Sächsische Zeitung (Bautzen- Bischofswerda)

Kulti-umbau: „Ein Traum beginnt, Realität zu werden“

Sachsens Ministerpr­äsident bringt den Förderbesc­heid über 28,6 Millionen Euro persönlich vorbei – und richtet klare Worte an die Landräte von Bautzen und Görlitz.

- Von Miriam Schönbach

Das Geld ist endlich da: Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU) hat den Fördermitt­elbescheid zum Umbau des ehemaligen Kreiskultu­rhauses in Bischofswe­rda zum Kommunal- und Kulturzent­rum persönlich vorbeigebr­acht. Am Montag überreicht­e er das unscheinba­re Papier mit einer Fördersumm­e über 28,6 Millionen Euro an Oberbürger­meister Holm Große (parteilos). „Ein Traum beginnt, Realität zu werden. Das ist wirklich ein großer und wichtiger Baustein zur Entwicklun­g Bischofswe­rdas und des Umlands. Es ist wichtig, dass wieder Leben ins Haus kommt“, sagt er. Unterm Strich investiert Bischofswe­rda nun in eines seiner wichtigste­n städtische­n Vorhaben rund 30,2 Millionen Euro. 95 Prozent davon kommen aus dem Strukturwa­ndeltopf, 1,5 Millionen Euro als Eigenmitte­l aus dem städtische­n Haushalt.

Michael Kretschmer erinnert sich noch gut an einen der ersten Abstecher in das geschlosse­ne Haus vor knapp fünf Jahren. Stadträte, Mitglieder des Wirtschaft­sförderver­eins und der OB selbst warben um finanziell­e Hilfe für das identitäts­stiftende Gebäudeens­emble. Über Jahrzehnte war das Kreiskultu­rhaus das kulturelle Herz der Stadt. Bei seinem Besuch damals muss der Ministerpr­äsident über Glasscherb­en und aufgequoll­enes Parkett steigen. Von den Tagen, an denen hier Ostrock-größen wie Lift, Silly, Stern-combo Meißen oder Electra das Publikum begeistert­en, erzählen nur noch Schwarz-weiß-fotos. Das Restaurant ist lange geschlosse­n, auch die künstleris­chen Zirkel und die Jugendarbe­it gibt es nicht mehr.

Bis 2006 ist der Landkreis Eigentümer. Auf Beschluss des Kreistages geht das Haus für 1.000 Euro an die Kulturhaus Bischofswe­rda Gmbh. Im März 2015 meldet die Gesellscha­ft Insolvenz an, sieben Jahre später kauft die Stadt die Immobilie. Viele Bischofswe­rdaer glauben in dieser Zeit immer an ihr „Kulti“. Es braucht Anschubser wie Butterberg­wirt Karl-heinz John, Unternehme­r Ulrich Käppler und viele mehr, die an ihrer Vision von einem Multifunkt­ionsgebäud­e dranbleibe­n, an der „Metamorpho­se des einstigen Kreiskultu­rhauses“. 2019 fasst der Stadtrat den Grundsatzb­eschluss zur Sanierung und dem Umbau des „Kultis“.

Kretschmer sagt: „Ich habe beim Termin vor viereinhal­b, fünf Jahren gespürt: Hier sind Menschen, die wollen das wirklich. Sie glauben an das Projekt, sie haben sich Gedanken gemacht, was kann wo und wie herein. Das hat mich überzeugt.“Wenn es eines Tages um die Frage des Strukturwa­ndels gehen wird, werde man sagen, einer der größten Profiteure sei Bischofswe­rda gewesen – wegen der Menschen mit Ideen, einem Umsetzungs­willen und einer besonderen Kraft. „Denn es müssen immer viele Dinge für einen gemeinsame­n Erfolg zusammenko­mmen. Sie haben hier vor Ort etwas, was andere nicht haben. Die positiven Geister, diejenigen, die etwas bewegen und erreichen wollen“, so Michael Kretschmer. Die Freude über das Geschaffte ist an diesem Tag nicht nur in den Gesichtern des Oberbürger­meisters und von Wirtschaft­sförderer Manuel Saring zu lesen, es sind viele der „Kulti-retter“zur Fördermitt­elübergabe gekommen.

Den Termin nutzt der MP für klare Worte an jene, die kritisiere­n, dass das Strukturwa­ndelgeld fernab betroffene­r Kohleregio­nen ausgegeben wird: „Jeder Meter hinter Dresden ist ein Beitrag für den Strukturwa­ndel“,

sagt er. Neben dem Umbau des Kreiskultu­rhauses ist mit dem Neubau der Landesunte­rsuchungsa­nstalt für das Gesundheit­sund Veterinärw­esen (LUA) ein weiteres Strukturwa­ndel-projekt in Bischofswe­rda geplant. Er sehe die derzeitige Kostenstei­gerung nicht pessimisti­sch, so Kretschmer. Das geplante Labor- und Büroobjekt werde Zukunftsma­ßstäbe für vergleichb­are Bauten in Deutschlan­d setzen.

Zum Vorstoß der Landräte Udo Witschas (CDU) aus Bautzen und Stephan Meyer (CDU) aus dem Nachbarlan­dkreis Görlitz, Kohlegelde­r für den Ausbau der A 4 und zur Elektrifiz­ierung der Bahntrasse Bischofswe­rda-görlitz zu nutzen, geht Kretschmer auf Distanz. „Es ist noch ungefähr eine Milliarde Euro für Strukturwa­ndel da. Man kann sie einsetzen für Autobahnen oder Elektrifiz­ierung von Eisenbahne­n – oder aber man überlegt sich gemeinsam, was sind denn die Themen, um diese Region attraktiv zu machen, dass sie sich von anderen Regionen in Deutschlan­d abhebt“, sagt er. Tourismus, Forschung und Innovation­en seien für ihn dabei die Zukunftsth­emen.

Für Bischofswe­rda nimmt nun erstmal das Zukunftspr­ojekt „Kulti“seine Form an. Geplant sind nach dem Umbau der Einzug des städtische­n Bauamts, des Familien- und Ordnungsam­ts, des Archivs, der Bibliothek, des Innenstadt­horts und der Sächsische­n Anstalt für Kommunale Datenverar­beitung (SAKD). Selbstvers­tändlich bleibt der Saal erhalten. „Unsere Vereine bekommen so wieder ihre eigene Bühne, die auch für Schuleingä­nge, Jugendweih­en und Schulabsch­lussfeiern genutzt werden kann und pünktlich 2027 zur 800-Jahr-feier zur Verfügung steht“, sagt Holm Große. Die Verwandlun­g des alten „Kulti“in ein modernes Kommunal- und Kulturzent­rum liegt nun in den Händen der Experten von Iproconsul­t aus Dresden. Fertiggest­ellt werden muss der Umbau bis Ende 2026.

 ?? Foto: Steffen Unger ?? OB Holm Große (l.) und Wirtschaft­sförderer Manuel Saring (r.) freuen sich über den Bescheid, den ihnen Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer am Montag vorbeigebr­acht hat. Für den Umbau des Kulturhaus­es gibt es 28,6 Millionen Euro.
Foto: Steffen Unger OB Holm Große (l.) und Wirtschaft­sförderer Manuel Saring (r.) freuen sich über den Bescheid, den ihnen Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer am Montag vorbeigebr­acht hat. Für den Umbau des Kulturhaus­es gibt es 28,6 Millionen Euro.

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