„Fachkräfte bringen französisches Flair“
Die Leiterin der einzigen deutsch-französischen Kita des Saarlandes spricht über die ersten Erfahrungen.
Vor rund sechs Monaten ist in Brebach die erste deutsch-französische Kindertagesstätte mit binationaler Zulassung eröffnet worden. 133 Kinder aus Saarbrücken und dem Gemeindeverband Saargemünd werden in der Kita Salut in Brebach betreut. Im SZ-Gespräch erzählt Kita-Leiterin Carmen Pavlic von den Unterschieden zwischen deutschen und französischen Erziehungsmethoden im Alltag und was sie sich für die Weiterentwicklung der Einrichtung wünscht.
Frau Pavlic, im vergangenen Oktober haben Sie und Ihr Team die ersten Kinder hier begrüßt. Woher kommen die Jungs und Mädchen, die hier betreut werden?
CARMEN PAVLIC Der Krippenbereich ist aus einer Kooperation zwischen der Stadt Saarbrücken und dem Gemeindeverband Sarreguemines Confluences entstanden und hat eine Zulassung in beiden Ländern. In der Krippe sind deshalb elf Plätze für Kinder mit Wohnort im Gemeindeverband vorhanden. Es sind Franzosen, aber auch Deutsche, die in Frankreich wohnen. Die weiteren 22 Plätze sind für Kinder aus dem Einzugsgebiet in Saarbrücken. Im Kindergarten findet zwar die bilinguale Betreuung statt, doch es handelt sich bisher um einen rein deutschen Kindergarten. Die 100 Plätze stehen Familien mit Wohnort in Saarbrücken zur Verfügung. Fast alle Eltern, die sich melden, wählen unsere Kita wegen des Sprachkonzepts aus.
Ist es nicht für Familien aus Saargemünd schwierig, wenn das Kind die Krippe besucht, dann aber für den Kindergarten wieder nach Frankreich wechseln muss?
PAVLIC Ja, das ist eine komplizierte Situation. Anders als in Deutschland gilt in Frankreich ab dem Kindergartenalter eine Schulpflicht, dafür ist der Besuch der Ecole maternelle kostenlos. In dieser Hinsicht sind beide Systeme noch sehr unterschiedlich, und es ist schwieriger, einen gemeinsamen Nenner zu finden als im Krippenbereich. Aber ich wünsche mir natürlich, dass
das Modellprojekt auf den Kindergartenbereich ausgeweitet werden könnte und wir mittelfristig dazu kommen, dass die Kinder aus Frankreich, die unsere Krippe besuchen, auch bis zur Einschulung bleiben können.
Überall im Saarland kämpfen
Kitas mit Personalmangel. Wer bei Ihnen arbeiten will, braucht nicht nur die fachliche Ausbildung, sondern muss dazu noch zwei Sprachen gut beherrschen. War die Personalsuche schwierig?
PAVLIC Erstaunlicherweise nicht. Natürlich ist es wichtig, dass unsere Erzieherinnen und Erzieher gut Französisch können, um zum Beispiel Elterngespräche zu führen. Unsere interne Arbeitssprache, in der Verwaltung oder bei Teamsitzungen, ist aber Deutsch. Dadurch, dass das Saarland schon seit vielen Jahren die Beschäftigung von französischsprachigen Fachkräften unterstützt, haben sich viele französische Kollegen bei uns beworben, die aber bereits seit Jahren in deutschen Kitas arbeiten und mit beiden Modellen bestens vertraut sind. 14 unserer 22 Erzieherinnen und Erzieher kommen aus Frankreich. Wir haben aber noch offene Stellen. Interessenten können sich gerne bei uns bewerben.
Die Erzieher-Ausbildung ist in Deutschland und Frankreich sehr unterschiedlich. Wie wirken sich dieser Unterschiede in der täglichen Arbeit aus?
PAVLIC In Deutschland ist die Ausbildung breiter gefasst, Erzieher können in Kitas, aber auch zum Beispiel in Wohngruppen mit älteren Kindern arbeiten. In Frankreich orientiert sich die Ausbildung an einem Studium. Allerdings sind die „Educateurs de jeunes enfants“ausschließlich ausgebildet, um mit kleinen Kindern zu arbeiten. Die Herangehensweise ist oft unterschiedlich. Kollegen, die in Frankreich ausgebildet wurden und bisher nur dort gearbeitet haben, sind es gewohnt, viel Zeit in die Planung der Aktivitäten zu investieren und einem relativ starren Zeitplan zu folgen, damit die Kinder bestimmte Fähigkeiten zu bestimmten Zeit
punkten erlangen. In Deutschland hingegen setzt die frühkindliche Bildung mehr auf einen partizipativen Ansatz. Die Kinder bestimmen viel mehr den Tagesablauf. Wir versuchen, das Beste aus beiden Systemen miteinander zu vereinen. Die Beteiligung der Kinder steht im Vordergrund, aber die Fachkräfte bringen französisches Flair mit.
Können Kinder, die hier in der Krippe starten und anschließend den Kindergarten besuchen, bis zur Einschulung fließend Deutsch und Französisch?
PAVLIC Das hängt natürlich davon ab, welche Sprachen auch zu Hause gesprochen werden. Aber auch Kinder, die Französisch ausschließlich in der Kita erleben, verstehen in kurzer Zeit sehr viel und können selber auch das Wichtigste ausdrücken.