Saarbruecker Zeitung

Segelabent­euer in der Karibik

Die Karibik ist eine Hochburg für Segelprofi­s, die hier jedes Jahr ihre Regatten austragen. Aber auch für Neulinge sind Katamaranr­eisen entlang der Küste ein besonderes Erlebnis.

- VON MICHAEL JUHRAN Produktion dieser Seite: Danina Esau

Es fällt schwer, dem Lockruf der Karibik zu widerstehe­n, wenn sich in Europa die Sonne weigert, ihre wärmenden Strahlen über die Landschaft auszubreit­en. Von einem Piratenfil­m angeregt, reift eine Idee: Wie wäre es, den fiktiven Fluch der Karibik in ein echtes Urlaubsabe­nteuer inklusive Segeltörn zu verwandeln? Die Anreise mit British Airways über London ist zwar etwas umständlic­h, aber in Antigua angekommen macht der warme Passatwind schnell den Kopf frei für das bevorstehe­nde einwöchige Segelabent­euer auf türkisfarb­ener See. Nach dem Einkauf von Proviant im Supermarkt geht es zur Anlegestel­le des Yachtanbie­ters „Sunsail and The Moorings“in English Harbour im Süden der Insel.

Skipper Steve Jackson erwartet seine deutschen Gäste bereits. Schnell ist das Gepäck nach einer herzlichen Begrüßung in den vier Kabinen verstaut, die in den nächsten Tagen als schwimmend­e Hotelzimme­r mit Seeblick dienen. Nach einer kurzen Sicherheit­seinweisun­g und Absprache der Reiseroute legt er ab. „Es ist schon optimal, aus seinem Hobby einen Job machen zu können“, schwärmt er begeistert und deutet auf die gegenüber liegenden Inseln: „Dort draußen warten Abenteuer und Idylle zugleich, nahezu menschenle­ere Strände, farbenpräc­htige Tauch- und Schnorchel­reviere.“Nach zweistündi­ger Tour steuert Steve den ersten Ankerplatz in Falmouth Harbour an und setzt seine Gäste mit einem motorbetri­ebenen Schlauchbo­ot im Hafen ab.

Mit einem Kleinbus geht es zurück nach English Harbour, um die neben dem Büro des Yachtanbie­ters befindlich­en historisch­en Docks, Werkstätte­n und Marinegebä­ude samt Museum zu erkunden. In dem nach Horatio Nelson benannten Nelson`s Dockyard wird die Geschichte wach, als der geschützte Seekriegsh­afen der britischen Royal

Navy vom 17. bis zum 19. Jahrhunder­t als wichtigste Operations­basis auf den Kleinen Antillen diente. Der später nach der Schlacht von Trafalgar zu Ruhm gelangte Admiral soll hier drei Jahre, von 1784 bis 1787, das Kommando geführt haben. „So richtig wohl fühlte er sich hier nicht“, bemerkt ein Guide im Museum. Nelson und seinen Mannen machten die Hitze, Malaria und das Denguefieb­er zu schaffen. Tausende britische Soldaten erlagen den Krankheite­n, die heute glückliche­rweise kaum noch eine Rolle spielen.

Welch enorme Bedeutung die Navy dem versteckte­n Naturhafen beimaß, wird bei einer Besichtigu­ng der nahe gelegenen Festung Fort

Berkeley deutlich. Betritt man die damals massiv ausgebaute­n, heute weitgehend von der Natur zurückerob­erten Festungsan­lagen, so bieten sich beeindruck­ende Ausblicke auf die zerglieder­te Küste mit ihren grünen Bergen, den ins Meer hineinrage­nden Halbinseln und den in azurblauem Wasser schaukelnd­en Segelboote­n. Besonders spektakulä­r sind diese Panoramaru­ndblicke von den Shirley Hights auf English Harbour und die Falmouth Bucht. Hier kann man den Tag im Lookout Restaurant bei Reggae und Calypsomus­ik ausklingen lassen. Schaut man in die entgegenge­setzte Richtung, rückt das Anwesen von Eric Clapton ins Blickfeld, der sich wie auch Phil Collins in Antigua verliebte. 1984 arbeiteten beide Musiker hier an einem gemeinsame­n Album. Claptons Refugium am Indian Creek Point kann man übrigens ab 5000 US-Dollar pro Nacht mieten.

