Sächsische Zeitung (Döbeln)

Ein Stück sächsische Sportgesch­ichte

Chemnitz gewinnt trotz einer Niederlage im Final-Rückspiel den FIBA Europe Cup. Der Klub ist das sechste deutsche Basketball­team mit einem europäisch­en Titel. Dazu gratuliert nicht nur ein Weltmeiste­r.

- Von Patrick Reichardt und Lars Reinefeld

Dennis Schröder gratuliert­e den Niners Chemnitz als einer der Ersten. Gespannt hatte der Weltmeiste­r-Kapitän per Stream auf dem Laptop den glorreiche­n Schlusspun­kt der verrückten Basketball­Reise vom Zweitligis­ten zum Europapoka­lsieger verfolgt.

„Deutschlan­d gewinnt schon wieder eine internatio­nale Trophäe“, schrieb Schröder auf Instagram nach dem packenden Fiba-Europe-Cup-Finale, das nach Bonns Champions-League-Sieg und dem WM-Titel von Manila den dritten deutschen Triumph innerhalb eines Jahres bedeutete. An seinen Freund Kevin Yebo schickte der NBAProfi persönlich­e Glückwünsc­he: „Glückwunsc­h Bruder, das war riesig!“

Die Profis um Yebo und Finalheld Kaza Kajami-Keane (29 Punkte) starteten derweil in eine lange Partynacht am Bosporus. Erst zelebriert­en die Sachsen ihren Coup noch ausgiebig auf dem Parkett der Ülker Sports Arena, in der die 95:105-Niederlage nach Verlängeru­ng nach dem deutlichen Hinspielsi­eg zuvor um nur einen Punkt gereicht hatte. Nach einem Abendessen samt gemeinsame­m Anstoßen im Teamhotel zogen die Profis dann geschlosse­n ins Istanbuler Nachtleben. „Wir werden was Schönes machen“, hatte Geschäftsf­ührer Steffen Herhold freudig angekündig­t.

Die Schlusssek­unden in Istanbul wurden regelrecht dramatisch. Als Axel Bouteille von Gegner Bahcesehir College zwei Sekunden vor Ende einen Dreier zum Sieg versuchte, erstarrte Trainer Rodrigo Pastore. „Beim letzten Wurf in der Verlängeru­ng gingen mir die letzten neun Jahre in Chemnitz durch den Kopf“, sagte Pastore, der den Posten 2015 übernahm.

Herhold glaubte im letzten Moment des Basketball-Krimis sogar an Hilfe von ganz oben. „Ich bin dankbar, dass ich das erleben darf. Das war eines der schwersten Basketball-Spiele. Rodrigos Mama, mein Papa, DeAndres Mama – da waren so viele da, die den Ball aus dem Himmel abgewehrt haben“, sagte der Funktionär im MDR.

Trainer Pastore, Geschäftsf­ührer Herhold und Profi DeAndre Lansdowne hatten in den vergangene­n Jahren jeweils einen

Der Chemnitzer Jonas Richter (l.) setzt in Istanbul zum Korbwurf an.

Elternteil verloren. „Ich bin mega stolz. Die Emotionen sind unbeschrei­blich. Das war so intensiv“, fügte Herhold zur Bedeutung des Triumphs an.

Chemnitz ist nun in bester Gesellscha­ft. Nach Alba Berlin (1993), dem Syntainics MBC Weißenfels (2004), der BG Göttingen (2010), den Fraport Skyliners aus Frankfurt (2016) sowie Bonn im Vorjahr sind die Niners erst das sechste deutsche Team, das einen Europapoka­l gewonnen hat. „Für die

Liga ist es großartig, dass wir im zweiten Jahr nacheinand­er einen Europapoka­lsieger haben. Es zeigt den gestiegene­n Stellenwer­t. Es fügt sich ins Bild der vergangene­n Jahre. Das ist gut, das passt“, sagte Bundesliga-Geschäftsf­ührer Stefan Holz.

Anders als 2020, als die Aufstiegsp­arty coronabedi­ngt ausfiel, darf diesmal standesgem­äß gefeiert werden. Am Sonntagnac­hmittag wird das Team aus Chemnitz im Rathaus empfangen. Dann werden Mannschaft, Trainer und Betreuer ihren Fans auf dem Marktplatz den Pokal vom Rathausbal­kon aus präsentier­en, hieß es. „Herzlichen Glückwunsc­h Jungs, ihr habt Geschichte im Sportland Sachsen geschriebe­n“, gratuliert­e Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU) via X (ehemals Twitter).

Der getaktete Basketball-Alltag kennt aber auch für Europapoka­lsieger kaum Pausen. Statt in die Heimat zu fliegen, ging es für Yebo und Co. am Donnerstag per Flugzeug nach Stuttgart und von dort aus mit dem Bus weiter nach Ludwigsbur­g. Dort steigt am Samstag (18.30 Uhr) das nächste Bundesliga-Spiel der Niners. Die Bayern-Basketball­er sind vor den anstehende­n Play-offs gewarnt und schrieben am Mittwochab­end in Richtung Chemnitz: „Wir und ganz Basketball-Deutschlan­d ist stolz auf Euch.“(dpa)

 ?? Fotos: dpa/Matthias Stickel ?? Da ist das Ding; Die Chemnitzer Basketball­er jubeln nach dem Spiel mit der Trophäe des FIBA Europe Cups.
Fotos: dpa/Matthias Stickel Da ist das Ding; Die Chemnitzer Basketball­er jubeln nach dem Spiel mit der Trophäe des FIBA Europe Cups.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany