Wagenknecht zwischen Bier und Blaskapelle
Bei ihrem ersten politischen Aschermittwoch liefert die BSW-Vorsitzende kaum Pointen. Markus Söder scheut dagegen keinen Honecker-Vergleich.
Sahra Wagenknecht hat ihren ersten politischen Aschermittwoch als BSW-Vorsitzende absolviert. Die beste Pointe bei der Veranstaltung des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) in Passau stand zwischen Bier und Blaskapelle aber offensichtlich gar nicht im Redemanuskript.
„Vielleicht noch ein Wort zu meiner Partei. Warum geht es dieser Partei so schlecht?“, fragte der BSW-Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst mit ernster Miene. Irritation im Saal in Passau. Da bemerkte Ernst seinen Fehler und korrigierte sich: „Ex-Partei!“Er hatte doch angesetzt, um über die Linkspartei, seine frühere politische Heimat, zu lästern. Dort sei im Männerplenum auf dem Parteitag einmal die zentrale Debattenfrage gewesen: „Achtest du beim Sex darauf, dass sich dein Gegenüber beteiligt?“Das sei eine nicht ganz unwichtige Frage, so Ernst. „Aber ob das die brennende Frage der Arbeiterklasse auf einem Parteitag ist, wage ich zu bezweifeln.“
Wagenknecht selbst blieb weitgehend spaßfrei. Sie wetterte gegen Waffenlieferungen, forderte ordentliche Renten sowie mehr Vernunft in der Politik: Sie stellte einfach ihr Parteiprogramm noch einmal dar. Die Ampel sei nicht nur die dümmste, sondern auch die gefährlichste Regierung Europas. Pointen aber setzte sie kaum. Über Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDPSpitzenkandidatin zur Europawahl, sagte Wagenknecht, diese werde in die „Lobbyhochburg Brüssel abgeschoben“. Mit Blick auf ihre eigene Partei sprach Wagenknecht aber dann ganz anders über den Stellenwert der Europawahl: Diese werde der Startschuss, das Land zu verändern. Bei den alten Hasen der Aschermittwochsreden wie Markus Söder ging es unterdessen gewohnt deftig zu: „Grün ist out“, tönte Bayerns Ministerpräsident. „Wir als CSU, wir wollen keine Grünen in der nächsten Bundesregierung“, rief er in der Passauer Dreiländerhalle. Persönlich attackierte Söder die aus Ostdeutschland stammende Bundesumweltministerin
Steffi Lemke, die er als eine „grüne Margot Honecker“bezeichnete. Lemke sei ein Musterbeispiel, wie die Grünen mit immer neuen Auflagen die Freiheit der Fleißigen einschränken wollten. „Diese Entgleisung von Markus Söder ist ebenso geschichtsvergessen wie grenzüberschreitend“, sagte später ein Sprecher der Grünen-Politikerin.
Der Aschermittwoch gehört zu den archaischen Veranstaltungen – mögen sich die Zeiten noch so geändert haben. Manches wirkt aus der Zeit gefallen. Söder liebt Klamauk, betreibt diese Folklore wie einst Franz Josef Strauß. Den Thüringer AfDChef und Partei-Rechtsaußen Björn Höcke nennt er den „Putin-Pudel Nummer 1“.
Protest verhindert Grünen-Runde
300 Kilometer westlich war zu sehen, wie sich das Land verändert hat. In Biberach, bisher nicht bekannt für politische Gewalt, mussten die Grünen ihre Runde aus Sicherheitsgründen absagen. Ausgerechnet im Ländle, im einzigen Bundesland mit grünem Ministerpräsidenten. Demonstranten versperrten aggressiv den Weg. Parteichefin Ricarda Lang musste im Hotel bleiben, Landesvater Winfried Kretschmann auf halbem Weg umdrehen, und auch Bundesagrarminister Cem Özdemir mit seinen Ambitionen auf mehr im Süden schaffte es nicht einmal in die Nähe der Halle.