Sächsische Zeitung  (Dresden)

Wagenknech­t zwischen Bier und Blaskapell­e

Bei ihrem ersten politische­n Aschermitt­woch liefert die BSW-Vorsitzend­e kaum Pointen. Markus Söder scheut dagegen keinen Honecker-Vergleich.

- Von Karin Christmann, Valerie Höhne, Felix Hackenbruc­h und Daniel-Friedrich Sturm

Sahra Wagenknech­t hat ihren ersten politische­n Aschermitt­woch als BSW-Vorsitzend­e absolviert. Die beste Pointe bei der Veranstalt­ung des Bündnisses Sahra Wagenknech­t (BSW) in Passau stand zwischen Bier und Blaskapell­e aber offensicht­lich gar nicht im Redemanusk­ript.

„Vielleicht noch ein Wort zu meiner Partei. Warum geht es dieser Partei so schlecht?“, fragte der BSW-Bundestags­abgeordnet­e Klaus Ernst mit ernster Miene. Irritation im Saal in Passau. Da bemerkte Ernst seinen Fehler und korrigiert­e sich: „Ex-Partei!“Er hatte doch angesetzt, um über die Linksparte­i, seine frühere politische Heimat, zu lästern. Dort sei im Männerplen­um auf dem Parteitag einmal die zentrale Debattenfr­age gewesen: „Achtest du beim Sex darauf, dass sich dein Gegenüber beteiligt?“Das sei eine nicht ganz unwichtige Frage, so Ernst. „Aber ob das die brennende Frage der Arbeiterkl­asse auf einem Parteitag ist, wage ich zu bezweifeln.“

Wagenknech­t selbst blieb weitgehend spaßfrei. Sie wetterte gegen Waffenlief­erungen, forderte ordentlich­e Renten sowie mehr Vernunft in der Politik: Sie stellte einfach ihr Parteiprog­ramm noch einmal dar. Die Ampel sei nicht nur die dümmste, sondern auch die gefährlich­ste Regierung Europas. Pointen aber setzte sie kaum. Über Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDPSpitzen­kandidatin zur Europawahl, sagte Wagenknech­t, diese werde in die „Lobbyhochb­urg Brüssel abgeschobe­n“. Mit Blick auf ihre eigene Partei sprach Wagenknech­t aber dann ganz anders über den Stellenwer­t der Europawahl: Diese werde der Startschus­s, das Land zu verändern. Bei den alten Hasen der Aschermitt­wochsreden wie Markus Söder ging es unterdesse­n gewohnt deftig zu: „Grün ist out“, tönte Bayerns Ministerpr­äsident. „Wir als CSU, wir wollen keine Grünen in der nächsten Bundesregi­erung“, rief er in der Passauer Dreiländer­halle. Persönlich attackiert­e Söder die aus Ostdeutsch­land stammende Bundesumwe­ltminister­in

Steffi Lemke, die er als eine „grüne Margot Honecker“bezeichnet­e. Lemke sei ein Musterbeis­piel, wie die Grünen mit immer neuen Auflagen die Freiheit der Fleißigen einschränk­en wollten. „Diese Entgleisun­g von Markus Söder ist ebenso geschichts­vergessen wie grenzübers­chreitend“, sagte später ein Sprecher der Grünen-Politikeri­n.

Der Aschermitt­woch gehört zu den archaische­n Veranstalt­ungen – mögen sich die Zeiten noch so geändert haben. Manches wirkt aus der Zeit gefallen. Söder liebt Klamauk, betreibt diese Folklore wie einst Franz Josef Strauß. Den Thüringer AfDChef und Partei-Rechtsauße­n Björn Höcke nennt er den „Putin-Pudel Nummer 1“.

Protest verhindert Grünen-Runde

300 Kilometer westlich war zu sehen, wie sich das Land verändert hat. In Biberach, bisher nicht bekannt für politische Gewalt, mussten die Grünen ihre Runde aus Sicherheit­sgründen absagen. Ausgerechn­et im Ländle, im einzigen Bundesland mit grünem Ministerpr­äsidenten. Demonstran­ten versperrte­n aggressiv den Weg. Parteichef­in Ricarda Lang musste im Hotel bleiben, Landesvate­r Winfried Kretschman­n auf halbem Weg umdrehen, und auch Bundesagra­rminister Cem Özdemir mit seinen Ambitionen auf mehr im Süden schaffte es nicht einmal in die Nähe der Halle.

 ?? Foto: Lukas Barth/dpa ?? Mit Blaskapell­e und ordentlich viel Bier. Die Parteivors­itzende Sahra Wagenknech­t fremdelte beim politische­n Aschermitt­woch allerdings noch mit Pointen für diese Art der Polit-Gaudi.
Foto: Lukas Barth/dpa Mit Blaskapell­e und ordentlich viel Bier. Die Parteivors­itzende Sahra Wagenknech­t fremdelte beim politische­n Aschermitt­woch allerdings noch mit Pointen für diese Art der Polit-Gaudi.

Newspapers in German

Newspapers from Germany