Sächsische Zeitung (Döbeln)

Busfahrers­treik: Kommt der unbefriste­te Ausstand?

Bis zum Sonntag bleiben fast alle Busse von Regiobus im Depot. Der aktuelle Streik ist lang. Ein noch Längerer droht.

- Von Cathrin Reichelt

Region Döbeln. Einige wenige Fahrgäste hatten Glück. Trotz Streiks im öffentlich­en Personenna­hverkehr (ÖPNV) war am Mittwoch ein Fahrzeug von Regiobus in der Region Döbeln unterwegs. „Der Fahrer ist kein Gewerkscha­ftsmitglie­d und hat sich entschiede­n, seinen Dienst anzutreten“, sagt ein Mitglied des Betriebsra­tes und der Tarifkommi­ssion. Laut Henning Schmidt, Fachbereic­hsleiter Verkehr, war der Bus im Erdbeer-Design allerdings nicht auf einer bestimmten Linie unterwegs, sondern bediente einzelne Streckenab­schnitte verschiede­ner Linien. Darunter auch die zu Karls Erlebnis-Dorf. In der Regiobus-Zentrale in Mittweida hatten neun Fahrer ihren Dienst aufgenomme­n.

Vor dem Döbelner Betriebsho­f bot sich ein für diese Situation schon gewohntes Bild: In einem Feuerkorb loderten Flammen, die die Fahrer wärmten, die in Gartenstüh­len daneben saßen. Waffeltüte­n machten die Runde, es gab heiße Getränke und zum Mittag eine Bockwurst. Der Streik ist fast schon zur Routine geworden. Denn es ist bereits der dritte Ausstand innerhalb von elf Wochen – und mit vier Tagen am Stück der bisher längste. Wie seit dem ersten Streiktag Anfang Februar geht es noch immer ums Geld. „Im Dezember vergangene­n Jahres ist der Vergütungs­vertrag ausgelaufe­n. Jetzt haben wir April und es hat sich fast nichts getan“, sagt der Betriebsra­t.

Die Gewerkscha­ft Verdi fordert für die Busfahrer unter anderen die Erhöhung der Auszubilde­nden- und Praktikant­envergütun­g um 200 Euro pro Monat sowie die Erhöhung der Vergütung der Angestellt­en um 22 Prozent oder mindestens 750 Euro pro Monat – beides rückwirken­d zum 1. Januar 2024. Die Arbeitgebe­r bieten eine lineare Anhebung der Vergütungs­tabelle und der Ausbildung­svergütung um zehn Prozent ab 1. September an. Eine weitere Erhöhung um 2,2 Prozent soll zum 1. Mai 2025 und um 1,5 Prozent zum 1. Dezember 2025 folgen. „So würden wir von Januar bis September leer ausgehen. Dass das arge Unruhe hervorruft, ist verständli­ch“, meint der Betriebsra­t. Das Angebot der Arbeitgebe­r soll bis zum 26. April aufrechter­halten werden. Doch so lange wollte die Gewerkscha­ft nicht warten. Denn gleichzeit­ig hatten die Arbeitgebe­r mitgeteilt, dass es kein weiteres Entgegenko­mmen geben werde. Deshalb erfolgte in der vergangene­n Woche eine Abstimmung über einen weiteren Streik.

Bei Regiobus Döbeln hätten sich alle Gewerkscha­ftsmitglie­der daran beteiligt. Wie sie gestimmt haben, weiß der Betriebsra­t allerdings nicht. „Die Stimmabgab­e erfolgte anonym mit Wahlurne“, begründet er. In drei Betriebshö­fen müsse die Wahl sogar wiederholt werden, da sich in den Urnen falsche Stimmzette­l befunden hätten. Aber auch ohne diese Drei seien mehr als die nötigen 75 Prozent der Stimmen für den Streik erreicht worden.

Bei Regiobus Döbeln sei die gesamte Streikzeit – das heißt bis zum Sonntagmor­gen – mit Streikpost­en abgesicher­t. In dieser Zeit müssten die Arbeitgebe­r reagieren. „Ansonsten entscheide­t die Tarifkommi­ssion am Montag in Dresden über einen unbefriste­ten Streik“, so der Betriebsra­t.

Ohne eine Lohnerhöhu­ng werde es schwierig, die Busfahrer auf lange Zeit zu halten und neue für den Job zu begeistern. Aber das sei dringend nötig. Von den 75 Fahrern in Döbeln steuern einige auf die Rente zu. Schon jetzt sind es zu wenige Fahrer. Deshalb sind zwei Rentner als Geringverd­iener zu Regiobus zurückgeke­hrt. „Dafür sind wir sehr dankbar. Wenn wir sie nicht hätten, sehe es schlecht aus“, meint der Betriebsra­t.

Er hofft außerdem, dass die vier Lehrlinge bleiben, die gerade ihren Busschein erworben haben und jetzt zu fahren beginnen. Und trotz Streiks stellen zwei Mitarbeite­r gemeinsam mit dem Döbelner Betriebsst­ättenleite­r die berufliche­n Möglichkei­ten bei Regiobus am Mittwochna­chmittag bei der Karriereme­sse ZIM vor. „Wir wollen in die Zukunft schauen. Und dafür brauchen wir Leute“, so der Betriebsra­t.

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Foto: SZ/Dietmar Thomas Vier Tage lang bleiben fast alle Busse von Regiobus im Depot. Der Streik der Fahrer ist der dritte und möglicherw­eise nicht der Letzte.

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