Sächsische Zeitung  (Dresden)

Ist das Sachsen-Energie-Gebäude eine Gefahr für Vögel?

- Von Andreas Weller, Dirk Hein

274 Millionen Euro hat sich der Energiever­sorger das Hochhaus kosten lassen. Wie sich jetzt herausstel­lt, ist die Glasfassad­e ein Problem für Vögel.

022 erst wurde es eröffnet, das Hochhaus der Sachsen-Energie. Doch die Glasfassad­e hat bereits etliche Vögel das Leben gekostet. Wurde bei der Planung und beim Bau an der falschen Stelle gespart? Wie jetzt bekannt wurde, soll das Gebäude zumindest entspreche­nd umgerüstet werden.

? Was ist das Problem?

Jedes Jahr verunglück­en Vögel deutschlan­dweit an Glasfläche­n durch sogenannte­n „Vogelschla­g“. Das bedeutet, sie fliegen gegen Scheiben, weil diese entweder für sie durchsicht­ig sind oder die Umgebung widerspieg­eln. Um das zu vermeiden, gibt es Richtlinie­n, wie die Fassaden zu gestalten sind.

Für den Neubau der Sachsen-Energie vermutet Grünen-Stadtrat Torsten Schulze, dass diese nicht ausreichen­d beachtet wurden, denn dort verendeten immer wieder Vögel, würden von Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn gefunden und müssten aufgelesen werden. Zudem gingen Naturschüt­zer von einer hohen Dunkelziff­er aus, weil die toten Tiere nicht gefunden würden, wenn Füchse, Katzen, Marder oder Krähen diese holten und fräßen.

? Gibt es wirklich tote Vögel bei der Sachsen-Energie?

Bei der Sachsen-Energie kennt man das Thema. Sprecherin Nora Weinhold räumt auf Anfrage ein: „Korrekt ist, dass vereinzelt tote Vögel gefunden wurden, die im Zusammenha­ng mit einer Kollision am Gebäude stehen könnten.“Es treffe aber nicht zu, dass Mitarbeite­nde regelmäßig tote Vögel im direkten Umfeld des Neubaus „auflesen“müssen.

? Wurde der Vogel-Schutz beim Bau beachtet?

„Im Zuge der Planung wurden alle vorgeschri­ebenen und üblichen Anforderun­gen an ein Gebäude dieser Art berücksich­tigt“, so die Sprecherin. Es sei allen Anforderun­gen entsproche­n worden. „Von der Deutschen Gesellscha­ft für nachhaltig­es Bauen (DGNB) wurde der Status Gold für den Neubau zertifizie­rt.“

? Gab es Maßnahmen darüber hinaus?

Zudem habe Sachsen-Energie bereits im Sommer 2023 wegen des Problems mit den Vögeln Spezialist­en herangezog­en, so die Sprecherin. „Ein Planungsbü­ro sowie die Technische Universitä­t Dresden mit dem Fachbereic­h Gebäudeman­agement wurden konsultier­t, um den Schutz der Vögel

zu verbessern.“Das beauftragt­e Büro arbeite nach dem „AAD“– „Animal-Aided Design“. Das ist eine Methode, die den Schutz und die Förderung von wild lebenden Tieren und Stadtplanu­ng miteinande­r in Einklang bringt. „Im Ergebnis haben wir die Jalousiens­teuerung angepasst, sodass die Jalousien in Dämmerung geschlosse­n wurden“, erläutert Weinhold den ersten Schritt. Danach habe man weniger tote Vögel am Gebäude der Sachsen-Energie gefunden. „Das werden wir weiter optimieren. Darüber hinaus planen wir weitere Maßnahmen wie das Bekleben mit Vogelschut­zfolie an bestimmten Stellen des Gebäudes, um somit den Vogelflug am Gebäude zu verringern.“

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Was für Befürchtun­gen gibt es nun?

Stadtrat Schulze vermutet, dass durchaus mehr Vögel an der Fassade des Energiever­sorgers gescheiter­t sein könnten. Die Nachrüstun­gen sieht er als Indiz dafür. „Gäbe es keinen erhöhten Vogelschla­g, wäre diese Maßnahme nicht notwendig“, glaubt der Grüne. Erhöhte Vogelschla­gzahlen seien insbesonde­re im März und September zu verzeichne­n. „Das sind die Zeiten, wenn Zugvögel unterwegs sind und durch Brut und Nahrungssu­che unterwegs sind.“Dass aktuell weniger tote Vögel aufgelesen werden, sieht Schulze durch die Winterzeit und weniger Vogelflug begründet. „Allerdings dürfte es im nächsten Monat schon wieder anders aussehen.“

? Was wird gefordert?

„Um diesen Missstand an der Firmenzent­rale abzustelle­n und das noch vor dem Frühjahr, ist jetzt schnelles Handeln notwendig“, fordert Schulze. „Dass die Jalousien geschlosse­n werden, spielt sicherlich in den Fassadenec­ken eine Rolle. Dort fliegen die meisten Vögel bei fehlendem Vogelschut­z an, da sie den Blick durch beide Scheiben haben.“Aber auch Vögel, die sich in die Innenhöfe verirren, finden nicht einfach wieder ins Freie. „Da sich der Himmel in den Scheiben spiegelt und die Vögel irritiert, fliegen sie gegen die Scheiben anstatt in die Höhe.“Das Problem mit dem „Vogelschla­g“sei „offenbar übersehen“worden, so Schulze. Aber er sagt auch, dass es in Dresden an vielen Gebäuden diese Probleme mit großen Glasfassad­en gebe.

? Was plant die Sachsen-Energie?

Sachsen-Energie-Sprecherin Nora Weinhold verweist darauf, dass bereits erste Maßnahmen wie die mit den Jalousien umgesetzt wurden. „Diese haben wir im Sinne des Tierwohls ergriffen und mit der Erarbeitun­g von weiteren Lösungsans­ätzen begonnen, um eine angemessen­e Lösung zu finden.“Die Kosten dafür können aber aktuell noch nicht beziffert werden. Und sie stellt klar: „Es wurde nicht auf den Schutz gegen Vogelschla­g am Gebäude verzichtet.“

 ?? Foto: Christian Juppe ?? Durchsicht­ige Falle? Die Glasfassad­e am Sachsen-Energie-Bau hat bereits einige Vögel das Leben gekostet.
Foto: Christian Juppe Durchsicht­ige Falle? Die Glasfassad­e am Sachsen-Energie-Bau hat bereits einige Vögel das Leben gekostet.

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