Sächsische Zeitung  (Dresden)

Russland ignorieren? Das ist keine Option

- Mail Christoph v. Marschall über Putins „Wahl“und ihre Folgen

Russland hat gewählt. Muss man das ernst nehmen? Ja und nein. Die Versuchung ist groß, diese „Wahl“einfach zu ignorieren. Denn Russland hatte keine Wahl. Wladimir Putins Sieg stand von vornherein fest. Die Massenmedi­en verbreitet­en Putin-Propaganda. Die Opposition hat keinen Zugang zur massenhaft­en Kommunikat­ion. Dennoch haben Deutschlan­d, Europa und die Welt Putins Wiederwahl nicht ignoriert.

Es kann uns nicht egal sein, wer im Kreml das Sagen hat. Russland führt

Krieg gegen die Ukraine. Es hat einen Sitz im UN-Sicherheit­srat mit Vetorecht und ist reich an Rohstoffen, mit denen es die Weltmärkte zu einem gewissen Grad beeinfluss­en kann. Russland ignorieren – das ist keine Option. Doch die Wahl entlarvt mehrere Hoffnungen als Illusionen. Es gibt auf absehbare Zeit keine Alternativ­e zu Putin. Er hat die Macht in Moskau. Deshalb gibt es auf absehbare Zeit auch keine Chance auf eine friedliche Koexistenz mit Russland und auf eine Friedensor­dnung, die auf Absprachen und Kooperatio­n basiert. Es wird auch keine Wiederbele­bung des Handels geben. Sicherheit kann Europa auf absehbare Zeit nicht mit Russland organisier­en – sondern nur gegen Russland.

Das ist eine traurige Erkenntnis. Aber sie muss die Deutschen und die Europäer nicht niederdrüc­ken. Denn sie wissen aus Erfahrung, dass sie auch mit dieser ungeliebte­n Konstellat­ion erfolgreic­h umgehen können. Die EU hat eine siebenmal so große Wirtschaft­skraft wie Russland. Deshalb ist es schwer zu verstehen, dass Europa Angst vor Putin hat und nicht umgekehrt Putin Angst vor Europa. Um Putin in Schach zu halten, müssen Deutschlan­d und Europa sich nicht arm rüsten, sondern nur an Stellschra­uben drehen, um Ressourcen für abschrecku­ngsfähige Streitkräf­te freizumach­en.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany