Nach Kritik an Polizeieinsatz – „Wir nehmen unsere gesetzliche Aufgabe sehr ernst“
Rund 900 Polizeibeamte sicherten die Veranstaltungen zum Gedenktag ab. Als es abends hitzig wurde, schritt die Polizei ein.
Der Dienstag des Dresdner Gedenkens an die Bombardierungen im Februar 1945 war bei Weitem nicht überall ein stiller Tag der Einkehr. Vor allem auf dem Altmarkt wurde es am Abend konfrontativ. Auf der einen Seite des Platzes gab es gleich drei rechtsextreme Versammlungen. Zur einen hatte die Dresdner AfD aufgerufen, zu den weiteren Menschen aus dem Umfeld der sogenannten Montagsspaziergänger und der Heidenauer Initiative „Wellenlänge“. Die andere Seite des Altmarktes war für die Gegner vorgesehen.
Weil sehr viele Gegendemonstranten kamen, reichte der Platz auf deren Seite nicht aus. Viele stellten zudem die Zugangsmöglichkeiten für die Teilnehmenden der rechten Versammlungen zu. Auf einer Seite ging die Polizei mit Gewalt gegen Gegendemonstranten vor.
Bereits am zeitigen Abend hatte es aus der Gegendemonstration in der Mitte des Altmarktes heraus einen Versuch gegeben, durch die Sperren, die von Polizeibeamten gesichert waren, durchzubrechen. Die Gruppe wurde von Polizisten aber daran gehindert, die rechtsextremen Versammlungen zu erreichen. „Es wurden Schlagstöcke und Pfefferspray eingesetzt“, so die Anmelderin der Gegendemonstration Rita Kunert. Der Material- und Personaleinsatz der Polizei sei punktuell absolut unverhältnismäßig gewesen, sagt Mitorganisatorin Anne Herpertz.
Die Polizei bestätigt den Einsatz von Pfefferspray. Man habe die gegensätzlichen Lager getrenntgehalten und gleichzeitig einen Protest in Hör- und Sichtweite gewährleistet, heißt es in einer Bilanz noch vom Einsatzabend. Dabei seien Kommunikationsteams eingesetzt worden. Einzelne Versuche von Personen des linken Spektrums, Polizeiabsperrungen zu überwinden, seien von den Einsatzbeamten unterbunden worden. Dabei sei auch Pfefferspray zum Einsatz gekommen.
Eine Person musste behandelt und mit einem Rettungswagen abtransportiert werden. „Das war unterirdisch“, wertet Kunert am Folgetag. Und so sieht sie auch den Einsatz am Dienstagabend kurz nach 21 Uhr an der Ecke zum Altmarkt nahe einer Fastfood-Filiale an der Wilsdruffer Straße. Hunderte Demonstrierende hatten dort den Weg zugestellt, damit die rechtsextremen Versammlungen nicht von ihren Anhängern erreicht werden konnten. Es war laut und hitzig, die Polizei zog immer mehr Kräfte an der Stelle zusammen. Gegen 21.05 Uhr wurden die Demonstranten dann mit Gewalt abgedrängt.
Versammlungswege müssen frei sein
„Ich weiß nicht, was die Einsatzidee der Polizei war“, sagt Versammlungsleiterin Kunert. „Man hätte nach den vergangenen Wochen damit rechnen können, dass viele Menschen kommen und nicht nur Fahnen schwenken wollen. Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir diese Veranstaltung der AfD und der anderen Rechten eigentlich nicht wollen.“
Die Polizei begründet das harte Vorgehen gegen Demonstranten so: „Es ist unsere gesetzliche Aufgabe, sicherzustellen, dass jeder zu der Versammlung gelangen kann, zu der er möchte, unabhängig von der jeweiligen Ausrichtung“, so Polizeisprecher Marko Laske. Es habe großen Gegenprotest gegeben, trotzdem müsse die Polizei jederzeit den Zugang zu den Versammlungen ermöglichen. Es habe die Gefahr bestanden, dass dies an der Stelle nicht mehr möglich ist. „Deshalb der Einsatz, um den Zugang zu gewährleisten“, so der Sprecher. Auf der anderen Seite, von der Kreuzkirche aus, habe das funktioniert. Die Teilnehmer der rechtsextremen Kundgebungen hätten zwar quasi durch die Ansammlung der vielen Gegner hindurch gemusst, sich aber an Polizeiwagen vorbei, zur vorgesehenen Fläche bewegen können. „Dort wurde eine Gasse offengehalten“, erklärt Polizeisprecher Laske.
Kunert hingegen kritisiert, dass nur für den Bereich an der Kreuzkirche zwischen Polizei und Gegendemonstranten kommuniziert worden sei. „Auf der anderen Seite wäre es ähnlich möglich gewesen. So sollen junge Menschen davon abgehalten werden, künftig noch zum Gegenprotest zu kommen.“Das habe für sie „Methode“, so Kunert weiter.
Von AfD-Seite gab es hingegen Kritik, weil Teilnehmer es schwer hatten, zu ihrem Platz zu kommen. „Ältere Leute trauen sich dann kaum hierher“, so Stadträtin Monika Marschner noch am Dienstagabend. „Der Gegenprotest ist dem Anlass des Gedenkens nicht würdig.“
Dresdens Polizeipräsident Lutz Rodig hatte vorab angekündigt: „Wir nehmen unsere gesetzliche Aufgabe sehr ernst. So gehört die Gewährleistung eines Protests in Hör- und Sichtweite seit vielen Jahren zur Einsatzphilosophie der Dresdner Polizei – so lange sich friedlich und gewaltfrei versammelt wird. Gegenüber Störern werden wir jedoch konsequent und mit einer niedrigen Einschreitschwelle agieren.“