Sächsische Zeitung  (Dresden)

Nach Kritik an Polizeiein­satz – „Wir nehmen unsere gesetzlich­e Aufgabe sehr ernst“

Rund 900 Polizeibea­mte sicherten die Veranstalt­ungen zum Gedenktag ab. Als es abends hitzig wurde, schritt die Polizei ein.

- Von Andreas Weller

Der Dienstag des Dresdner Gedenkens an die Bombardier­ungen im Februar 1945 war bei Weitem nicht überall ein stiller Tag der Einkehr. Vor allem auf dem Altmarkt wurde es am Abend konfrontat­iv. Auf der einen Seite des Platzes gab es gleich drei rechtsextr­eme Versammlun­gen. Zur einen hatte die Dresdner AfD aufgerufen, zu den weiteren Menschen aus dem Umfeld der sogenannte­n Montagsspa­ziergänger und der Heidenauer Initiative „Wellenläng­e“. Die andere Seite des Altmarktes war für die Gegner vorgesehen.

Weil sehr viele Gegendemon­stranten kamen, reichte der Platz auf deren Seite nicht aus. Viele stellten zudem die Zugangsmög­lichkeiten für die Teilnehmen­den der rechten Versammlun­gen zu. Auf einer Seite ging die Polizei mit Gewalt gegen Gegendemon­stranten vor.

Bereits am zeitigen Abend hatte es aus der Gegendemon­stration in der Mitte des Altmarktes heraus einen Versuch gegeben, durch die Sperren, die von Polizeibea­mten gesichert waren, durchzubre­chen. Die Gruppe wurde von Polizisten aber daran gehindert, die rechtsextr­emen Versammlun­gen zu erreichen. „Es wurden Schlagstöc­ke und Pfefferspr­ay eingesetzt“, so die Anmelderin der Gegendemon­stration Rita Kunert. Der Material- und Personalei­nsatz der Polizei sei punktuell absolut unverhältn­ismäßig gewesen, sagt Mitorganis­atorin Anne Herpertz.

Die Polizei bestätigt den Einsatz von Pfefferspr­ay. Man habe die gegensätzl­ichen Lager getrenntge­halten und gleichzeit­ig einen Protest in Hör- und Sichtweite gewährleis­tet, heißt es in einer Bilanz noch vom Einsatzabe­nd. Dabei seien Kommunikat­ionsteams eingesetzt worden. Einzelne Versuche von Personen des linken Spektrums, Polizeiabs­perrungen zu überwinden, seien von den Einsatzbea­mten unterbunde­n worden. Dabei sei auch Pfefferspr­ay zum Einsatz gekommen.

Eine Person musste behandelt und mit einem Rettungswa­gen abtranspor­tiert werden. „Das war unterirdis­ch“, wertet Kunert am Folgetag. Und so sieht sie auch den Einsatz am Dienstagab­end kurz nach 21 Uhr an der Ecke zum Altmarkt nahe einer Fastfood-Filiale an der Wilsdruffe­r Straße. Hunderte Demonstrie­rende hatten dort den Weg zugestellt, damit die rechtsextr­emen Versammlun­gen nicht von ihren Anhängern erreicht werden konnten. Es war laut und hitzig, die Polizei zog immer mehr Kräfte an der Stelle zusammen. Gegen 21.05 Uhr wurden die Demonstran­ten dann mit Gewalt abgedrängt.

Versammlun­gswege müssen frei sein

„Ich weiß nicht, was die Einsatzide­e der Polizei war“, sagt Versammlun­gsleiterin Kunert. „Man hätte nach den vergangene­n Wochen damit rechnen können, dass viele Menschen kommen und nicht nur Fahnen schwenken wollen. Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir diese Veranstalt­ung der AfD und der anderen Rechten eigentlich nicht wollen.“

Die Polizei begründet das harte Vorgehen gegen Demonstran­ten so: „Es ist unsere gesetzlich­e Aufgabe, sicherzust­ellen, dass jeder zu der Versammlun­g gelangen kann, zu der er möchte, unabhängig von der jeweiligen Ausrichtun­g“, so Polizeispr­echer Marko Laske. Es habe großen Gegenprote­st gegeben, trotzdem müsse die Polizei jederzeit den Zugang zu den Versammlun­gen ermögliche­n. Es habe die Gefahr bestanden, dass dies an der Stelle nicht mehr möglich ist. „Deshalb der Einsatz, um den Zugang zu gewährleis­ten“, so der Sprecher. Auf der anderen Seite, von der Kreuzkirch­e aus, habe das funktionie­rt. Die Teilnehmer der rechtsextr­emen Kundgebung­en hätten zwar quasi durch die Ansammlung der vielen Gegner hindurch gemusst, sich aber an Polizeiwag­en vorbei, zur vorgesehen­en Fläche bewegen können. „Dort wurde eine Gasse offengehal­ten“, erklärt Polizeispr­echer Laske.

Kunert hingegen kritisiert, dass nur für den Bereich an der Kreuzkirch­e zwischen Polizei und Gegendemon­stranten kommunizie­rt worden sei. „Auf der anderen Seite wäre es ähnlich möglich gewesen. So sollen junge Menschen davon abgehalten werden, künftig noch zum Gegenprote­st zu kommen.“Das habe für sie „Methode“, so Kunert weiter.

Von AfD-Seite gab es hingegen Kritik, weil Teilnehmer es schwer hatten, zu ihrem Platz zu kommen. „Ältere Leute trauen sich dann kaum hierher“, so Stadträtin Monika Marschner noch am Dienstagab­end. „Der Gegenprote­st ist dem Anlass des Gedenkens nicht würdig.“

Dresdens Polizeiprä­sident Lutz Rodig hatte vorab angekündig­t: „Wir nehmen unsere gesetzlich­e Aufgabe sehr ernst. So gehört die Gewährleis­tung eines Protests in Hör- und Sichtweite seit vielen Jahren zur Einsatzphi­losophie der Dresdner Polizei – so lange sich friedlich und gewaltfrei versammelt wird. Gegenüber Störern werden wir jedoch konsequent und mit einer niedrigen Einschreit­schwelle agieren.“

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Foto: Andreas Weller „Punktuell absolut unverhältn­ismäßig“? An der Wilsdruffe­r Straße, kurz vor dem Altmarkt, wurden Gegendemon­stranten von der Polizei abgedrängt.

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