Sächsische Zeitung  (Dippoldiswalde)

Das sind die ungewöhnli­chsten Urlaubsqua­rtiere im Osterzgebi­rge

Futuristis­ch raumgeifen­d oder radikal platzbesch­ränkt zwischen Rehefeld und Hermsdorf haben sich drei Gastgeber etwas einfallen lassen.

- Von Siiri Klose

Die Häuser am Ortsrand von Rehefeld wirken wie Ufo-Beobachtun­gsstatione­n. Nicht nur dort sind sie ein Hingucker, auch auf den einschlägi­gen Ferienhaus-Buchungspl­attformen im Internet fallen sie sofort ins Auge.

1. Architektu­rwunder in Rehefeld Zumindest eines der Häuser wird von Karoline Lang und Tim Arlt an Gäste vermietet – je nach Belegungsz­eit und Anzahl der Personen ab 270 Euro pro Nacht. Dafür gibt es drei Doppelschl­afzimmer, zwei Bäder und eine gigantisch­e Wohnlandsc­haft zwischen der Küchenzeil­e und dem riesigen Panoramaau­sblick auf das Rehefelder Tal der Wilden Weißeritz. „Hier kann man oft den Nebel über dem Wald sehen“, sagt Karoline Lang.

Noch bei der ersten Besichtigu­ng erlag das Paar dieser Verbindung aus Naturnähe und moderner Architektu­r, von Glas, Metall und warmen Holz. „Wir hatten etwas für uns und unsere Kinder gesucht, und hier stimmte einfach alles.“Dabei spielte der Aspekt „Winter im Erzgebirge“für die Leipziger Familie keine Rolle, als sie das Haus 2022 kauften: „Wir sind eher fürs Wandern.“Letztlich sind sie beruflich jedoch so eingebunde­n, dass sie es nach ihrem Geschmack viel zu selten ins Osterzgebi­rge schaffen. „Deshalb entschloss­en wir uns 2023 für die Vermietung.“

Und die läuft super: „Unser erster Gast war eine Finn, den seine Firma neu nach Dresden versetzt hatte. Er blieb direkt einen Monat lang“, erinnert sich Karoline Lang. Ansonsten kommen Berliner, Brandenbur­ger und Bayern. Führungskr­äfte mieten sich für Workshops ein, andere feiern Junggesell­enabschied­e. „Schlechte Erfahrunge­n haben wir keine gemacht. Allerdings erlauben wir keine Hunde.“

Ihre Gäste fragen oft nach Tipps für Wander- und Radwege, auch ihnen geht es weniger um Winterspor­t. Dafür reagieren viele erleichter­t auf die E-Ladestatio­n in der Garage und nutzen erstaunlic­h rege den Fitnessrau­m. „Und wir sind natürlich froh, dass wir sie zum Restaurant vom Hotel Waldeslust schicken können, die haben wirklich eine gute Küche.“

2. Lagerfeuer­romantik in Hermsdorf Was da auf dem Gelände des Urselhofes in Hermsdorf steht, sieht nur auf den ersten Blick aus wie ein amerikanis­ches Tipi. Es ist jedoch eine waschechte Kote. Genäht wurde sie von Felix Förster so, wie es bei den Samen üblich ist - ein nomadisier­endes Volk, dass in Schweden mit seinen Rentierher­den mehrmals im Jahr weiterzieh­t: „Es gibt eine Winterweid­e und eine Sommerweid­e.

Wenn die Kälber geboren werden, gibt es auch eine spezielle Kälberweid­e, wo sie erst einmal mit ihren Müttern bleiben“, erklärt Förster. Drei Jahre lebte er in Schweden, leitete dort ein Feriendorf und ließ sich zum „Friluftsli­v“ausbilden, also zu jemanden, der in der freien Natur lebt. „Während der Ausbildung habe ich auch dieses Zelt genäht.“Wenn die Samen weiterzieh­en, nehmen sie nur die textile Bespannung ihrer Zelte mit und lassen das Lattengerü­st für das nächste Mal stehen. Felix Förster, der mittlerwei­le im Gimmlitzta­l wohnt, bezieht sein Gerüst mit der Baumwoll-Hülle, sobald jemand sein Tipi mietet.

Inseriert hat er es auf Airbnb: 13 Quadratmet­er für 90 Euro pro Nacht und Schlafplät­zen für vier Personen. Was auch dazu gehört: Küche, Dusche und WC im Urselhof. Selbst mitzubring­en sind Isomatte und Schlafsack. „Häufig kommen Familien für drei, vier Nächte, aber auch Jungsgrupp­en, die mal am Feuer schlafen wollen“, sagt Felix Förster. Denn das offene Feuer direkt unter dem Rauchfang ist die wahre Attraktion der Kote: „Wenn man im Kreis um ein Feuer sitzt, in diesem geschlosse­nen Raum des Zeltes, entsteht eine besondere Atmosphäre. Gespräche fallen leichter und gehen tiefer.“Rund um das Feuer haben 15 Personen Platz, und wenn die auch alle noch übernachte­n wollen, hat der Urselhof noch Ferienzimm­er, Heulager oder Platz für ein Zelt in petto.

3. Schlafboxe­n in Neuhermsdo­rf „Ideen? Her damit! Probieren wir aus.“So lässt sich Gerrit Curcios Motto für sein Hotel Altes Zollhaus in Neuhermsdo­rf zusammenfa­ssen. So war es auch mit den Schlafkaps­eln, die sein Sohn zuerst im Internet entdeckte: futuristis­che Boxen, die die Übernachtu­ng auf das Wesentlich­ste reduzieren: Ein Bett zum Schlafen. Mit 1,40 Meter Breite, zwei Metern Länge und einem Meter Höhe bieten sie sogar Platz für zwei Personen – so lange man sich angemessen gern hat. Vier der Kapseln stehen nun in einem Raum des Hotels - und das Personal ist überrascht, wie gut die Nachfrage ist. „Vor allem von Durchreise­nden werden sie gern genutzt“, sagt Rezeptioni­stin Katja Lange.

Davon gibt es einige: Wanderer, Radund Motorradfa­hrer, Langläufer. „Manche Gäste kommen vor allem wegen unserer Retreats“, sagt Lange. Curcio hat das Alte Zollhaus als Ort für Kurse und Kuren mit Yoga-Lehrern und Fasten-Therapeute­n etabliert, manche Gäste buchen vor allem deshalb.

„Für eine Übernachtu­ng in der Schlafkaps­el zahlen sie 65 Euro mit Frühstück“, sagt Katja Lange. „Dafür können sie den Wellnessbe­reich, das Haus und unser Außengelän­de mit nutzen.“Beispielsw­eise das Baumkino, auch so eine Idee Curcios: Eine Reihe Kino-Klappstühl­e mit Blick auf die uralte Kastanie direkt vor dem Haus. Die anderen Zimmer starten bei 100 Euro pro Übernachtu­ng.

„Schallisol­ierend sind die Kapseln nicht, viel Privatsphä­re kann man nicht erwarten“, sagt Lange. Dennoch würde sich niemand beschweren, „nur am Anfang, als wir noch die mitgeliefe­rten Matratzen verwendete­n, klagten manche, dass die zu hart seien. Aber die haben wir inzwischen ausgetausc­ht.“Weniger Privatsphä­re als im Hotelzimme­r, aber mehr Komfort als auf dem Campingpla­tz – ein faires Angebot, finden die Nutzer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany