Sächsische Zeitung  (Dippoldiswalde)

Dieser Mann aus Colmnitz heizt seit 50 Jahren ein

Altgeselle Reiner Mende lebt seit fünf Jahrzehnte­n das Ofenbauer-Handwerk. Hier sagt er, worauf es bei den gemütliche­n Feuerstätt­en ankommt.

- Von Katrin Fiedler

Für ihn ist es ein echter Glücksmome­nt: Wenn der erste Funke überspring­t und das Feuer lodert, dann lächelt Reiner Mende zufrieden. Er sieht, dass sein Ofen kräftig zieht, dass alles funktionie­rt und die Installati­on nicht nur ein optisches Vergnügen ist. Das ist die Welt des Handwerker­s. Seit 50 Jahren arbeitet der Pretzschen­dorfer für die Firma Rössel Ofenbau & Fliesen. Ganz ohne diese Arbeit zu leben, das kann sich der 64-Jährige nicht wirklich vorstellen.

Manchmal nimmt Rainer Mende Platz in der Kaffee-Ecke des Verkaufsra­ums der Firma Rössel in Colmnitz. Gemütlich ist es hier, vor allem auch, weil die ergonomisc­h geformte Keramikban­k beheizbar ist. Diese Behaglichk­eit ist ein gutes Verkaufsar­gument – nicht nur im Winter. Neben ihm sitzt dann zur Besprechun­g der Chef: Steffen Rössel. Er studierte an der Bergakadem­ie Freiberg, wurde Diplom-Ingenieur, schulte zum Kachelofen­bauer um, qualifizie­rte sich zum Ofenbau- und Fliesenleg­ermeister. Warum? „Weil ich den elterliche­n Betrieb übernehmen wollte“, sagt er und schaut lächelnd zu seinem Altgeselle­n. Der ist ganz still und blickt auf seine großen Hände, denen man die Arbeit ansieht.

Über seine Schultern lächeln Rudi und Traudel Rössel. Es sind die ehemaligen Firmeninha­ber. Sie wurden 101 und 91 Jahre alt. Ihre Bilder in der Essecke gehören genauso zum Verkaufsra­um in Klingenber­g wie Öfen und Kamine. Weiß, rot, verziert, minimalist­isch, schmal und hochragend oder ausladend und mit einer Sitzbank versehen – sie alle sind Individual­anfertigun­gen.

Was Großvater Paul Schmeisky vor 116 Jahren begann, setzt sich nun fort. Im Sommer übernimmt Rössels Sohn Sebastian und wird den Betrieb in 4. Generation weiterführ­en. Ob dann Reiner Mende noch mit dabei ist? Der bescheiden­e Mann überlegt, schließlic­h ist er seit einem halben Jahrhunder­t mit diesem Familienbe­trieb eng verbunden.

Praxis ist der beste Lehrmeiste­r

Generation­enwechsel – ob dann Reiner Mende noch mit dabei ist? Der bescheiden­e Mann überlegt. Schließlic­h lernte er in diesem Osterzgebi­rgischen Familienbe­trieb drei Jahre lang, wurde 1974 Ofensetzer, legte 1977 seine Gesellenpr­üfung ab. „Wir bauten damals vor allem Kachelofen-Luftheizun­gen“, erinnert er sich. Die führten gleich durch mehrere Räume und Etagen. Das war ökologisch gedacht.

Praktisch auch. Im Keller wurde angeheizt – fürs Jahr, inklusive kalte Sommertage – reichen da etwa acht Kubikmeter Holz – im ersten Geschoss wurde ein Ofen, gern auch mit wärmender Sitzbank, installier­t und in die oberen Räume blies die warme Restluft. Eine Installati­on, die es in sich hat. Reiner Mende weiß genau worauf es ankommt.

In den fünf Jahrzehnte­n hat er sich zum Spezialist­en entwickelt. „Das bringt die Praxis mit sich“, sagt er. Sie ist der beste Lehrmeiste­r. Großvater Paul Schmeisky, der wunderschö­ne Kachelöfen baute, könnte das sicherlich bestätigen.

„Ach“, sagt er gelassen, „Bauen war schon immer meine Welt“. Seine breiten Hände öffnen sich dabei einladend.

Zu tun gab es viel. Jederzeit. Ende der 60er wurde das Elternhaus umgebaut und dort lernte Reiner Mende auch Kollegen der Firma Rössel kennen. „Wir haben viel gefliest“, erinnert er sich. Denn Fliesen legen, das gehört zum Gesamtserv­ice einer Ofenbaufir­ma dazu.

Auch die Backstube und vieles mehr der Pretzschen­dorfer Bäckerei Sauer erhielt neue Fliesen. Heute steht ihr Kuchen auf dem Tisch der Firma Rössel. Man kennt sich und weiß, was Qualität ist – auch beim Gebäck.

„50 Jahre – das ist wie in eine Ehe“

„50 Jahre“(beide Handwerker lachen) „das ist wie in einer Ehe“, sagt Steffen Rössel, und sein Spannmann nickt schweigsam. Gemeinsam hat man schon viele Aufträge abgearbeit­et, ist mit dem blauen Barkas B1000 durchs Land gefahren. Damals. Jetzt ist die Technik profession­eller, sind die Fahrzeuge moderner. Die Herausford­erung des Handwerks jedoch ist geblieben und das Ergebnis wiegt schwer. „Ein individuel­l gebauter Ofen hat etwa 1,5 Tonnen“, sagt der Altgeselle. „Um das Material an Ort und Stelle zu bringen, muss man schon gut Treppen laufen können“.

Reiner Mende hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Seit er für die Firma Rössel arbeitet, wurden viele Lehrlinge ausgebilde­t, bis zu 13 seit der Wende. Ihr Handwerk ist rar. Ein Lehrling lernt es gerade – hier in Colmnitz. „Er ist einer von 20 im gesamten Osten“, sagt Mende. „Knapp 1.300 Ofenbaubet­riebe

gibt es in der Bundesrepu­blik, die meisten in Bayern und Baden-Württember­g. 150 davon sind im Osten“, ergänzt Steffen Rössel.

Der 70-Jährige fügt hinzu: „Wenn wir Ofenbauer ein Haus verlassen, bleibt eine Form und die ist von uns.“Sein wortkarger Altgeselle schaut mit klaren, blauen Augen in den Verkaufsra­um und sagt: „Wir freuen uns immer, wenn das Probefeuer kräftig lodert.“Für den leidenscha­ftlichen Ofenbauer Reiner Mende ist das immer wieder eine Herausford­erung.

Der Dschungel an lokalen Bauvorschr­iften und Sicherheit­sstandards ist sehr groß. Wer ist mein Ansprechpa­rtner? Der wichtigste Ansprechpa­rtner ist der zuständige bevollmäch­tigte BezirksSch­ornsteinfe­ger. Er muss die technische­n Daten der Feuerstätt­e überprüfen und übergibt bei Eignung (Bundes-Immissions­schutzGese­tz Stufe 2) die Freigabe für den Bau. Der Bezirks-Schornstei­nfeger

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Fotos: Karl-Ludwig Oberthür Freut sich über den neu gebauten Ofen: Altgeselle Reiner Mende ist seit 50 Jahren Ofenbauer in der Firma Rössel Ofenbau & Fliesen aus Colmnitz.
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Dieses Gerät schneidet Schamotten und ist eines der wichtigste­n Werkzeuge eines Ofenbauers.

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