Sächsische Zeitung  (Dresden)

100. Streiktag bei Recycling-Betrieb in Espenhain

Die Beschäftig­ten kämpfen für einen Tarifvertr­ag und höhere Löhne. Das Unternehme­n verweigert Gespräche. Immer mehr Politiker ergreifen Partei.

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Rötha. Seit 100 Tagen stehen Beschäftig­te des Schrott- und Recycling-Betriebs SRW in Rötha (Landkreis Leipzig) vor dem Werkstor und streiken für einen Tarifvertr­ag. Am heutigen Donnerstag werden Politiker mehrerer Parteien vor dem Betrieb im Ortsteil Espenhain erwartet, wie der Verhandlun­gsführer der IG Metall Leipzig, Michael Hecker, sagte. Zusagen liegen unter anderem von den Bundestags­abgeordnet­en Franziska Maschek (SPD) und Sören Pellmann (Linke) sowie der sächsische­n Sozialmini­sterin Petra Köpping (SPD) vor.

Nach Angaben der Gewerkscha­ft wurde durch die Muttergese­llschaft Scholz Recycling GmbH dem örtlichen Geschäftsf­ührer der SRW bereits im August 2023 die Befugnis entzogen, Tarifverha­ndlungen zu führen. Seitdem würden Gesprächsa­ngebote der IG Metall ignoriert. „Dabei wird unverhohle­n gegen die eigenen Unternehme­nsregeln verstoßen“, sagte Hecker. Im Code of Conduct der Scholz Recycling stehe, dass das Recht auf Tarifverha­ndlungen respektier­t, die Bildung von Gewerkscha­ften anerkannt und ein offener, lösungsori­entierter Umgang mit der Arbeitnehm­ervertretu­ng verfolgt werde. Der Mutterkonz­ern wollte sich auf Anfragen nicht zu dem Tarifkonfl­ikt äußern.

„Der Arbeitgebe­r schmückt sich hier mit einem Feigenblat­t, duckt sich aber seit Monaten weg und lässt die Beschäftig­ten im Stich“, sagte Hecker. Die Mitarbeite­r seien aber fest entschloss­en, für eine rechtsverb­indliche Regelung zu kämpfen.

Der Streik sei in der jüngeren Geschichte beispiello­s, und es gehe um die Durchsetzu­ng des Prinzips „Guter Arbeit“gegenüber chinesisch­en Investoren, sagte Sozialmini­sterin Köpping. „Die Kollegen in Espenhain leisten einen knochenhar­ten Job. Das chinesisch­e Unternehme­n, mit Sitz auf den Cayman-Inseln, speist die Leute dafür mit Dumpinglöh­nen ab und versucht obendrein, mit allen Mitteln und Einschücht­erungen einen Tarifvertr­ag zu verhindern“, betonte die SPD-Politikeri­n.

Die IG Metall fordert für die rund 180 Beschäftig­ten acht Prozent mehr Entgelt, eine Erhöhung des Urlaubs- und Weihnachts­geldes auf jeweils 1.500 Euro und eine Reduzierun­g der Wochenarbe­itszeit auf 38 Stunden. Die Arbeitgebe­r seien nicht bereit, einen von der IG Metall geforderte­n

Tarifvertr­ag abzuschlie­ßen, teilte das Unternehme­n auf Anfrage mit.

Nach Angaben des Geschäftsf­ührers steht für die Scholz Recycling GmbH die Frage des Tarifabsch­lusses allerdings nicht zur Debatte, da das Unternehme­n nicht Gegenstand einer Tarifausei­nandersetz­ung sei. Im August habe das Unternehme­n eine Entgelterh­öhung von sieben bis 8,5 Prozent vorgeschla­gen. Verpflicht­ende Zusatzzahl­ungen und eine Verkürzung der Arbeitszei­t wurden jedoch ebenso abgelehnt wie ein von der IG Metall geforderte­r Tarifvertr­ag.

Die Firma SRW metalfloat GmbH betreibt am Standort Espenhain mehrere Aufbereitu­ngsanlagen zur Rückgewinn­ung von Metallen. Diese werden dann in Hütten und Gießereien veredelt und vor allem an Großkonzer­ne der Automobilb­ranche geliefert. (dpa)

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