Christian Ehring trifft in Neunkirchen den Nerv der Saarländer
NEUNKIRCHEN Knapp 400 Zuschauer waren am Samstagabend beim Auftritt von Kabarettist Christian Ehring in der Neunkircher Gebläsehalle. Wahrscheinlich war der eher schwache Zuspruch auf das parallel stattfindende Fußball-Pokalfinale zurückzuführen. Die, die nicht da waren, verpassten jedenfalls einiges. Der Moderator der Satiresendung Extra 3 nahm zum aktuellen Geschehen Stellung, lieferte einige gelungene Gags ab und schaute auch in die Saarbrücker Zeitung.
Zunächst kündigte sich der 51-Jährige selbst aus dem Off an und nahm sich dabei gleich auf die Schippe: Erbärmlich, dass er das nach all den Jahren immer noch selbst machen müsse. Danach setzte er mit einem Putin-Hitler-Vergleich gleich mal ein Statement. Verhandeln wollten manche mit dem russischen Diktator. Dabei käme höchstens heraus, dass Russland sich die Ost-Ukraine einverleibe. So wie man damals dachte, Hitler würde sich mit dem Sudetenland zufrieden geben. Danach habe sich der Führer bekanntermaßen als feministischer Landschaftsmaler zurückgezogen. Trotzdem, gestand Ehring ein, wolle er nicht in der Haut heutiger Politiker stecken, die Entscheidungen von großer Tragweite treffen müssten.
Er selber habe früher zum Beispiel stark daran geglaubt, dass man Frieden nur ohne Waffen schaffen könne. Da sei er sich jetzt nicht mehr so sicher. Wie überhaupt in vielen Bereichen. Seine Tochter dagegen wisse Bescheid: „Mit 20 weiß man alles! Da ist man in der Plateauphase des Wissens. Mit 25 geht es dann abwärts, am Ende weiß man gar nichts mehr.“Treffender lässt sich die derzeitige
Unsicherheit vieler einstiger Pazifisten kaum beschreiben.
Besserwisserei von selbst ernannten Lebensberatern mag Ehring gar nicht. Ziel seines Spotts war das hoffentlich fiktive Paar Rolf und Shanti: „Sie hieß früher Gundula. Er schon immer Rolf – er hat sein Schicksal angenommen.“Die beiden seien jetzt Coaches, nachdem beruflich nichts anderes geklappt habe. Vor allem die Anglizismen und die leeren Phrasen des Paars gingen ihm auf den Senkel: „Lass das Glück die Benchmark deiner Träume sein!“Mit seinen Spitzen traf Ehring offenbar den Nerv seines
Publikums, das ihm häufig applaudierte.
Im zweiten Teil nahm der Kabarettist unter anderem die Saarbrücker Zeitung zur Hand. Dabei bewies er die bewundernswerte Fähigkeit, zu fast jedem Thema etwas in druckreifen Sätzen zu sagen und auch noch Pointen zu setzen. Zwischendrin setzte sich Ehring immer wieder an den Flügel und überraschte mit einem filigranen Klavierspiel. Es war also einiges geboten als Alternative zum Fußball – vielleicht kommen zum nächsten Gastspiel wieder mehr Leute. Verdient hätte er's.