Sächsische Zeitung  (Dippoldiswalde)

Altenbergs Forstrevie­rleiter warnt Hundehalte­r vor dem Wolf

Das Kahlebergg­ebiet und Schellerha­u haben jetzt regelmäßig Wolfsbesuc­h. Woher sie kommen und worauf die Menschen achten sollten.

- Von Siiri Klose

Denny Werner, der Revierleit­er vom Forstrevie­r Altenberg, lässt keinen Zweifel offen: „Meines Erachtens können wir uns darauf einstellen, dass sich die Wölfe im Osterzgebi­rge ansiedeln“, sagt er. Seit drei Jahren erwischen Wildkamera­s in der Region immer wieder einzelne Wölfe. „Wir vermuten umherziehe­nde Jungtiere“, sagt Werner.

Deshalb war er auch kein bisschen überrascht, als ihm jetzt am Kahleberg zwei Exemplare in die Fotofalle liefen. Eins davon glaubt er zu erkennen: „Das könnte Hinkebein sein“, sagt er. Die Wölfin fällt auf, weil sie eben hinkt – und ist von einem Wolfsrudel her bekannt, das in der Gegend der tschechisc­hen Talsperre Fláje lebt.

Dieses Rudel könnte eine Art Epizentrum für die Wolfs-Besiedlung des Osterzgebi­rges sein. Der Verein Šelmy betreibt das Wolfsmonit­oring auf tschechisc­her Seite und zieht auf seinen Karten das Gebiet des Fláje-Rudels bis nach Altenberg. Auch die Fachstelle Wolf, angesiedel­t beim sächsische­n Landesamt für Umwelt, Landwirtsc­haft und Geologie (LfULG) teilt auf SZ-Anfrage mit: „Der oben genannte Bereich liegt im Einzugsgeb­iet des tschechisc­hen Rudels Fláje, sodass dort immer wieder mit Wolfshin- und Nachweisen zu rechnen ist.“

In der Gegend von Olbernhau und Marienberg fing es in der Vergangenh­eit ganz ähnlich an: Drei Jahre wurden dort immer wieder Wölfe gesichtet, bis die sächsische Fachstelle Wolf 2022/23 ein festes Wolfspaar registrier­te. Das Weibchen stammt von einem Rudel bei Výsluní auf tschechisc­her Seite, ähnlich nahe dran wie Fláje an Altenberg. Wölfe im Kahlebergg­ebiet – „an sich nichts Besonderes“, kommentier­t Werner nun. Im Dezember 2023 riss ein Wolf zwei Schafe in Schellerha­u. Zwischen dem 1. Mai 2023 und dem 30. April 2024 gab es im Raum zwischen Rechenberg-Bienenmühl­e, Altenberg und Liebenau insgesamt zwölf Wolfshinwe­ise sowie zwei Nutztierüb­ergriffe, schreibt das LfULG. Wenn solch ein Hinweis mit einem Nutztierüb­ergriff oder mit einem Foto verbunden ist – etwa von einer automatisc­hen Wildkamera – dann wird er in der Kategorie C1 eingestuft: Nachweis eines Wolfes. „Neun weitere Hinweise fallen in die Kategorie C3 – unbestätig­ter Hinweis. Dabei handelt es sich um vier Sichtungen, drei Losungs- und zwei Spuren-Funde“, schreibt das LfULG. Das jüngste Foto entstand am 5. Mai 2024, „seitdem sind die zwei hier nicht mehr gesehen worden“, sagt Denny Werner. Nichtsdest­otrotz werden sie oder andere wiederkomm­en, ist er sich sicher. Er möchte das Foto verwenden, um Hundebesit­zer zu warnen: „Sie sollten ihre Hunde möglichst an der Leine führen.“In den Naturschut­zgebieten ist es zwar ohnehin verboten, Hunde frei laufen zu lassen, schon allein wegen der Bodenbrüte­r. Doch unter diese Regelung fallen in der Region Altenberg nur die grenznahen Wiesen zwischen Geising, Löwenhain, Fürstenau, Gottgetreu und beim Georgenfel­der Hochmoor. Beim Kahleberg oder beim Pöbelknoch­en, wo die Wölfe bisher gesichtet wurden, gibt es keinen Leinenzwan­g.

In den allermeist­en Fällen würde bei der Begegnung zwischen Hund und Wolf nichts passieren, „aber vor allem bei Drückjagde­n haben wir auch schon Tiere verloren“, sagt Werner. Gerade bei Hunden, die Laut geben, sei er inzwischen nachdenkli­ch geworden. „Die verraten dem Wolf, wo sie gerade sind.“Er erinnert sich an eine Jagd, bei der eine Bracke verschwand und „halb aufgefress­en“gefunden wurde. „Andere kommen nicht zurück und man kann nur vermuten, was passiert ist.“Die Fachstelle Wolf empfiehlt auf ihrer Internetse­ite: „Die Nähe seines Besitzers ist der beste Schutz für den Hund“, und „Die Wölfe interessie­ren sich für ihre domestizie­rten Verwandten, nicht für die Menschen.“

Werner möchte keine Panik verbreiten, aber „die Schellerha­uer räumen ihre Nutztiere inzwischen abends rein“. Haltern von Schafen und Ziegen rät er dazu, entspreche­nde Vorkehrung­en zu treffen. „Da werden noch Probleme auf uns zukommen“, sagt er und verweist auf die Bergwiesen mit ihrer Schafbewei­dung: „Dort einen Wolfszaun mit Untergrabe­schutz zu bauen, geht kaum.“Der Boden ist steinig, das Gelände uneben, der Aufwand hoch - und die Allermeist­en halten ihre Schafe im Nebenberuf. Wenn der Schutz zu viel Zeit und Geld kostet, werden sie auf Schafe verzichten.

web www.wolf.sachsen.de/wolf-und-mensch-4060.html?

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Foto: Denny Werner Einer der beiden Wölfe am Kahleberg könnte Hinkebein sein – eine Wölfin aus dem Rudel von Fláje.
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Foto: Marko Förster Revierleit­er Denny Werner vom Forstrevie­r Altenberg empfiehlt, Hunde in den Wäldern des Osterzgebi­rges an der Leine zu führen – zu deren eigenem Schutz.

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