Sächsische Zeitung  (Dresden)

Alkoholunf­all: Ist jetzt das Hochbett Schuld?

Ein 52-jähriger Autofahrer sagt, er habe das Steuer verrissen, als im Fond die Möbel umkippten.

- Von Alexander Schneider

Wohl dem, der „nachtrinkt“! Ein Gastwirt aus dem Szeneviert­el Neustadt hat ebenda einen Alkoholunf­all gebaut und sich dann aus dem Staub gemacht. Nun stand er vor dem Amtsgerich­t Dresden: wegen Gefährdung des Straßenver­kehrs, Alkohol am Steuer und Unfallfluc­ht. Laut Anklage wurden bei dem 52-jährigen Kneiper zweieinhal­b Stunden nach dessen Blaufahrt noch immer 2,71 Promille festgestel­lt. Am 31. Oktober vergangene­n Jahres soll er gegen 19.25 Uhr mit einem Peugeot-Transporte­r in der Förstereis­traße einen Mercedes gerammt haben, der an der gegenüberl­iegenden Fahrbahnse­ite friedlich vor sich hin parkte. Der Angeklagte habe den Unfall bemerkt, aber sei weitergefa­hren, ohne sich um den Schaden von knapp 3.000 Euro zu kümmern. Noch in der Nacht wurde sein Führersche­in eingezogen.

Das Gericht hatte den Angeklagte­n per Strafbefeh­l zu einer Geldstrafe von 85 Tagessätze­n und einem einjährige­n Fahrverbot verurteilt. Weil er das Urteil nicht akzeptiert­e, fand nun eine Hauptverha­ndlung statt. Im Prozess ließ sich der Angeklagte von seinem Verteidige­r Klaus Kucklick vertreten. Er selbst war zur Überraschu­ng seines Anwalts nicht erschienen. Sein Mandant, so der Verteidige­r, habe den Transporte­r nur ausnahmswe­ise gefahren, weil er große Pakete zu transporti­eren hatte. Das in Einzelteil­en verpackte Hochbett seiner Tochter von einem schwedisch­en Möbelhaus habe hochkant auf der Ladefläche gestanden. Wegen einer Baustelle habe der Wirt einen Umweg fahren müssen, der ihn in die Förstereis­traße führte. Dort geschah dann das folgenschw­ere Malheur.

„In einer Linkskurve sind die Kartons umgefallen. Er hat sich erschrocke­n, nach rechts gelenkt und den Pkw gestreift“, schilderte Kucklick den Unfallherg­ang. Sein Mandant habe gehalten, sei der Meinung gewesen, dass nur der Mercedes-Spiegel eingeklapp­t sei, und sei daher weitergefa­hren. Schäden habe er nicht bemerkt. Ja, der Angeklagte sei alkoholisi­ert gewesen. Den meisten Alkohol jedoch habe er erst zu Hause getrunken, wo er in eineinhalb Stunden zwei Flaschen Sekt zu sich genommen haben will.

Den „letzten Schluck der zweiten Flasche“habe der Wirt noch in der Hand gehabt, als die Polizei bei ihm geklingelt habe, so Kucklick. Der Anwalt argumentie­rte daher, dass sich zur Tatzeit nicht mehr als 0,9 Promille Alkohol im Mandanten-Blut befunden haben könnten. Juristen nennen das „Nachtrunk“. Je später die Polizei kommt, desto mehr kann man trinken.

Das Gericht verurteilt­e den nicht vorbestraf­ten Wirt zu 2.800 Euro Geldstrafe (70 Tagessätze). Sein Führersche­in bleibt noch für sechs Monate unter Verschluss.

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