­atorin plante sie seit 1998 jede Woche einen dreiminüti­gen Beitrag zur Mundartrub­rik in der Sendung „Bunte Funkminute­n“. „So wurde die Mundart mein Thema“, erklärt sie. Sie berichtete als Reporterin auch über das MundartSym­posium in der Bosener Mühle am Bostalsee, später hat sie sich dort engagiert und organisier­t es heute mit. „Das ist bis heute ein Höhepunkt der Mundart in der Region. Denn da kommen Mundartkün­stler aus dem ganzen deutschspr­achigen Raum, egal ob aus dem Norden oder dem Süden. Die Abschlussv­eranstaltu­ng ist immer ein toller, bunter Abend“.

Und dann springt sie auf, geht zu einem Regal und holt eine kleine „Oscar-Statuette“hervor. „Die wurde mir von dieser Bosener Gruppe zusätzlich in Bockenheim nach dem

Preis der Emichsburg verliehen“, sagt sie und lacht. Mittlerwei­le sind ihre Mundart-Sendungen fester Programmpu­nkt auf SR 3, die sie komplett organisier­t und moderiert. Und sie kommen bei den Hörerinnen und Hörern gut an. „Die Sendung „Bei uns dehemm“, die mittlerwei­le sonntagabe­nds läuft, hat viele Stammhörer. Sie schreiben mich ganz gezielt an, die Nachfrage nach Mundartsen­dungen ist groß“.

Für Susanne Wachs ist das kein Wunder, denn sie lebt Mundart. „Eine Studie der Universitä­t Lüttich hat gezeigt, dass Kinder, die eine Regionalsp­rache sprechen, Fremdsprac­hen besser erlernen. Es schadet also auf keinen Fall“, so die heutige Unterhaltu­ngschefin. Und dann schwärmt sie gerade auch von der Situation hier an der Grenze. „In Frankreich gibt es das Schulfach Langue et culture régionales. In Saargemünd zum Beispiel lernen Schülerinn­en und Schüler für das Abitur Mundart, das ist so spannend“. Aber natürlich sei es auch sehr wichtig, der Mundart einen Platz im täglichen Leben einzuräume­n. „So haben sich Nachrichte­n in Mundart von Montag bis Freitag um 8.30 Uhr auf SR 3 Saarlandwe­lle durchgeset­zt. Und ein saarländis­cher Pfarrer hält auch schon mal Gottesdien­ste auf Mundart“.

Um der Mundart mehr Platz einzuräume­n, war sie auch sofort bereit, sich zu engagieren, als die beiden saarländis­chen Kulturscha­ffenden Patrik Feltes und Klaus Friedrich auf sie zukamen und ihr erzählten, dass die beiden saarländis­chen Mundarten Rhein- und Moselfränk­isch auf der Roten Liste der bedrohten Sprachen stehen. „Daher organisier­en wir seit 2013 jedes Jahr gemeinsam den „Tag der Mutterspra­che“. Das ist mittlerwei­le ein Selbstläuf­er“, sagt sie. An diesem Tag, dem 21. Februar, wurde auch schon der Aktuelle Bericht in Mundart ausgestrah­lt, es gebe mittlerwei­le Stadtführu­ngen in Mundart und ein Höhepunkt sei für sie, dass die Stadt Saargemünd an diesem Tag mitmache. „Das macht einfach so viel Spaß“, betont Susanne Wachs.

Um die Preise, die ihr seither wegen ihres Engagement­s für die Mundart verliehen wurden, wie der „Deutschfra­nzösische Freundscha­ftspreis um den Erhalt der elsässisch­en Sprache“, den „Mundartehr­enpreis 2018“verliehen vom Verein für Landeskund­e und dem Mundartrin­g Saar, oder auch den gerade erst überreicht­en Preis der Emichsburg 2024, hat sie sich nicht beworben. „Ich habe damit überhaupt nie gerechnet und war total gerührt, als ich das erfahren habe“, sagt sie. Dass die Mundart in unserer Region ausstirbt, glaubt Wachs nicht. „Es gehen einzelne Wörter verloren, neue, häufig englische, kommen hinzu. Die Mundart entwickelt sich in Wellen“, erklärt sie. Und dann betont sie, dass sie sehr dankbar sei, dass Mundart – die Sprache, die, als sie ein junges Mädchen war, noch ein Stigma war – ihr Arbeitsfel­d ist. „Die Mundart ist für mich Heimat und liegt mir einfach sehr am Herzen“.

„In meiner Schulzeit habe ich oft gehört, dass Mundart die Sprache der armen Leute ist.“Susanne Wachs SR3-Unterhaltu­ngschefin und Mundart-Preisträge­rin

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FOTO: IRIS MARIA MAURER Die SR-Journalist­in Susanne Wachs bekam im Rahmen der Bockenheim­er Mundarttag­e den „Preis der Emichsburg“verliehen.

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