Sächsische Zeitung (Bautzen- Bischofswerda)
Ein Dorf sieht Rot
toren, die Klettererdbeere, die unzähligen Verkaufsstände und der ganz normale Erdbeerwahnsinn. Es gibt aber auch neue Attraktionen wie die Maisscheune, in der sich der vierjährige Matteo gerade zur Freude seiner Mama ausgelassen in einem Becken suhlt, das mit 30 Tonnen Mais gefüllt ist. „Wir kommen aus Döbeln und haben hier praktisch Heimspiel“, sagt Mama Maria. „Wir sind begeistert und werden uns sicher eine Jahreskarte holen.“
Nach spätestens einer Stunde hat man hier als Besucher, ob klein oder groß, sowieso nur noch Erdbeermarmelade im Kopf. Zum Entspannen ist niemand hergekommen. Die Devise heißt: Spaß haben, Süßigkeiten essen und einen Fünferpack Kleiderhaken in Erdbeerform kaufen. Wem es bei 500 tobenden Kindern in der Indoor-spielewelt noch nicht laut genug ist, der freut sich, als die Schalmeienkapelle hier „Ich will Spaß“von Markus zum Besten gibt. Die wartenden Mamas nicken im Takt. Von Müdigkeit keine Spur.
Auch nicht bei Kerstin, der Marmeladenköchin. Sie ist schon seit zwölf Jahren bei Karls angestellt und für diese Woche als Verstärkung vom Standort Zirkow auf Rügen nach Döbeln gekommen. Mit ihrer Ruhe und Erfahrung kann sie den vielen neuen Mitarbeitern zur Seite stehen. „Das Wichtigste ist Atmen, sage ich immer.“
Innerhalb der ersten Stunden nach der Eröffnung wird der Regen immer stärker.
Die Senfrutsche im Bockwurstland muss geschlossen bleiben. Auch die Hüpfberge und Spielplätze draußen sind weitgehend verwaist. Gleichzeitig strömen immer mehr Besucher auf das Gelände und drängen sich bald in den Hallen. Zwischen den Verkaufsregalen hindurch schieben sich die Massen durch die Gänge und füllen dabei – wie von den Gastgebern erhofft – ihre Einkaufswagen. Bald stehen an den Kassen mehr Menschen an als an den Attraktionen.
Auch Lio freut sich, dass er die „Fliegende Schokoladentafel“ohne Anstehen ausprobieren kann. Strahlend nimmt der Achtjährige Platz und zieht den Sicherheitsbügel nach unten. Seine Mama Laura schaut von draußen zu. „Für mich ist das nichts“, sagt sie. Der Papa, der Lio normalerweise beistehen würde, ist am Morgen von der Nachtschicht gekommen und schläft schon. Aber auch zu zweit kommen die beiden gut klar. Schließlich haben sie schon alle bisherigen Karls-standorte besucht und sind damit echte Experten.
Für die Achterbahn-sammler Julia und Christian steht nun der vermeintliche Höhepunkt an: die Döbelner Raupe. Dank des Regens können die beiden ohne Wartezeit durch den Bereich spazieren, durch den sich sonst die Schlange schlängeln könnte. Bügel runter und los geht’s. Eher gemächlich tuckert die Raupe zwei Runden über die Schienen, gibt nur am Fotopunkt kurz Gas. Niemand erwartet hier einen Huracan wie bei Belantis, aber ein wenig rasanter könnte es dann schon zugehen. „Im positiven Sinne hat man gemerkt, dass sie neu ist“, bleibt Christian freundlich.
Beim Thema Erdbeeren kann einfach niemand schlechte Laune bekommen – mal abgesehen von dem kleinen Jungen, der barfuß und in Tränen aufgelöst nach seiner Mama ruft. Sofort sind zwei Karls-mitarbeiter bei ihm, nehmen ihn mit zur Information und lassen ihn ausrufen. Es wird nicht das einzige Mal bleiben.
Den ganzen Tag über wird Maskottchen Karlchen für Fotos in Beschlag genommen, während die Eltern unentwegt Erdbeerbonbons, Erdbeerkekse und Erdbeermützen in ihren Tüten und Taschen verstauen. Auf einer kleinen Bühne draußen singen und rappen derweil die Döbeln-city Allstars ihre Döbeln-hymne „Die Perle meiner Heimat“.
Zur Mittagszeit kommen auch die Mitarbeiter des Erdbeerburger-standes am Eingang zunehmend ins Schwitzen. Rindfleisch zwischen Erdbeerbrötchenhälften mit einer Schaumerdbeere garniert – darüber wundert sich hier niemand mehr. Und die 9,50 Euro? Was soll’s, wir sind im Erdbeerparadies!
Döbeln City, meine Heimat, mein Zuhause, meine Stadt. Du hast irgendwas an dir, was sonst keine andre hat. in ihrer Hymne „Die Perle meiner Heimat“.