Theater ohne Chefin, aber mit vielen Plänen
Alles neu macht der Mai. Und der Juni, der Juli und alle anderen Monate auch – zumindest im Saarbrücker Theater im Viertel. Hier verändert sich gerade wieder einiges.
SAARBRÜCKEN Beim Theater im Viertel ( TiV) wird mal wieder alles anders. Die kleine Bühne am Landwehrplatz orientiert sich neu. Nach knapp zwei Jahren im Amt wird die bisherige künstlerische Leiterin Katharina Molitor nicht weitermachen. Das hat verschiedene Gründe, aber einer davon ist, dass einfach kein Geld da ist für einen ambitionierten Hausspielplan, wie Molitor ihn als eigenes künstlerisches Profil gerne dauerhaft etablieren wollte. So erklärt es die Vorsitzende des TiV-Trägervereins, Jutta Roth.
Das TiV soll nun wieder zuvorderst Spielort für freie Theaterprojekte sein und macht erstmal ohne künstlerische Chefin weiter. Es gibt ja einen engagierten Vorstand – und Jutta Roth. Sie und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter wollen gemeinsam die nächsten Monate überbrücken, bis eine neue Leitung „geboren“ist.
Aber was da „überbrückt“wird, ist weit mehr als eine Notlösung. Es ist ein eigenes Konzept, mit dem der TiV-Vorstand dem Theater die eigene Handschrift gibt. Und diese Handschrift ist keine Zwischenlösung, die soll bleiben.
Als Spielzeit-Motto wurde „Hoffnung“ausgegeben. „In dieser Zeit, die von Herausforderungen und Veränderung geprägt ist, wollen wir uns von der Kraft dieser inspirierenden Emotion leiten lassen“, schreibt TiVVorstandsmitglied Markus Brixius in seiner Einführung ins Programm.
Mit „Hoffnung“werden eine ganze Reihe neuer Veranstaltungsreihen und -formate etabliert. So wird es in loser Folge regelmäßige Chansonkonzerte geben, Christoph Thewes wird eine Jazz-Reihe konzipieren und ein neues Format mit Jazz-Geschichte(n). Auch Ralf Peters Musik-Salon wird für einige Termine ins TiV zurückkehren. Außerdem sollen die verschiedenen Clubs des Theaters stärker eingebunden werden. Im TiV gibt es nämlich sowohl den Club AkTiv für Erwachsene und einen Jugendclub, beide von Walter Schmuck geleitet. Es gibt auch einen Kinderclub, geleitet von Hannah-Sofie Schäfer (derzeit übergangsweise von Tine Münster-Dohmke).
Diese Clubs, insbesondere der Kinderclub, spielen eine ganz besondere Rolle in einem ganz besonderen Stück, das die neue Spielzeit im Herbst eröffnen wird. In „Ella und der Wirbeltraum“, einem „Forschermärchen“, das Hannah-Sofie Schäfer geschrieben hat und inszenieren wird, spielen die Musikerin Nika Jonsson und die Schauspielerin Tine Münster-Domke. Aber nur am Anfang. Im Laufe der Spielzeit sollen nach und nach die TiV-Kinder eingebunden werden, „und am Schluss sollen sie es allein stemmen“, sagt Jutta Roth. So wird sich dieses Stück über die gesamte Spielzeit ziehen und dabei verändern.
Überhaupt will man sich am TiV verstärkt für junge Menschen öffnen. „Die Lesung ‚Ihr Lieben, viel zu weit Entfernten` ist bei den Schulen so ungemein gut gelaufen“, erzählt Jutta Roth. 50 bis 60 Schülerinnen und Schüler kamen oft zur szenisch-musikalischen Lesung aus Briefen der 17-jährigen Louise Jacobson, die in Auschwitz ermordet wurde. Und die waren durchweg berührt. Deshalb will das TiV weitermachen mit Schulveranstaltungen, gerade zu so wichtigen Themen. „Wir möchten auch gern Peter Tiefenbrunners Lesung aus den Correctiv-Recherchen nochmal zeigen“.
Auch die Produktion „We are all humans“oder die Brief-Lesung „Empfänger unbekannt“sollen eine Art Live-Geschichtsstunde zum
Nachfühlen ermöglichen.
Rund um dieses Gerüst aus TiVeigenen Programmpunkten „soll es alles geben, was die freie Szene zu bieten hat“, meint Jutta Roth. Dazu zählt etwa ein neues Tanzstück von Lucyna Zwolinska oder auch eine Theaterperformance vom SOFAntastisch Theater, in dem lauter mexikanische Pflegekräfte auf der Bühne stehen. Auch das Kindertheater-Festival Loostik macht wieder Station im TiV, worüber sich Jutta Roth besonders freut.
Finanziell ist das Theater im Viertel ein klein wenig bessergestellt als bisher, weil es jährlich eine feste institutionelle Förderung der Stadt Saarbrücken gibt in Höhe von 30 000 Euro. Das ist nicht riesig viel, aber ermöglicht doch, wenigstens den
Techniker zu entlohnen und Aufwandsentschädigungen zu zahlen. Für notwendige Anschaffungen muss das Geld aber anderweitig reinkommen.
Deshalb gibt es vom 23. bis 25. August ein kleines Festival im Hof des Theaters am Landwehrplatz. Mit unterschiedlichen Musikstil-Tagen. Freitags gibt es Jazz, am Samstag Rock und am Sonntag Chanson. „Der Erlös ist für neue Technik“, sagt Jutta Roth und hofft, dass viel Geld zusammenkommt. Aber schließlich ist Hoffnung ja das neue Spielzeitmotto.
„Es soll alles geben, was die freie Szene zu bieten hat.“Jutta Roth Vorsitzende des TiV-Trägervereins
Die neue TiV-Spielzeit wird am 6. September eröffnet. Informationen zum aktuellen Programm stehen auf der Homepage www.dastiv.de.