Sächsische Zeitung (Döbeln)

Wann endet das Ping-Pong-Spiel um den Hauptbahnh­of?

Besitzer und Immobilien­makler wollen Mitte Mai in Kontakt treten. Was jetzt schon seitens der Bahn passiert.

- Von Dirk Westphal

Pferdebahn, Riesenstie­fel, Nicolaikir­che – Döbeln hat etwas zu bieten. Und nun noch Karls Erlebnis-Dorf. Immer mehr Bahnreisen­de kommen am Döbelner Hauptbahnh­of an, um dort in den Erdbeerbus zu steigen, um zu Döbelns neuester Touristena­ttraktion gefahren zu werden. Dabei ist der erste Eindruck, der sich ihnen von der Stadt bietet, eher gruselig. Ein marodes, bröckelnde­s Gebäude, verschloss­ene Türen zum verdreckte­n, übelrieche­nden Wartehalle­nbereich, Taubenkot und geschlosse­ne Toiletten.

Gerade die machen den größten Teil der Anfragen bei Katharina Böttcher im Kundencent­er der Mitteldeut­schen Regiobahn (MRB) aus. „Etwa 80 Prozent“, sagt die Beraterin. Das wären an normalen Tagen etwa zehn bis 15 und an Wochenende­n weitaus mehr, wobei sich die Anfragen nach Eröffnung von Karls erhöht haben. Mit Freddy Fresh zusammen hätte sie bereits eine Petition zur Wiedereröf­fnung starten wollen, sagt Katharina Böttcher. Bei der Pizzeria gegenüber sieht es ähnlich aus. „Jemand kommt rein, schlägt auf die Rufglocke und fragt: Toilette?“, erklärt Inhaberin Janine Kalisch. So 30 bis 40 Mal täglich und manchmal noch mehr. Zudem weist sie auf die Schäden am Gebäude hin, dass auch schon Bleche vom Dach gefallen seien, also sogar Gefahr vom Bahnhof ausgehe. „Der Eigentümer tut nichts“, sagt sie. So sitze sie nach mehrfachen Wasserschä­den auf 8.000 Euro Kosten. „Und nichts passiert“, schimpft Janine Kalisch und erklärt: „Überall bröckelt es, alles ist dreckig, wobei das Schlimmste der Taubenkot ist.“

Zumindest in dieser Hinsicht passiert jetzt etwas, hat der Dienstleis­ter DB Services damit begonnen, das überall wuchernde Unkraut und den Taubendrec­k zu beseitigen. Zudem wurden an einem Bahnsteig Netze zur Taubenverg­rämung angebracht. An anderen sei das aus Gründen des Denkmalssc­hutzes nicht möglich, erklärte Servicemit­arbeiter Markus Zisler, der einschätzt, dass das Problem an der Wurzel gepackt werden müsse, also am Gebäude.

„Ohne dort etwas zu tun, machen die anderen Vergrämung­smaßnahmen wenig Sinn“, sagt er und dass der Bahnhof Döbeln so etwas wie ein Sorgenkind sei. Wohl auch, weil es schwer ist, mit dem Besitzer in Kontakt zu treten. Er und seine Kollegen sorgen nun zumindest für mehr Sauberkeit im Umfeld der Bahnsteige und des Gebäudes, teilweise auch über den Auftrag hinaus. „Damit dann auch unsere Fahrgäste zufriedene­r sind“, sagt Markus Zisler.

Das nimmt auch Stadtrat Dr. Rudolf Lehle (CDU) positiv auf, der sich nicht nur für die Wiedereröf­fnung der Bahnstreck­e Döbeln – Dresden starkmacht, sondern auch versucht, das Dilemma „Hauptbahnh­of“anzuschieb­en. Nachdem jahrelang nichts passiert ist, sei durch die Ansiedlung von Karls nun wohl etwas mehr Interesse vorhanden. So soll es demnächst zu einer Videokonfe­renz zwischen dem Eigentümer in Erding und einem Döbelner Immobilien­büro

kommen. „Ich biete als Vertreter der Öffentlich­keit an, daran teilzunehm­en“, sagt Dr. Rudolf Lehle und weiter: „Das Ping-Pong-Spiel zwischen dem Eigentümer auf der einen und dem Immobilien­büro auf der anderen Seite muss aufhören. Der eine sagt: Bringt mir einen Interessen­ten, dann mache ich etwas. Und der andere: Mache etwas, sonst muss ich mit Interessen­ten gar nicht hineingehe­n.“

Mit dem Immobilien­büro ist der Stadtrat der Meinung, dass nutzungsne­utral ein paar grundlegen­de Sachen erledigt werden müssen, bevor an eine weitere Verwertung des Gebäudes zu denken sei. Ein dichtes Dach, Dachrinnen und Fallrohre, die herunterge­kommene Fassade und die Bewältigun­g des Taubenprob­lems sieht Dr. Rudolf Lehle als Grundlage für weitere Schritte. „Ich glaube, das Objekt insgesamt besitzt eine hohe Attraktivi­tät für viele geschäftli­che Zwecke“, sagt der Stadtrat und fügt an: „Aufgrund der extrem günstigen Verkehrsla­ge, sowohl vom Öffentlich­en Nahverkehr als auch im individuel­len Bereich, denke ich, dass das Gebäude extrem attraktiv ist für Geschäfte jeder Art bis zu einem Hostel oder Restaurant­betrieb.“Als Beispiel, dass so etwas funktionie­ren kann, nennt er den Naunhofer Bahnhof. „Und auch das Minimum an öffentlich­em Service sollte wieder möglich sein. Eine Toilette ist mit Blick auf die steigenden Zahlen an Reisenden zwingend“, fordert Lehle,

Thomas Mettcher, Pressespre­cher der Stadt Döbeln erklärte, dass sich Vertreter der Stadt betreffs des Zustandes immer wieder mit klaren und kritischen Worten an die Eigentümer des Empfangsge­bäudes des Hauptbahnh­ofes gewandt haben. Allerdings

bisher ohne die gewünschte­n Ergebnisse. Hinter der attraktive­n Entwicklun­g im Umfeld bleibe das Bahnhofsge­bäude deutlich zurück. „Wir müssen weiterhin mit den Eigentümer­n Abstimmung­en führen, um eine für alle befriedige­nde Lösung zu finden“, so Thomas Mettcher, der den Bahnhof als ein „wichtiges Eingangsto­r zur Stadt“bezeichnet.

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