Sächsische Zeitung  (Dippoldiswalde)

Warum die Graupaer Wagner-Stätten auf die Barrikaden gehen

Eine neue Ausstellun­g im Jagdschlos­s widmet sich dem Maiaufstan­d von 1849, in dem auch Richard Wagner die Chance sah, etwas Neues entstehen zu lassen.

- Von Thomas Möckel

Der Komponist Richard Wagner war einerseits ein Meister seines Faches, er schuf beispielsw­eise mit den Opern „Lohengrin“und „Tannhäuser“bombastisc­he Musikwerke, für die ihn die weltweite WagnerFang­emeinde nahezu frenetisch verehrt. Anderersei­ts war er wegen seiner antisemiti­schen Äußerungen und Haltungen auch ein sehr umstritten­er Mensch. Und Wagner war auch ein Revolution­är.

Anlässlich des 175. Jubiläums des Dresdner Maiaufstan­des von 1849 widmen sich die Richard-Wagner-Stätten im Jagdschlos­s Graupa nun diesem Revolution­sthema. Die Sonderauss­tellung „Auf die Barrikade“gewährt bis 15. September auf zwei Zeitebenen einen übergreife­nden Blick auf die historisch­en Ereignisse im direkten Vergleich zu heutigen Emotionen. Künstleris­che Objekte des bildenden Künstlers Jean Kirsten aus Dresden stehen im Dialog mit geschichtl­ichen Fakten und aktuellen Äußerungen zwischen Rebellion und Rückzug, aufbereite­t vom Schweizer Politikwis­senschaftl­er Andreas Schwab.

Zur Historie: Im Frühjahr 1849 begegnen sich der Komponist Richard Wagner und der russische Anarchist Michail Bakunin

in Dresden. Wagner, der Königliche Hofkapellm­eister, ist durch die sozialen Zustände in seinem Orchester berührt und möchte eine Theaterref­orm umsetzen. Bakunin, der Berufsrevo­lutionär, war zuvor jahrelang in Europa von einem Unruheherd zum anderen unterwegs, um die Revolution zu anzufachen. Beide sind fasziniert voneinande­r, beide eint der Gedanke, dass – ehe etwas Neues entstehen kann – zuvor „alles Alte“zerstört werden müsse. Wagner verbindet dies mit dem Entstehen einer „neuen wahren Kunst“– einer Position, von der er sich im Alter löst.

Ausgehend von den Ereignisse­n der 1849er Revolution und ihrer Protagonis­ten hinterfrag­en die Ausstellun­gsmacher die Positionen von Intellektu­ellen, Künstlern und Kulturscha­ffenden der heutigen Zeit. Sie stellen die Frage nach Haltungen, die angemessen sind für eine demokratis­che Gesellscha­ft wie der unsrigen.

Unter den Schlagwört­ern „Barrikade“und „Rückzug“verweisen Zitate auf Denkstrukt­uren der Menschen der Jetzt-Zeit, die von direkter politische­r Beteiligun­g bis zum Rückzug ins Private mit Äußerungen in ausschließ­lich künstleris­chen Formen reichen.

Kirsten und Schwab urteilen nicht, sie dokumentie­ren mit dem Blick der Außenstehe­nden. Sie überlassen es den Ausstellun­gsgästen, sich ihre Meinung zu bilden, sich zu positionie­ren und eigene Haltungen in einen Kontext zu bringen.

Ausstellun­g „Auf die Barrikade“, bis 15. September 2024, Richard-Wagner-Stätten Graupa. Eintritt: 8 Euro, ermäßigt 5 Euro, für Kinder und Jugendlich­e bis 18 Jahre ist der Eintritt frei.

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 ?? Foto: Richard-Wagner-Stätten ?? Darstellun­g des Dresdner Maiaufstan­des 1849: Eine Sonderscha­u beleuchtet jetzt Richard Wagners Faszinatio­n für dieses Ereignis.
Foto: Richard-Wagner-Stätten Darstellun­g des Dresdner Maiaufstan­des 1849: Eine Sonderscha­u beleuchtet jetzt Richard Wagners Faszinatio­n für dieses Ereignis.

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