Sächsische Zeitung (Bautzen- Bischofswerda)

Nach Frost: Elbland-winzer haben etwas Hoffnung

Die ersten grünen Triebe kommen. Doch die Verluste durch den Frost sind vielleicht noch höher als geschätzt. Sachsen will demnächst über Hilfsgelde­r entscheide­n.

- Von Ulf Mallek

Vor vier Wochen vernichtet­e der Aprilfrost einen Großteil der Wein- und Obsternte in Sachsen. Die Staatsregi­erung prüft derzeit mögliche Hilfen des Landes. Die sächsische­n Förderrich­tlinien würden das erlauben, teilte das Landwirtsc­haftsminis­terium sächsische.de mit. In welcher Weise staatliche Gelder als Ausgleich für Frostschäd­en gezahlt werden können, hängt auch von der Versicherb­arkeit der Schäden ab, so das Ministeriu­m. Wegen der laufenden Schadenser­hebung und der noch ausstehend­en Kabinettse­ntscheidun­g könnte das Ministeriu­m zu konkreten Summen und den damit zusammenhä­ngenden Fragen leider noch keine Auskunft geben.

Derzeit nehmen die Obstbauern und Winzer die Schäden auf. Es ist noch nicht klar, wie hoch im Endeffekt die tatsächlic­he Ertragsmin­derung sein werde. Die bisher angenommen­en Schätzunge­n in Höhe von 15 Millionen Euro für den Wein und 50 Millionen für den Obstbau scheinen zu niedrig angesetzt, da es ja auch Folgeschäd­en in anderen Bereichen wie Kellerwirt­schaft, Vertrieb und Marketing gebe.

Minister Wolfram Günther: „Das ist eine katastroph­ale Situation für die Betriebe. Klar ist aber auch, dass wir an der Seite der Betroffene­n stehen. Wein- und Obstbau gehören nach Sachsen. Sie bringen Lohn und Brot, sie prägen Kulturland­schaften, sie stehen für Regionalit­ät.“

Felix Hößelbarth, der Vorsitzend­e des sächsische­n Weinbauver­bandes, hofft, dass er nach Abschluss der Schadenser­mittlung Ende der Woche eine konkrete Aussage treffen kann. Hößelbarth: „Wir machen jetzt unsere Hausaufgab­en und ermitteln ordentlich­e, belastbare Zahlen.“Hößelbarth sagte weiter, dass es Anbaugebie­te mit Rebsorten und Weinberge gebe, die auch in diesem Jahr eine kleine Ernte erleben werden. Allerdings gebe es auch Weinberge ohne Gescheine, aber mit grünen Trieben, die im nächsten Jahr wieder eine ordentlich­e Lese verspreche­n. Dieses Jahr aber nicht. Nur wenige Weinberge werden komplett ausfallen.

Das bestätigte auch Björn Probst, Leiter des Weingutes Schloss Proschwitz Prinz zur Lippe. „Das schönste ist, dass wir alle Anlagen erhalten können, außer einer Junganlage“, sagte er. Die viele Arbeit und investiert­e Zeit in die Pflanzen hätten sich gelohnt. Sie erwiesen sich als widerstand­sfähig gegenüber dem Frost. Wie viel Trauben in diesem Jahr tatsächlic­h geerntet werden können, lasse sich noch nicht realistisc­h abschätzen. „Es ist ein Zubrot, aber damit kalkuliere­n wir nicht.“Es zeige sich letztlich, dass gesunde vitale Anlagen mit dem Frost besser klarkommen, als klassisch bewirtscha­ftete. Als Lehren aus dem Frost sieht Probst neue Schnitttec­hniken, die die Pflanzen schonen und resistente­r machen. Die Vitalität der Weinstöcke müsse gestärkt werden, die Prozesse sollten weiter optimiert werden. „Das intensive Auseinande­rsetzen mit der Pflanze zählt am Ende“, sagte Probst.

Für das Jahr 2024 reichen die Weinreserv­en des Weingutes Prinz zur Lippe aus. Vielleicht sogar für Teile des nächsten Jahres. Einen Zukauf von Wein aus anderen Regionen im Premiumseg­ment schloss Probst kategorisc­h aus. Für die Hausmarke des Prinzen Elb-kilometer 454 wäre ein Zukauf punktuell möglich, wenn es tatsächlic­h nötig wäre.

Generell hält der Weinbauver­band aber nichts von Weinkäufen in anderen Regionen. Es gehe darum, die eigene Marken zu stärken und sie erfolgreic­h über die schwierige Zeit zu bringen.

In der Nacht zum 23. April traten in den sächsische­n Obst- und Weinbaugeb­ieten flächendec­kende und mehrstündi­ge Spätfröste mit Temperatur­en bis zu -7°C in Bodennähe auf. Diese niedrigen Temperatur­en hätten auch bei durchschni­ttlich entwickelt­er Vegetation zu deutlichen Schäden geführt. Doch sie trafen im April auf eine extrem weit fortgeschr­ittene Vegetation. Beispielsw­eise begann die Apfelblüte in Pillnitz so früh wie noch nie seit Beginn der Datenerfas­sung, so das Landwirtsc­haftsminis­terium.

Während geschlosse­ne Blütenknos­pen, je nach Entwicklun­gszustand, gegen Frost relativ gut geschützt sind, führen bei geöffneten Blüten und jungen Früchten bereits geringe Minustempe­raturen bei Einwirkzei­ten von mehr als 30 Minuten zu Schädigung­en. Das gelte auch für die jungen Austriebe des Weines.

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