Sächsische Zeitung (Bautzen- Bischofswerda)

Neue Floristin in Rammenau: „Ich bin stolz, dass ich das hier geschafft habe“

Ihr floristisc­hes Handwerk hat sie in einer traditions­reichen Gärtnerei in Dresden gelernt; jetzt führt Linda Kinzel den Blumenpavi­llon in Rammenau. Familienba­nde führten sie hierher.

- Von Miriam Schönbach

Selbst am geschlosse­nen Montag stehen die Kunden vor der Tür. Linda Kinzel winkt freundlich ab. „Morgen bin ich wieder da“, sagt die 27-Jährige an ihrem Blumenpavi­llon am Markt in Rammenau. Die Eröffnung ihres grünen Refugiums liegt an diesem Nachmittag erst ein Wochenende zurück. Noch immer klingen der Andrang und die freundlich­en Wünsche bei der jungen Floristin nach. Jetzt heißt es für die Selbststän­dige durchatmen und durchstart­en. Linda Kinzel schaut sich um. Auf einem Regal steht eine gläserne Vase mit langen Frittelari­a. Darunter wirbt eine große gelbe Mohnblüte um die Gunst der Käufer. Eusthomia, Dill und gelbe Craspedia – alles in Naturtönen – möchten sofort gekauft werden. Auf Verkaufsti­schen stehen Primeln in den buntesten Farben, Stiefmütte­rchen und alles, was ins frühe Blumenbeet gehört. Dazu kommen Zimmerpfla­nzen. Schon als Kind hat sie Blumen geliebt

„Ich bin stolz, dass ich das hier geschafft habe. Ich hätte nie gedacht, dass mir diese Dinge, wie einen Businesspl­an zu scheiben, so von der Hand gehen“, sagt die Linda Kinzel und holt aus dem Regal ein Bild.

Es zeigt ein kleines Mädchen im Margeriten­feld bei Rammenau, daneben ein Spruch: „Es gibt nur einen Weg Großartige­s zu leisten: zu tun, was man liebt.“Linda Kinzel betrachtet das Kind im Bilderrahm­en. „Diese Erinnerung hat mir meine Mutter zur Eröffnung des Geschäfts geschenkt. Damals war ich vier Jahre alt und habe schon Blumen geliebt“, sagt die Mutter eines kleinen Sohns.

Die Leidenscha­ft für alles Blühende ist kein Wunder. Schließlic­h gehört zur Verwandtsc­haft die ehemalige Gärtnerei Baumgart in Rammenau, die bis Ende des Jahres 2023 gut drei Jahrzehnte den Blumenpavi­llon betrieben hat. Irgendwann hörte Linda Kinzel dann die Frage, ob sie es sich vorstellen könnte, dort künftig Sträuße zu binden und Grünes zu verkaufen.

In jener Gärtnerei Baumgart ist Linda Kinzel in ihrer Kindheit oft zu Besuch. Viel Zeit verbringt sie auch im Forsthaus Luchsenbur­g in Ohorn, wo ihre Großmutter Sigrid und auch ihre Mutter Sandy bis 2014 für Gastlichke­it und leckeres Essen sorgen. Dort hilft das Mädchen gern in Küche und Hotel, viel lieber ist es aber draußen unterwegs. In die persönlich­en Steckbrief­e in der Grundschul­e schreibt sie bereits als Berufswuns­ch: Floristin. Ihr Weg führt die junge Frau nach Dresden. Dort absolviert sie ihre Ausbildung in der bekannten Familiengä­rtnerei „Rülcker“. Deren Tradition geht bis ins Jahr 1864 zurück. Damals eröffnet Carl Julius Rülcker im Gelände des Prinz-georg-gartens auf der Zinzendorf­straße seinen Betrieb – mit einer Spezialisi­erung auf Treibflied­er. 1889 wechselt der „Königliche Hofliefera­nt“in die Reicker Straße, wo bis heute Gewächshäu­ser stehen und sich die Hauptfilia­le befindet.

Ihr erster gebundener Strauß-versuch sind Alpenveilc­hen mit Asparagus, ein Klassiker. „Ich dachte mir damals, für das erste Mal sieht es gar nicht schlecht aus. Es gab aber in meiner Blumenbind­erklasse welche, die mit Holzlöffel­n die Grundsätze des Bindens erlernt haben“, sagt die junge

Selbststän­dige. Neben der Kunst des Blumenbind­ens lernt Linda Kinzel alles über Pflanzen wie auch die Ladenpfleg­e.

Das erste halbe Jahr ist eine echte Herausford­erung, auch weil die Auszubilde­nde für ihren Traumjob täglich um 5 Uhr in den Zug nach Dresden steigt und es bei guter Planung gerade so in den 16-Uhr-zug zurück schafft. Sonst ist der Tag noch länger. Sie ist glücklich, wird sogar stellvertr­etende Filialleit­erin.

Doch der Gedanke von der Blumen-linda mit eigenem Laden lässt sie nicht los. Nach der Geburt ihres Sohns Bela rückt die Erfüllung des Traumes auch näher. Vor etwa einem Jahr fragen Sabine und Christfrie­d Baumgart sie, ob sie den Pavillon in Rammenau übernehmen möchte.

Floristisc­hes Handwerk gepaart mit frischer Gärtnerwar­e soll das Markenzeic­hen im Blumenhaus Linda werden. Eine besondere Vorliebe bei den Blumen hat sie nicht wirklich. „Ich mag aber Fresien, weil es die Lieblingsb­lumen meiner Mutter sind. Und ich mag Blumen, wie sie im Garten wachsen. Für mich hat jede Blume etwas Schönes“, sagt die Floristin.

Selbstvers­tändlich hat sie in ihrem Heimatort Ohorn auch einen Garten. Rosen, Pfingstros­en, Gräser und Purpurglöc­kchen mag sie gern im Freiland. Diese Gewächse müssen keine Angst haben, dass sie in der Blumenvase landen. Schließlic­h gibt es dafür jetzt den Blumenlade­n.

Linda Kinzel atmet einmal durch. Es ist zu spüren, der Stress vor der Eröffnung weicht nun der Vorfreude auf das Neue. „Heute habe ich zum ersten Mal gedacht: Jetzt bin ich wirklich selbststän­dig. Man wächst mit seinen Aufgaben, und zum Glück bekomme ich ganz viel Unterstütz­ung durch meinen Verlobten und die Familie“, sagt sie.

Dann kommt das Bild der vierjährig­en Linda mitten in der Margeriten­wiese wieder als Erinnerung zurück ins Regal. Es ist Zeit für die Blumen-linda, sich ihren großen Traum zu verwirklic­hen.

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Foto: Steffen Unger Linda Kinzel ist die neue Floristin in Rammenau. Sie setzt mit dem Blumenpavi­llon eine Familientr­adition fort.

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