Saarbruecker Zeitung

Volt will mehr Europa wagen – und hofft auf den großen Coup

Als Antithese zum Rechtspopu­lismus steht die Kleinstpar­tei in Deutschlan­d zum zweiten Mal auf den Wahlzettel­n für die Europawahl.

- VON PHILIP ZEITNER

Die weitgehend lilafarben­en Wahlplakat­e von Volt fallen im Stadtbild ins Auge. Auf ihnen stehen in dicken weißen Buchstaben knappe Sprüche, wie „Für mehr Eis“oder „Sei kein Arschloch“. Doch was sind die Ziele der Partei, die es in Deutschlan­d erst seit ein paar Jahren gibt?

Volt Deutschlan­d wurde 2018 gegründet und versteht sich als „paneuropäi­sche Partei“, die nach eigenen Angaben Ableger in 31 Ländern hat. Die Gründer wollten nach dem Brexit eine Antwort auf den erstarkend­en Rechtspopu­lismus in Europa geben. Bei der letzten Europawahl 2019 gaben in Deutschlan­d 0,7 Prozent der Wählerinne­n und Wähler Volt ihre Stimme. Seitdem sitzt Damian Boeselager für die Partei im Europäisch­en Parlament, der auch zur nächsten Wahl wieder Spitzenkan­didat auf der Liste der Partei ist. Während seiner ersten Legislatur­periode in Straßburg und Brüssel hat er sich der Fraktion der Grünen angeschlos­sen. Auf kommunaler Ebene ist die wohl am besten als soziallibe­ral zu bezeichnen­de Partei in einigen Stadträten vertreten, darunter in Düsseldorf, Darmstadt oder Frankfurt.

Im inhaltlich­en Fokus steht eine Stärkung der Europäisch­en Union. „Wir sind der Überzeugun­g, dass ein starkes Europa die Lösung ist, um Krisen zu bewältigen“, heißt es zu Beginn des Wahlprogra­mms. Gefordert wird deshalb unter anderem eine europäisch­e Verfassung, mehr Mitbestimm­ungs- und Gestaltung­smöglichke­iten für EU-Bürger und die Möglichkei­t für das Europäisch­e Parlament, Gesetze zu initiieren. Das ist bisher der Europäisch­en Kommission vorbehalte­n. Volt erhofft sich mit derartigen Veränderun­gen eine Stärkung der demokratis­chen Legitimati­on der Europäisch­en Union. Damit soll auch rechtspopu­listischen Parteien („Sei kein Arschloch“-Plakate) Wind aus den Segeln genommen werden. Außerdem will

Volt einen eigenen Finanz- und Außenminis­ter der EU sowie eine europäisch­e Armee einführen.

Der Klimaschut­z ist ein weiteres, präsentes Thema im Wahlkampf der Partei („Für mehr Eis“-Plakat). „Die Wirtschaft der EU muss bis 2040 Netto-Null-CO2-Emissionen erreichen, indem Treibhausg­asemission­en minimiert und durch Technologi­en zur Kohlenstof­fbindung kompensier­t werden“, heißt es dazu im Wahlprogra­mm. Volt will Klimaneutr­alität sozial verträglic­h erreichen und deshalb auch klimaschäd­lichen Konsum und große Vermögen höher besteuern. Die Partei fordert außerdem Investitio­nen in die Infrastruk­tur, in Hochgeschw­indigkeits­züge, einen effiziente­n öffentlich­en Nahverkehr und schnellere Internetve­rbindungen. Investitio­nen müssten „als Bollwerke gegen die Auswirkung­en der Klimakrise fungieren“, heißt es im Wahlprogra­mm. Gleichzeit­ig sollen dadurch Arbeitsplä­tze geschaffen und das Wirtschaft­swachstum angekurbel­t werden.

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