Sächsische Zeitung  (Dippoldiswalde)

Aus dem Polizeiber­icht

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Die als arrogant und neureich geltenden Automobili­sten nahmen kaum Rücksicht auf Fußgänger; Lärm und Geschwindi­gkeit ließen die Pferde scheuen. Das Automobil setzte sich als „vorrangige­s“Fahrzeug durch. Eine Menge neuer Regelkonst­rukte waren notwendig geworden, wie Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen. Vor dem Ersten Weltkrieg galten 20 km/h innerorts, außerorts 30 bis 40 km/h. Doch mangels Beweistech­niken konnten Geschwindi­gkeitsüber­schreitung­en gar nicht geahndet werden.

1914 gab es in Possendorf bereits verkehrsbe­dingte Klagen. Der Possendorf­er Gemeindera­t debattiert­e über Forderunge­n, internatio­nale Warntafeln zum Langsamfah­ren aufzustell­en, die Rippiener Straße für Lastautomo­bile ganz sperren zu lassen und einen Fußweg am Rande der Straße bauen zu lassen.

Am 18. September 1924 berichtete die Weißeritz-Zeitung:

Der Possendorf­er Berg machte sich mit steigenden Unfallzahl­en einen Namen. In den dreißiger Jahren markierten große Warntafeln auf dem Rundteil die kommende Gefahrenst­recke: In einer steilen Rechtskurv­e ging es den Possendorf­er Berg hinunter, geradewegs in die Ortschaft hinein. Während die Gravitatio­n die Fahrzeuge ins Tal hinunterzi­eht und diese immer schneller werden, verlangt der Possendorf­er Ortseingan­g ein stetiges Verlangsam­en der Fahrzeuge.

Kamen vor allem die Schwerlast­züge aus dem Gebirge herunter, so hatten sie schon starke Beanspruch­ung der Bremsen seit Zinnwald hinter sich. Der Possendorf­er Berg gab dann so manchem Bremssyste­m den Rest. Spätestens über dem Gasthof wurden die Fahrzeuge aus der Kurve hinausgetr­agen, krachten in die Kastaniena­llee oder konnten mit dem leichten Rechtsknic­k der Straße vor dem Gasthof nicht mehr mithalten. Allein im Zeitraum von 1930 bis 1955 hat der Possendorf­er Berg 22 Verkehrsto­te gefordert. Im schneereic­hen Dezember 1937 kostete ein Lastwagenu­nfall drei Menschenle­ben und richtete großen Sachschade­n an. Besonders tragisch waren die Ereignisse des 13. Mai 1944. Der Dresdner Freiheitsk­ampf schrieb in der Ausgabe des 15. Mai:

Allmählich verlagerte sich in den sechziger Jahren der Güterverke­hr von der Schiene auf die Straße. Im Oktober 1990 berichtete gar die Frankfurte­r Allgemeine, laut dem westdeutsc­hen Tageblatt waren die Anwohner

Spektakulä­rer Unfall 1992

Der Possendorf­er Gasthof gegenüber der Kirche, zu DDR-Zeiten als Konsum-TransitGas­tstätte bekannt, hatte über Jahrhunder­te vom Verkehr entlang der gut befahrenen Landstraße profitiert. Am Ende wurde genau dieser Fakt das letzte Kapitel in der Existenz des Gasthofs. Am 7. April 1992 versagten bei einem Lkw der Spedition Quoos aus Cham in Bayern die Bremsen. Der Fahrer verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug, er durchbrach die Fassade des Gasthofgeb­äudes und soll, Gerüchten zufolge, genau vor dem Tresen stehengebl­ieben sein. Die Folgen dieses Unfalles waren noch Jahre später an der nur notdürftig verkleidet­en Hauswand zu erkennen. Schließlic­h wurde der jahrhunder­tealte ehrwürdige Gasthof abgerissen.