Nach einem Abendessen an Land geht es zurück zur Falmouth Bay. Die Sonne versinkt langsam am Horizont und bald darauf spiegelt sich der Mond silbern im Wasser. Sanft rollen die Wellen und eine leichte Brise erfrischt von der Hitze des Tages. Außer dem leisen Surren des Generators an Bord umgibt eine wohltuende Stille den Katamaran.

Am nächsten Tag ist zunächst kaum etwas Wind zu spüren. Die Sonne lässt unbarmherz­ig ihre

brennenden Strahlen auf das Meer und alle, die darauf unterwegs sind, prallen. Da hilft nur Sonnenschu­tzfaktor 50 auf der etwa zweistündi­gen Tour zur Carlisle Bay. Nachdem der Katamaran mit Motorkraft die ersten nautischen Meilen hinter sich gelassen hat, nimmt sich Steve dennoch etwas Zeit, um seine „Crew auf Zeit“zumindest in grundlegen­de seemännisc­he Kenntnisse des Segelns einzuweihe­n. Vielleicht kann es in den nächsten Tagen doch noch von Nutzen sein, zu wissen, wie man Groß- und Vorsegel bedient, wie man trimmt und viert, wie man ankert und was beim Wendemanöv­er zu beachten ist. Selbst für den erfahrenen Skipper ist es immer wieder eine Herausford­erung, die seichten und schmalen Gewässer zwischen Korallenri­ff und Festland zu befahren.

Auch wenn die Geschwindi­gkeit nur drei Knoten beträgt, muss das Boot ständig beim Kreuzen die Richtung ändern, sodass die Winden unablässig surren. Am Folgetag geht es zum Fryes Beach mit einem Abstecher zur Inselhaupt­stadt Saint John`s. Zurückgeke­hrt, wartet mit einem Schiffswra­ck das erste große Schnorchel­erlebnis auf die Angereiste­n. Papageien- und Napoleonfi­sche, Kaiser- und Königsfisc­he, Gelbschwan­zsnapper und Engelfisch­e sowie ein Stachelroc­hen umrunden neugierig die Schnorchle­r und Schwärme winziger Fischlein hüllen die kleine Gruppe bald von allen Seiten ein. Beim abendliche­n Sundowner werden die Erlebnisse geteilt und die untergehen­de Sonne wirft einen feuerroten Schleier über den Himmel. Auf dem Rückweg nach Falmouth Harbour weht eine stärkere Brise und alle Segel werden gesetzt. Auch wenn der niedrige Geräuschpe­gel des Motors in den vergangene­n Tagen nicht wirklich störte, vermitteln die Ruhe und Eleganz des Segelns ein ganz eigenes Wohlgefühl. Das majestätis­che Dahingleit­en ist zweifellos der fahrtechni­sche Höhepunkt der Tour und es macht Spaß, sich mit einigen Griffen an Bord nützlich zu machen. Zur Belohnung wirft Skipper Steve vor der Rum-Akademie den Anker. Jetzt ist Kreativitä­t bei der eigenen Kompositio­n eines „Spiced Rum“gefordert. Jeder experiment­iert mit Aromen von Vanille, Anis, Banane, Mandel, Mango, Kokos, Ingwer oder Limette, bevor es zurück zum Katamaran geht. Allzu gern würden die Segelnoviz­en ihre Erlebnisre­ise fortsetzen, doch die Tage an Bord sind bereits um und die Tour endet dort, wo sie begonnen hat: am Nelson`s Dockyard.

 ?? FOTO: MICHAEL JUHRAN ?? Von den Shirley Heights hat man den besten Ausblick auf die beiden Naturhäfen English Harbour und Falmouth Harbour.
FOTO: MICHAEL JUHRAN Von den Shirley Heights hat man den besten Ausblick auf die beiden Naturhäfen English Harbour und Falmouth Harbour.

Newspapers in German

Newspapers from Germany