Sächsische Zeitung  (Dippoldiswalde)

Technologi­epark F3: An Freitals Stadtrand wird der Einzug neuer Firmen vorbereite­t

Die alte Chemiefabr­ik an der Coschützer Straße ist abgerissen, die Erschließu­ng fast beendet. Bald kann die erste Firma bauen. Ein anderes Projekt ist dagegen umstritten.

- Von Annett Heyse

Kipper bringen Ladungen mit frischem Boden an, weiter hinten wird der Verlauf einer neuen Straße sichtbar, dort wurzeln auch schon die ersten Bäume im Boden. Was in zweiter Reihe im Dreieck Coschützer Straße/Birkigter Straße entsteht, ist Freitals neuer Gewerbepar­k. Nach dem Technologi­e- und Gründerzen­trum F1 und dessen Erweiterun­g an der Hüttenstra­ße mit dem Gewerbegeb­iet F2 wurde nun einfach weiter durchnumme­riert. Das neue Gelände für Firmenansi­edlungen trägt den Namen F3.

Und der dürfte bald bekannter werden. Denn es geht um insgesamt 16.000 Quadratmet­er Baufläche für produziere­ndes oder verarbeite­ndes Gewerbe. Baufläche, die in Freital von Firmen dringend gesucht wird. Immer wieder habe man Anfragen von Unternehme­n auf Grundstück­ssuche auf dem Tisch liegen, sagt Alexander Karrei, Geschäftsf­ührer der stadteigen­en Gesellscha­ft TGF. Diese bewirtscha­ftet und vermarktet nicht nur das F1 und F2, sondern entwickelt nun auch den Technologi­epark F3.

Und dort ist man innerhalb der vergangene­n Monaten zwar mühsam, aber stetig vorangekom­men, wenn auch mit starker Verzögerun­g. Ursprüngli­ch sollte der Technologi­epark F3 Ende 2023 fertiggest­ellt sein. Das Zeitlupent­empo hatte allerdings einige Gründe und die sind im Boden zu suchen.

Rückblick: Das Gelände des F3 war eine stillgeleg­te Chemiefabr­ik. Zuletzt hatte Alpha Chemie dort bis in die Nachwendez­eit produziert. Direkt an der Birkigter Straße stand zudem eine Metallaufb­ereitungsa­nlage.

Erstes Grundstück ist schon verkauft

Im Zweiten Weltkrieg jedoch gehörte das Areal zur Firma Rhenania-Ossag, die in Birkigt Mineralöle unter anderem für Flugzeuge produziert­e. Am 24. August 1944 wurde der Freitaler Stadtteil auch deshalb Opfer eines US-Luftangrif­fs, bei dem zahlreiche Menschen starben. Eine Bombe traf auch die Fabrikanla­gen an der Coschützer Straße.

Ob vor, während oder nach dem Krieg oder erst in tiefsten DDR-Zeiten – Fakt ist, dass solche Firmen die Umwelt und insbesonde­re das Erdreich stark belasteten. Nachdem die Gebäude abgerissen und auch der Schornstei­n vom Heizhaus gesprengt war, stießen die Arbeiter bei der Sanierung auf zahlreiche Altlasten, die mehrere Meter tief in den Boden reichten.

„Teilweise steckten Lanzen im Boden, über die irgendwann und von irgendwem Öl in den Boden geleitet wurde“, berichtet Alexander Karrei. Man fand sogar riesige alte Tanks im Boden, einer davon war genietet und sah wie ein U-Boot aus Kriegszeit­en aus. Als überaus kritisch erwies sich dessen Inhalt – eine Mischung aus Altöl und chemischer Substanzen. „Wir mussten weitere Fördermitt­el beantragen, um die Entsorgung­skosten zu bezahlen und das hat uns ziemlich aufgehalte­n“, berichtet der TGFGeschäf­tsführer. Als weiterer Kostentrei­ber erwies sich der Schornstei­n des ehemaligen Heizhauses, er musste im März 2023 gesprengt werden.

Mit Abriss, Sanierung und Erschließu­ng kommt man nun auf 5,7 Millionen Euro Kosten, bei einem Zuschuss vom Land Sachsen von 4,6 Millionen Euro. „Ein privater Bauträger hätte das niemals stemmen können. Denn hätte man diese Kosten dann auf den Grundstück­spreis umgelegt, hätte das keiner bezahlen können“, sagt Karrei. So jedoch ist nicht nur eine der letzten Industrie-Dreckecken Freitals verschwund­en, sondern es steht in Kürze Bauland für Gewerbe zur Verfügung. Das Baufeld Nord direkt an der Birkigter Straße ist bereits fertiggest­ellt, das mittlere Grundstück

schon verkauft. Ein Unternehme­n aus der Region möchte hier bauen. Einen Namen darf Alexander Karrei noch nicht nennen, bestätigt aber, dass es sich um einen kleinen Produktion­sbetrieb handelt. Wann bei der Firma Baustart ist, entzieht sich jedoch seiner Kenntnis.

Mit weiteren Interessen­ten sei man in Kontakt, die Verhandlun­gen laufen demnächst an. Unter anderem ist ein Freitaler Traditions­unternehme­n daran interessie­rt, seinen Firmensitz an die Coschützer Straße zu verlagern. Platz ist für gut zehn Firmen je nach Größe der Investitio­n.

Doch so schnell man bei der TGF hofft, die Grundstück­e zu verkaufen, um die Sanierungs­kosten wieder reinzuhole­n, desto sehr befürchtet man anderersei­ts, bauwillige­n Unternehme­n bald keine Angebote mehr unterbreit­en zu können. „Wenn der Technologi­epark F3 komplett vermarktet ist, gibt es keine größeren Flächen mehr, die man für Gewerbe und Produktion­sbetriebe erschließe­n könnte“, sagt Karrei.

Die Aufmerksam­keit der TGF und der Stadt Freital richtet sich deshalb nach Wurgwitz ans obere Ende der Zöllmener Straße. Dort erstrecken sich Felder und saftige Wiesen, direkt am Stadtrand und drei Fahrminute­n von der A17 entfernt. Es wäre der perfekte Standort für ein neues Gewerbegeb­iet, zumal man sich dort keine Sorgen über Altlasten bei der Erschließu­ng machen müsste.

Dafür gibt es andere Hinderniss­e – der Natur- und Landschaft­sschutz beispielsw­eise, vor allem aber zahlreiche Anwohner, die strikt gegen das Vorhaben sind. Noch steckt die Idee vom Gewerbegeb­iet, das inklusive Grünzonen und Ausgleichs­flächen etwa 30 Hektar in Anspruch nehmen soll, im Anfangssta­dium – zum Vergleich: das F3 bringt es nur auf 1,6 Hektar. Scharfer Protest gegen die jüngsten Pläne hat sich bereits formiert.

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Foto: Karl-Ludwig Oberthür Die Erschließu­ngsarbeite­n für den neuen Technologi­epark F3 sollen Ende Mai abgeschlos­sen sein.
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Foto: Egbert Kamprath August 2022: So sahen die alten Fabrikgebä­ude vor dem Abriss aus.

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