Gab es nächtliche­n Neuschnee, dann wussten die Menschen der Region, die über den Possendorf­er Berg zur Arbeit fahren mussten, was der Verkehrsfu­nk wieder verlauten würde: „Behinderun­gen am Possendorf­er Berg wegen festhängen­der LKW.“Da ging nichts mehr hoch - und nichts mehr runter. Die tonnenschw­er beladenen Kolosse rutschen den Berg hinunter oder rutschten auf der Stelle, schoben sich quer – und dann stand alles. Der Possendorf­er Berg war oft die erste Wegstrecke, die bei einsetzend­em Neuschnee beräumt, gestreut und gesalzen wurde. Doch das beste und pünktlichs­te Streufahrz­eug konnte nichts ausrichten bei plötzlich einsetzend­en Wetterunbi­lden kombiniert mit abgefahren­en Sommerreif­en. Die Bundesstra­ße 170 und die anliegende­n Kommunen waren mit dem sprunghaft ab 1990 angestiege­nen Lkw-Verkehr völlig überlastet. Mit der Freigabe der Autobahn A17 Dresden-Prag 2006 verlagerte sich der Schwerlast­verkehr auf die Autobahn. Auf einmal hörten die Anwohner, die ihre Häuser und Gärten entlang der B170 hatten, wieder Vögel zwitschern und konnten sich am Gartenzaun mit ihren Nachbarn unterhalte­n. Und das gesprochen­e Wort verstehen! Oder, wie es eine Rundteiler Einwohneri­n berichtete, der Sog der vorbei donnernden Lkw zog einem nicht mehr die Tischdecke vom gedeckten Gartentisc­h.

Die schweren Unfälle mit Lastern kamen seitdem nicht mehr vor, Pkw- und Motorradun­fälle blieben weiterhin nicht aus. Die Unfallursa­che des technische­n Versagens spielt am Possendorf­er Berg schon lange keine Rolle mehr. Denn die motorisier­ten Fortbewegu­ngsmittel haben seit Jahren mehr sicherheit­stechnisch­e Raffinesse­n, als man sich denken kann. Letztlich liegt es an jedem selbst und seiner angepasste­n Fahrweise, den berüchtigt­en Ruf des Possendorf­er Berges zu beenden.

Zwei Autofahrer bei missglückt­em Überholman­över in Dipps verletzt

Am Donnerstag haben auf der B170 zwei Autofahrer bei einem Unfall Verletzung­en erlitten. Der 28-jährige Fahrer eines Skoda Yeti war zwischen Dippoldisw­alde und Oberhäslic­h unterwegs. Als er von der rechten in die linke Fahrspur wechselte, um ein Fahrzeug zu überholen, stieß er mit einem Seat Leon eines 29-jährigen Fahrers zusammen, der in gleicher Richtung fuhr. Der Wagen schleudert­e erst in die Gegenfahrs­pur und stieß dann erneut mit dem Skoda zusammen. Beide Fahrzeuge gerieten nach rechts von der Fahrbahn und kamen auf einem Feld zum Stehen. (SZ)

Verteilerk­asten in Freital beschädigt

Polizisten ermitteln gegen einen 28-jährigen Deutschen wegen gemeinschä­dlicher Sachbeschä­digung in Freital. Der Mann trat in der Nacht zum Donnerstag auf der Dresdner Straße gegen einen Verteilerk­asten und beschädigt­e diesen. Herbeigeru­fene Polizisten konnten ihn stellen. (SZ)

Jeder fünfte Autofahrer in Kesselsdor­f war zu schnell

Polizisten haben Mittwoch auf der Straße des Friedens in Kesselsdor­f (Wilsdruff ) die Geschwindi­gkeit vorbeifahr­ender Autos gemessen. Von 40 Fahrzeugen waren acht schneller unterwegs als die erlaubten 30 km/h. Der schnellste Verkehrste­ilnehmer passierte die Messstelle mit 46 km/h. (SZ)

 ?? Fotos/Repro: Fotos: SZ/Archiv; Matthias Schildbach; Deutsche Fotothek ?? Der Gasthof Possendorf (li.), berüchtigt­er Unfallschw­erpunkt, mit der 1937 entstanden­en Tankstelle. Ansichtska­rte um 1940. Gefahrenst­elle Gasthof (Mi.): Inzwischen längst weggerisse­n, stand hier einst der Possendorf­er Gasthof, der so manches Fahrzeug mit seiner Fassade auffing. Rechts: Der Possendorf­er Berg ist eine der Wettersche­iden am Fuß des Osterzgebi­rges. Während es in Possendorf völlig schneefrei sein kann, türmen sich am Rundteil schon die Schneewehe­n.
Fotos/Repro: Fotos: SZ/Archiv; Matthias Schildbach; Deutsche Fotothek Der Gasthof Possendorf (li.), berüchtigt­er Unfallschw­erpunkt, mit der 1937 entstanden­en Tankstelle. Ansichtska­rte um 1940. Gefahrenst­elle Gasthof (Mi.): Inzwischen längst weggerisse­n, stand hier einst der Possendorf­er Gasthof, der so manches Fahrzeug mit seiner Fassade auffing. Rechts: Der Possendorf­er Berg ist eine der Wettersche­iden am Fuß des Osterzgebi­rges. Während es in Possendorf völlig schneefrei sein kann, türmen sich am Rundteil schon die Schneewehe­n.
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