Ein Solar-Händler zwischen China und Europa
Solaranlagen sind gerade besonders günstig. Ist jetzt der richtige Zeitpunkt zu kaufen? Zu Besuch bei einem Radebeuler Unternehmer, der die Anlagen aufs Dach bringt.
Eigentlich war der Plan ein anderer. Am vorigen Freitag wollte der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) eine Gießerei besuchen, doch wegen Krankheit musste das Programm kurzfristig geändert werden. Der Minister wechselte schnell und flexibel auf das Dauerthema Energie. Dafür besuchte er einen Solarhändler in Radebeul. Recht hat er wohl damit, denn die hohen Energiepreise schlagen sich bei jedem auf die Rechnung, ob beim Stahlwerk, in der Pflegeeinrichtung oder am Familien-Küchentisch.
Eins ist klar: Die Strompreise werden auch langfristig nicht auf das Niveau von vor drei Jahren sinken. Um deshalb die Rechnung im eigenen Haushalt zu verschönern, müssen andere Lösungen her, und da kommt Dominic Harnisch ins Spiel. Der 35-Jährige leitet das Unternehmen „Akkurat“in Coswig mit einem Umsatz von sechs Millionen Euro. Sein Steckenpferd: Sie bringen Solarmodule auf die Dächer der sächsischen Häuser. „Das zeigt, Handwerker können auch Gewinner der Energiewende sein“, sagt Minister Dulig und lächelt dabei.
Dumpingpreise aus Fernost
Dass das nicht ganz so einfach ist, spürt Harnisch zurzeit deutlich. Denn die deutschen Solarhersteller stecken in der Krise. Der europäische Markt wird mit Modulen aus China überschwemmt. „Das sind Preise unter den Produktionskosten“, erklärt der Unternehmer. Statt wie vor einem Jahr 140 Euro kostet ein Solarmodul jetzt rund 70 Euro. Auch bei den Batteriespeichern sei der Preis von 5.000 auf 2.500 Euro gefallen. Bei diesen Zahlen könnte man doch meinen, Harnisch hätte so viele Aufträge wie lange nicht. Dem ist nicht so. „Die Kunden warten und denken, es wird noch günstiger“, erklärt Harnisch die verhaltene Nachfrage. „Ich kann nicht planen, das ist kein funktionierender Markt.“
Zudem macht er sich Sorgen, was die dazugehörigen Batteriespeicher betrifft. Auch die kommen zum Teil aus Asien. „Die kann man extern an- und ausschalten“, warnt Harnisch vor der Abhängigkeit von China. Unter dem Vorwand „Wartungsbedarf“können ihm zufolge chinesische Hersteller die Speicher kontrollieren. Es gebe deshalb Kunden, die sagen, sie möchten lieber teurer, aber dafür aus Europa kaufen. Auch weil es sicherer sei.
Der Solar-Händler prognostiziert, dass es bald eine Trendwende geben werde. „Der Preis ist hervorragend, viel mehr runter kann der nicht.“Ihm zufolge steige mit jedem Tag die Wahrscheinlichkeit, dass der Preis wieder steigt. Minister Dulig erwartet zusätzlich einen langfristigen Preissprung nach oben, sollten die europäischen Solarhersteller die Produktion angesichts der Konkurrenz aus China herunterfahren. Eine Abhängigkeit von Asien könnte dazu führen, dass Preise dann diktiert werden. Um das abzuwenden, soll im Bundestag kommende Woche ein umstrittener Resilienzbonus beschlossen werden. Diese Subvention will europäische Solarmodule fördern. „Die FDP stellt sich aber noch dagegen“, so der Minister.
Harnisch begrüßt den Gesetzesentwurf, fragt sich aber, ob der Bonus den erhofften Erfolg bringt. Denn die Subvention setzt erst nach dem Kauf ein: Wer eine europäische Solaranlage kauft, erhält im
Nachhinein eine höhere Vergütung – bis zu 3,5 Cent pro Kilowattstunde, die ins Netz eingespeist werden. Harnischs Kunden aber ist die Einspeisevergütung bisher zu aufwendig. „Sie wollen Solar wegen der Autarkie.“
Der Unternehmer wünscht sich zudem noch mehr Initiative in Sachsen. „Eine Pflicht für Photovoltaik im Neubau könnte einen positiven Effekt haben.“Ähnliche Vorstöße gibt es bereits in anderen Bundesländern. In Hamburg und Baden-Württemberg etwa gilt die Photovoltaikpflicht für alle Neubauten sowie für Bestandsgebäude, bei denen die Dächer komplett erneuert werden. Auch in Bayern müssen neue Industriegebäude mit Solarmodulen bestückt werden. Minister Dulig begrüßt das, verweist aber auf eine Ablehnung innerhalb seiner Koalition.